Art Basel Miami: Hier feiern Kunst-Champions die Party ihres Lebens

Warhol & Co. für Millionen, Superstars geben sich ein Stelldichein - und es steigen die glamourösesten Partys bei der Art Basel Miami.

Von Basel nach Miami ist der Weg kürzer, als man denkt. Und das, obwohl es einem auf den ersten Blick wirklich nicht in den Sinn kommt, dass diese zwei Städte viel miteinander zu tun haben könnten.

Bei Basel denkt man an die konservative und krawattierte Schweiz: In der eidgenössischen Metropole ist alles sauber und gepflegt, das Leben läuft in wohlgeordneten Bahnen und man ist immer pünktlich. Miami wiederum ist das Gegenteil: ein Partytraum in Pastell, gefährlich vibrierend, Glitzer und Sex liegen in der Luft. Dazu: Palmen und türkisblaues Meer.

Dennoch verbindet die beiden Städte ein starker Schulterschluss: die Art Basel, die wichtigste Kunstmesse der Welt – und damit die Bildende Kunst, das Millionengeschäft, das sich damit machen lässt und die magnetische Anziehungskraft, die all das ausübt.

Von 6. bis 8. Dezember findet in Miami die Messe unter Palmen statt, bei der die führenden 283 Galerien aus fünf Kontinenten und 34 Ländern die Werke der besten zeitgenössischen Meister präsentieren. 1970 fand die erste Messe in Basel statt. Seit 2002 steigt sie in Florida, seit 2013 in Hongkong, seit 2022 in Paris. Und das ist nicht alles.

Auch Abu Dhabi will mitmischen

Vor Kurzem wurde eine mögliche Expansion nach Abu Dhabi ruchbar: 

Den Einstieg der Art Basel bei der dortigen Kunstmesse würden sich die arabischen Interessenten 20 Millionen Euro kosten lassen. Eine ansehnliche Versilberung. Den Schweizer Veranstaltern würde es so einen hohen Betrag in die Kasse spülen und die Annäherung an die Region um den Persischen Golf ermöglichen. Und den Arabischen Emiraten veredelte ein solcher Einstieg das Kunst-Fenster zur westlichen Welt mit einem renommierten Namen.

Sicher ist jedenfalls, dass die gehandelten Superlative sich bestens in die Art-Basel-Welt einfügen würden. Wenn hier eines gilt, dann das Motto: mehr ist mehr. Die reichsten Top-Sammler sind zugegen, denen auch noch die Scheckhefte locker sitzen, und auch die Weichenstellungen für die Trends der Kunstwelt werden hier festgelegt.

Und: Es wird reichlich Umsatz gemacht. Ein paar Zahlen aus der Vergangenheit, welche die Kassen klingeln ließen, verdeutlichen das gut. So verkaufte sich die Jahre zuvor ein Werk von Joan Mitchell um 20 Millionen Dollar. Eine Arbeit des abstrakten Expressionisten Philip Guston brachte sieben Millionen Dollar, eine von Andy Warhol ging für 3,8 Millionen weg. Für 1,38 Millionen verkaufte sich eine Arbeit von Georg Baselitz, Verkäufer war mit Thaddaeus Ropac ein österreichischer Galerist mit Weltruf und Stammplatz in Salzburg. Und ein Werk von Ai Weiwei wurde mit 900.000 Euro bepreist.

Brasiliens Superstar Anitta am DJ-Pult. Zuvor enthüllte die Sängerin 2023 ein überlebensgroßes Wandgemälde des Streetart-Künstlers JR: "Ein großes Geschenk für Miami" 

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Millionenshow der Moguln

Wer hier zum Shopping anreist, kommt bevorzugt mit dem Privatjet. Mit Bernard Arnault (und Sohn Alexandre) etwa einer der zehn reichsten Menschen der Welt. Der 159 Milliarden US-Dollar schwere Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy) ist passionierter Kunstsammler und besitzt in Paris ein eigenes, von Stararchitekt Frank Gehry errichtetes Museum. Dem Vernehmen nach achten die Veranstalter penibel darauf, dass er bei einem Besuch nicht auf seinen Erzfeind François Pinault trifft, Mann von Salma Hayek und Lenker des Luxuskonzerns Kering, zu dem Saint Laurent oder Gucci gehören. Eine Bubenrivalität im Milliardärsmilieu.

James Murdoch, Sohn des Medienmoguls Rupert Murdoch, ist bei der Art Basel in Miami Beach ebenso gern zugegen wie Alexis Ohanian, Gründer der Social-Media-Plattform Reddit, oder Evan Spiegel, Erfinder von Snapchat. Im Schlepptau haben sie ihre gestressten Kunstberater, die die Superreichen anleiten, welche Werke sie sich anschaffen sollten.

Mächtigster Kunsthändler der Welt: Larry Gagosian 

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Wen man ebenfalls in Miami antrifft, sind Mera und Don Rubell, die zu den wichtigsten Kunstsammlern weltweit gehören. Don ist der Bruder von Steve Rubell, einst Mitbesitzer des legendären Nachtklubs Studio 54. Doch als dieser mit 45 Jahren an Aids das Zeitliche segnete, erbten sie von ihm viel Geld, das sie in Kunst investierten. David Nahmad, der mit seinem Clan eine der größten Kollektionen moderner Gemälde besitzt, ist ebenso da, wie auch sein Sohn Helly Nahmad, von Trump begnadeter Geldwäscher. Und natürlich er: Larry Gagosian, der mächtigste Kunsthändler der Welt, der unter anderem mit Werken von Giacometti, Basquiat oder Koons handelt.

Wer ist VIP? Wer Super-VIP?

Das Manager-Magazin beleuchtete einmal die Gäste-Hierarchie des Art-Basel-Universums, die sogar vor den Super-VIPs nicht Halt macht. So gibt es etwa die "Preview"-VIPs, die eine Kaufmöglichkeit der Kunst ihrer Wahl erhalten, bevor Normalsterbliche aufs Gelände gelassen werden. Es gibt allerdings auch die Sonderklasse der "First Choice"-VIPs, die noch vor ihnen ein Vor-Recht auf Erstsichtung erhalten – bei Champagner und Austern, versteht sich.

Kein Wunder, dass Bürgermeister Steven Meiner sich bei den Schweizer Messe-Leuten zuletzt öffentlich bedankte. Ohne Frage haben die neuen Impulse die Stadt verändert. Der Image-Mix aus Dealer-Paradies, Spring-Break-Partyhochburg und Altersresidenz der Reichen wurde deutlich abgemildert. An seine Stelle trat das Bild einer kreativen Supercity. Die auch Aufsehen abseits der Kunstwelt erregt. 

2019 präsentierte der Konzeptkünstler Maurizio Cattelan ein skurriles Werk, das aus einer an die Wand geklebten Banane bestand. 120.000 Dollar sollte die Installation "Comedian" kosten. Doch dann nahm sie ein Aktionskünstler von der Wand und aß sie einfach auf. Kein Problem: Trotzdem kaufte kürzlich ein chinesischer Krypto-Geschäftsmann das provokante Obst für 6,2 Millionen Dollar oder, besser, die Idee davon. Dafür mit Zertifikat. Ziemlich Banane, könnte man sagen.

Konzeptkunst: Die mit Klebeband an der Wand befestigte Banane brachte heuer 6,2 Millionen Dollar

©Eduardo Munoz Alvarez / AP / picturedesk.com

Madonna tanzt am Strand

Doch das Spektakel gefällt. Nicht nur 80.000 Besuchern, sondern auch Stars wie Madonna, Pharrell Williams, Drake, Joe Jonas oder Rihanna. Maroon-5-Sänger Adam Levine kaufte vor drei Jahren eine Arbeit von James Turrell um 950.000 Dollar. Dass die legendäre White Cube Party im Soho Beach House, wo schon Damien Hirst tanzte und VIPs gern beschwipst nackt ins Meer baden gehen, heuer nicht stattfindet, wird viele Party-Tiger erschüttern. 

Gefeiert wird aber auch auf Jachten (mit 35 Milliardären an Bord), bei Galerie-Abendessen in Edelrestaurants wie dem Carbone, in Schwulenbars oder auf umliegenden Inseln. Alles steht im Zeichen der Kunst. Große Vodka- und Tequila-Marken laden zu großen Festen. Modelabels wie Louis Vuitton feiern ihre enge Verbindung zur Kunstwelt und stellen, wie vergangenes Jahr, etwa eine neue Taschenkollektion (mit Frank Gehry) vor. Und bei einer Strandparty von Saint Laurent verausgabt sich schon mal Madonna am Dancefloor.

Der Glamour der Art Basel Miami wird sich, obwohl Galerien den Gürtel enger schnallen, auch unter der neuen Messe-Direktorin Bridget Finn nicht ändern. 32 Aussteller sind zum ersten Mal dabei, darunter aus Brasilien, Kolumbien, Portugal, Rumänien, China und Indonesien. Der Event ist in verschiedene Bereiche eingeteilt. "Nova" präsentiert junge Galerien, "Positions" Einzelausstellungen aufstrebender Künstler, "Survey" stellt historisch wichtige Werke aus der Zeit vor dem Jahr 2000 aus, "Meridians" zeigt Großformate auch außerhalb des Geländes, und "Kabinett" meint kuratierte Einzel- und Gruppenausstellungen in einem separaten Bereich. Möge die Kunstparty beginnen.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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