Kriemhild rockt: Popstar Zoë auf Richard Wagners Spuren

Ihre neue CD "La Vie en Rosé" ist so charmant, wie ihre Fans es lieben. Aber Zoë schreibt auch an einem blutrünstigen Musical über die Nibelungen.

Mit zehn Jahren moderierte Zoë ihre ersten Sendungen auf Confetti TiVi, mit elf rockte sie den ORF Kiddy Contest, mit 19 vertrat sie Österreich beim Eurovision Song Contest, dazwischen startete sie auch als Schauspielerin durch. Mittlerweile ist die Tochter einer bekannten Musikerfamilie 28 und blickt auf erfolgreiche Alben und Filme – unter anderem mit dem gefeierten Regisseur Marvin Kren – zurück. 

Mit der freizeit sprach Zoë übers Komponieren und ihr "erstes Mal" - aber auch über ihr sensationelles Projekt "Epos", das blutdürstige mythologische Helden mit der Welt des Musicals vereinen soll.

Auf ihrem neuen Album gehen Sie mit Chanson und Swing gewissermaßen zurück zu Ihren Wurzeln. Sehe ich das richtig?

Ja, Swing, Gypsy-Swing und französisches Chanson – das ist quasi mein Zuhause. Wir haben diesmal auf elektronische Beats und ganz allgemein auf Pop-Einflüsse verzichtet. Es sollte alles sehr direkt klingen, organisch.

Zoë

Lässig, aber ohne Angst vor großen Gefühlen: Mit 28 hat Popstar Zoë ihren Weg gefunden

©kurier/Martina Berger

Einer meiner Lieblingssongs, "Malade", hat eine gewisse nostalgische Qualität. Worum geht's?

Es geht  – natürlich – um Liebeskummer. Und ja, es ist eine Hommage an französische Klassiker, das haben Sie schon richtig erkannt. Das bedingt auch ein einigermaßen starkes pathetisches Element – das in Frankreich nicht als kitschig, sondern als passend empfunden wird. Das Drama wird zelebriert, und es sind ja auch Momente, die in Wirklichkeit jeder einmal durchlebt, denke ich. Man ist nicht immer cool und lässig oder frech und süß ... Und das muss auch erlaubt sein. 

Die Frage drängt sich hier praktisch auf, und ich entschuldige mich im Voraus, da sie ein Österreicher, der Englisch singt, nie zu hören bekommen würde: warum Französisch

Nein, das ist schon eine berechtigte Frage. Weil wir Pop eben hauptsächlich mit Englisch verbinden, klar. Ich glaube, es fällt mir einfach leichter, im Französischen meine Gefühle niederzuschreiben. Da wäre mir manches auf Deutsch doch zu intim, während im Chanson – wie gesagt – die großen Gefühle traditionellerweise offen ausgesprochen werden. Und vielleicht auch gerade WEIL es nicht meine Muttersprache ist ...
Wobei Sie ja, wie ich weiß, sprachlich ganz nah an der Muttersprachlerin dran sind. Sie waren bis zur Matura im Lycée, stimmt's?
Ja, Volksschule auch, Kindergarten – das volle Programm. Daher fühlt sich Französisch für mich sehr natürlich an. Aber Muttersprachlerin bin ich natürlich trotzdem nicht! (lacht)
Zoë

Mit ihrem frankophilen Charme begeistert Sängerin Zoë ihre Fans auf der Bühne und immer öfter auch im Film. Im Interview mit Andreas Bovelino anlässlich ihrer neuen CD "La Vie en Rosé" zeigt sich die 28-Jährige auch als selbstbewusste, starke Frau – und überrascht mit ihren Kenntnissen zur germanischen Mythologie.

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"La Vie en Rosé" ist Ihr Debüt als Songwriterin. Wie fühlte sich das "erste Mal" an?
Ich habe davor schon auch komponiert, aber gemeinsam mit meinem Vater. Diesmal sind alle Songs ausschließlich von mir, stimmt. Vielleicht hat’s deshalb auch ein bisschen länger gedauert ... (lacht) Aber ernsthaft, es dauert natürlich eine Weile, die eigene Stimme zu entdecken, das Selbstvertrauen dafür zu entwickeln. Vor fünf Jahren war ich mir gar nicht sicher, ob ich alleine ein Lied schreiben kann. 

Dass Sie es können, haben Sie eindrucksvoll bewiesen ... In den sieben Jahren seit Ihrer letzten CD standen Sie auch oft vor der Kamera. Neben TV-Serien in hochgelobten Filmen wie Michal Kwiecinskis "Filip" und Marvin Krens "Der weiße Kobold". Wann sehen wir Sie wieder im Kino?

Ganz aktuell! (lacht und spricht mit französischem Akzent) Als französisches Au-pair in "Veni Vidi Vici" von Daniel Hoesl. Aber nur eine kleine Nebenrolle. Ich würde gerne mehr machen, vielleicht auch mal außerhalb meines Typs.

Wie wäre es mit einer Heldinnenrolle? Vielleicht die Kriemhild aus den Nibelungen?

Sie spielen auf das Musical an, das ich gerade schreibe, schon klar! Aber generell: Als Schauspielerin liebe ich es, in eine andere Person zu schlüpfen. Das ist so ein totaler Gegensatz zu meiner Musik, mit der ich ja meine eigenen Gefühle auf den Tisch lege. Beim Schauspielen sind es die Gefühle, Fehler, Tränen und Missgeschicke einer anderen Person – die ich nur spiele.

Und die Geschicke der Personen, über die Sie Ihr Nibelungen-Musical schreiben, sind durchwegs tragisch. Wie kamen Sie auf diesen düsteren Stoff?

Ich kenne das Werk wie die meisten anderen aus der Schule. Aber wir lasen auch Michael Köhlmeiers Neuerzählung. Und die hat mich gefesselt. Ich beschäftige mich mit dem Thema also seit ich 15 bin und hab mir früh die Fragen gestellt: Wie heldenhaft ist Siegfried? Was passiert im Schlafzimmer des Königs zwischen ihm, Brunhild und Gunther? Das ist doch die Geschichte einer Vergewaltigung ...
Siegfried spielt eine unrühmliche Rolle, stimmt. Und Brunhild war vorherbestimmt, dass sie mit der Jungfräulichkeit auch ihre Superkräfte verliert ...
Aber das ist ja auch die Frage: Warum verliert sie ihre Stärke? Vielleicht ja, weil sie eine gebrochene Frau ist, nach dieser Nacht.  
Zoë

Ist sie die neue Kriemhild? Popstar Zoë schreibt ein Musical über die Nibelungen

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Während Kriemhild anfangs bei allem mitspielt, was von ihr verlangt wird.
Ja, sie startet als zartes junges Fräulein, entspricht so ganz dem höfischen Ideal ihrer Zeit. Bis ihr alles geraubt wird. Und sie am Ende als Rachegöttin das Schicksal aller Beteiligten besiegelt.

Dazwischen liegt allerdings noch so etwas wie die Mutter aller Zickenkriege ...

Stimmt, der Streit der Königinnen. Und wir können ja auch nicht so tun, als ob es das nicht geben würde. Als ob Frauen nicht im Konkurrenzkampf zueinander stehen. Ich möchte hier aber schon meinen künstlerischen Spielraum nutzen, um diese Frauen aufwachen zu lassen. Weil sie eigentlich bei all ihren Aktionen bis dahin an den Fäden männlicher Marionettenspieler hingen. Sie  werden keine Freundinnen, aber erkennen die Manipulationen. Nichts, was die Männer den Frauen gegenüber taten, wurde je verurteilt. Siegfried durfte Kriemhild schlagen, weil sie ihn bloßgestellt hat. Indem sie verriet, dass er sie betrogen hat – das muss man sich einmal vorstellen!

Nibelungen: "Leider viel aktueller, als man es sich wünschen würde"

Die Nibelungen mit ihrer männerbündlerischen Welt scheinen so überhaupt nicht in unsere heutige Zeit zu passen ...

Genau das ist ja der Punkt! Man liest es und denkt: Na ja, so ist das Mittelalter. Und dann fragt man sich: Hat sich denn wirklich alles verändert? Und man sieht, wie patriarchale Strukturen noch immer unser Leben bestimmen. Und ich kam zum Schluss, dass die Nibelungen leider viel aktueller sind, als man es sich wünschen würde ...

Zoë

Zoë wurde am 1.12.1996 als Zoë Straub geboren. Ihr Vater ist der Komponist, Musiker und Produzent Christof Straub, der als Gründer der erfolgreichen Band Papermoon in den 1990ern bekannt wurde. Sie hat bisher 
drei CDs herausgebracht und spielte in diversen Serien und Filmen mit. Sie lebt mit ihrem Freund und ihrem fünfjährigen Sohn in Wien.

©kurier/Martina Berger

Dabei sind die Männer im Original tatsächlich eher zweidimensional: der strahlende Held, der zaudernde König, die furchtlosen Recken. Es gibt keine Entwicklung! Die gibt’s nur bei den Frauen. 

Ja, der schwache König – ganz wie beim Schach. Alle versuchen, ihn zu beschützen. Am ambivalentesten scheint eigentlich Hagen, dem ja gerade eine eigene Fernsehserie gewidmet ist. Zu Recht. Nur leider hört sie dort auf, wo's eigentlich spannend wird.

Wo wäre das?

Vor Kriemhilds Rache. Die wird überhaupt gerne ausgeblendet, aber die kommt bei mir in voller Länge. 

Das klingt aufregend. Wann werden wir das Musical zu sehen bekommen?

(lacht) Ja, das ist die Frage bei solchen Projekten. Ich hoffe, bald. Aber hören kann man schon Teile der ersten Fassung. Wir haben letzten August einige Stücke konzertant aufgeführt und ich hatte das große Glück, Drew Sarich als Hagen, Cesár Sampson als Siegfried, Annika Steinkamp als Brünhild und Benjamin Oeser als Gunther dabei zu haben. Orchestriert wurde alles von Michael Reed – es war wirklich fantastisch. Und auf der Homepage eposmusical.com kann man das jetzt schon hören – und sehen.

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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