TV, Kino und jetzt auch in der Küche: Kaiserin Sissi Superstar

Egal, ob Streaming oder Kino – Kaiserin Elisabeth herrscht auf allen Kanälen. Jetzt gibt es sogar ein Kochbuch, das es den Fans ermöglicht, genau so zu essen wie Sisi.

Es ist gerade wieder ein wahres Griss um Kaiserin Elisabeth – beinahe noch ärger als in den 1950ern, in denen Romy Schneider und Karl-Heinz Böhm mit ihrer zuckersüßen Film-Trilogie einen ähnlichen Hype auslösten.

Nach der sensationell erfolgreichen RTL-Serie „Sisi“ und Marie Kreutzers hoch gelobtem Kinofilm „Corsage“, beginnt kommende Woche die Netflix-Serie „Die Kaiserin“. In den Startlöchern steht dazu sogar noch ein weiterer Kinofilm, „Sisi und ich“, in dem die preisgekrönte Hamburger Regisseurin Frauke Finsterwalder das Leben der Kaiserin aus der Sicht einer ihrer Hofdamen erzählt.

Was die vor Kurzem gelaufenen – und wohl auch die noch kommenden – Filme und Serien verbindet, ist, dass sie die Kaiserin als freiheitsliebende Frau darstellen, die gegen die starren Zwänge des Habsburger Hofes ankämpft. Was im Grunde ja auch die gern belächelten, fast 70 Jahre alten Marischka-Filme getan haben. Halt mit einer ordentlichen Portion Zuckerguss. Erstaunlich eigentlich, dass man damals zeitlich näher an der echten Elisabeth war als wir heute an diesen Filmen.

Essen wie die Kaiserin

Mit einem demnächst erscheinenden Kochbuch kann man der guten Sisi allerdings noch ein wenig näher sein. Also eigentlich der Sissi, denn das Buch „Köstlichkeiten aus der kaiserlichen Küche“ setzt optisch und kulinarisch ganz bewusst auf die Filme mit Romy Schneider. Aber dennoch, auch bei Tisch, erkennen wir die untypische Kaiserin, die das strenge Zeremoniell so sehr verabscheute und immer wieder aneckte.

Man entdeckt vieles aus der bayerischen Küche ihrer Kindheit und Jugend, bevor sie an den langen Tafeln der Habsburger sitzen musste – deren Gerichte natürlich auch berücksichtigt werden, an Franzls Tafelspitz gab’s kein Vorbeikommen und die kaiserliche Entenpastete dürfte ihr schon auch geschmeckt haben...
 

Aber  da ist eben auch die Küche ihrer vielen Fluchten: Ungarn, Madeira, Venedig und natürlich Griechenland, wo sie sich auf Korfu  eine grandiose Villa, das „Achilleion“, erbauen ließ. Und sich „Lammhaxen“ (siehe Rezept nächste Seite), geschmorte Melanzani mit Feta, Sofrito und selbstverständlich Fisch und Meeresfrüchte schmecken ließ.

Aber warum ist  jetzt wieder so ein Hype um Sisi? Und ja, um das auch noch einmal anzusprechen: Geschrieben wurde ihr Name Sisi, ausgesprochen aber wohl Sissi – so gesehen haben irgendwie beide Schreibweisen eine Berechtigung.

Ich bin erwacht in einem Kerker

Also, was macht diese fröhliche, unglückliche, jähzornige, gütige, verbissene, sportliche, leidenschaftliche, asketische, schöne, tragische Frau  124 Jahre nach ihrem Tod zum Star der Stunde?

Wahrscheinlich all das,  gerade ihre vielen Vorzüge und Fehler machen sie für uns greifbar. Auch ihr Mut zu einer eigenen Meinung.  Regelmäßig schockierte Sisi ihre Umgebung mit dem Satz „Ich hörte, dass die zweckmäßigste Regierungsform die Republik sei“.  Die Hofburg verschmähte sie als „Kerkerburg“.  

Turteltäubchen? Sisi und Franzl in der Netflix-Serie

©thomas schenk/Netflix

Auch die ganze Tragik ihres Lebens, in dem der Franzl nicht so eine liebe Rolle gespielt haben dürfte wie in Filmen und Serien. „Ich bin erwacht in einem Kerker, und Fesseln sind an meiner Hand“, schrieb sie nur  zwei Wochen nach ihrer Hochzeit mit Kaiser Franz Joseph I. Sisi war 16, als sie verheiratet wurde ...

Trotz erdrückender Etikette und vor allem einer starren patriarchalen Ordnung ließ sie sich aber nicht unterbuttern. Den sturen, lieblosen Franz nannte sie bald „Vollblut-Eselein“ und „glotzender Karpfen“, sie lernte Fechten und ritt wie der Teufel. Sie war als echtes Bad-Girl natürlich auch tätowiert, was die Familie erst nach ihrem Tod bei der Obduktion erfuhr. Und natürlich: Elisabeth war zu ihrer Zeit schon ein Star. Vielleicht das erste weltweite It-Girl der Geschichte.

Frauen, die es sich leisten konnten, ahmten ihr strenges Sport-Programm nach, wollten unbedingt auch eine Taille wie sie haben, die Angaben variieren zwischen 51 und beinahe unglaublichen 46 cm!  „Es ist unmöglich, sie nicht zu lieben“, schwärmte die preußische Kronprinzessin Viktoria über Kaiserin Sisi. Sie habe „nie etwas so Blendendes oder Pikantes gesehen“, so Viktoria. Die Kaiserin galt als schönste Monarchin der Welt. Kein Wunder, dass sogar der legendäre amerikanische Autor Mark Twain, der sich zur  Zeit ihres Todes und ihrer Beerdigung in Europa aufhielt, bemerkte: „Nicht einmal der Mord an Julius Caesar vermochte die Welt so sehr zu erschüttern wie der an Elisabeth.“

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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