Warum schreiben Schauspieler neuerdings so gern Romane?

Steckt Erzähllust oder Ruhmsucht hinter dem Phänomen?

Lesen macht die Seele schön. Es entführt in andere Welten, regt die Fantasie an, macht sogar klüger. Das entfacht öfter einen gewissen Ehrgeiz. Schreiben können und einmal im Leben ein Buch veröffentlichen! Die Verwirklichung eines Traumes wäre das. So denken viele.

Wer durch die Buchhandlungen streift, dem wird aufgefallen sein, dass aktuell besonders viele Schauspieler diese Sehnsucht stillen. Früher schrieben Filmstars noch ihre Memoiren. Curd Jürgens, Klaus Kinski, Lilo Pulver. Jetzt wollen viele Schauspieler längst mehr: Literatur soll es sein, die Königsgattung – ein Roman. 

Christian Berkel, bekannt aus "Der Untergang". Jörg Hartmann ("Tatort"-Kommissar). Matthias Brandt, Sky du Mont, Robert Palfrader. Und so weiter. Im Oktober erscheint der Debütroman von Ex-Buhlschaft Caroline Peters: "Ein anderes Leben". Wie das alles anfing? Vermutlich mit Joachim Meyerhoff. Der Romanzyklus des Burg-Stars verkaufte sich millionenfach.

Alles fürs Ego?

Längst haben die Verlage gemerkt: Schauspieler und Romane, das verkauft sich gut. Zumal viele sich berufen fühlen. Ob vor der Kamera oder an der Schreibmaschine – für Matthias Matschke ("Pastewka", gelobt für sein Debüt) macht das keinen Unterschied: "Das Erfinden von Figuren, die dennoch dem Leben entsprechen, ist meine Kernarbeit", beantwortet er die Frage, warum er Romane schreibt. 

"Beide erschaffen im Moment neu, Autor wie Schauspieler – beide bauen sich ihre Welt und ihre Figuren", so Robert Seethaler, früher am Theater und im TV. Und Michael Schottenberg meint zu seiner neuen Berufung als Reiseautor: "Ich habe mein ganzes Leben nichts anderes gemacht, als Geschichten zu erzählen. Nur waren die Texte von Shakespeare oder Nestroy. Jetzt sind es meine eigenen, das freut mich unglaublich."

Das Ergebnis gelingt manchen gut, anderen weniger. In einem harschen Verriss verortete die NZZ das Phänomen Schauspieler-Roman anlässlich eines Werkes von Axel Milberg ("sturzlangweilig und unbeholfen") bei Ruhmsucht und Ego-Befriedigung.

Meyerhoff, so der Sukkus, hätte das nicht gewollt – aber jetzt sei es zu spät.

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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