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Vatertag

Wie ein Mann in 13 Monaten fünffacher Vater wurde

Der Münchner Unternehmer Philipp Hartmann bekam in kürzester Zeit Zwillinge und Drillinge. Er erzählt, was er von anderen Vätern gelernt hat und warum er sich mehr Offenheit unter Männern wünscht.

Während der Vatertag in Österreich am zweiten Sonntag im Juni begangen wird, lässt man die Papas in Deutschland traditionell schon zu Christi Himmelfahrt hochleben. Für Philipp Hartmann aus Bayern macht das Datum aber ohnehin keinen Unterschied. Seit neun Jahren ist in seinem Leben quasi jeder Tag ein Vatertag. Dass er fünf Kinder hat, ist heutzutage zwar eine Ausnahme, aber per se noch nicht außergewöhnlich. Hartmann und seine Frau Vanessa aber haben alle fünf Kinder innerhalb von 13 Monaten bekommen: einmal Zwillinge, einmal Drillinge. „Von null auf fünf unter zwei Jahren“, fasst Hartmann zusammen. Und klingt dabei so, als könnte er es selbst fast nicht glauben.

Schockverliebt

Seine Frau und er hatten sich schon länger Kinder gewünscht. „Aber die erste Schwangerschaft hat leider nicht geklappt“, erzählt der 46-Jährige im Gespräch mit dem KURIER. 17 Jahre lang lebten sie in Kapstadt, wo Hartmann 2002 eine Marketing-Firma (heute: „the factory group“) gründete. Da der Kinderwunsch der beiden unerfüllt blieb, ließen sich die Hartmanns als Adoptiveltern vormerken. „Wir hatten schon ganz darauf vergessen. Dann kam der Anruf: Es gab sechs Monate alte Zwillingsmädchen, die eine neue Familie brauchten. Als wir die Babys gesehen haben, waren wir sofort schockverliebt.“

Die beiden südafrikanischen Mädchen erhielten die Namen Lina und Maya und zogen sieben Tage später bei den Hartmanns ein. Der Wunsch nach einem dritten, leiblichen Kind aber blieb bestehen. „Vanessa und ich gingen davon aus, dass es wieder viele Jahre bis zu einer Schwangerschaft dauern würde. Wir hatten uns geirrt.“

Fakten

Beteiligung
In einer Studie zur Väterbeteiligung in Österreich gaben 95 Prozent der Männer an, dass es ihnen wichtig ist, sich Zeit für ihr Kind zu nehmen. 71 Prozent sagen, dass sie den Beruf in der Zeit nach der Geburt zurückstellen wollen.

Papa-Karenz
Seit mehr als 30 Jahren haben Väter in Österreich Anspruch auf Karenz. Im EU-weiten Vergleich wird sie aber selten in Anspruch genommen.

Mental Load
Der Begriff beschreibt die unsichtbare To-do-Liste, die Eltern ständig im Kopf haben. Laut einer britischen Studie betrifft die mentale Last im Haushalt 71 Prozent der Mütter und 45 Prozent der Väter.

34,3 Jahre alt
sind (verheiratete) Männer in Österreich durchschnittlich, wenn sie zum ersten Mal Vater werden.   2000 lag das Durchschnittsalter von Vätern bei der Geburt ihres ersten Kindes bei 32,8.

Alleinerzieher
2024 lebten  in Österreich 51.500 Väter und 244.700 Mütter in Ein-Eltern-Familien.

Teilzeit
75,3 Prozent der 25- bis 49-jährigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren arbeiteten 2022 Teilzeit. Bei den Vätern waren es 8,8 Prozent. 

Wenige Monate, nachdem sie unverhofft Mama von Zwillingen geworden war, war Vanessa Hartmann schwanger. Und der positive Test sollte nicht die einzige Überraschung bleiben. „Als uns der Arzt sagte, dass es Drillinge seien, war das erst mal ein großer Schock für uns. Ehrlich gesagt: Es war etwas beängstigend“, erinnert sich der gebürtige Münchner. Seine Frau erzählte in einem Podcast, sie habe bei der Nachricht eine Panikattacke bekommen. „Aber wir haben das durchgezogen.“

Von Vätern lernen

Die Babys – Alba, Henry und Maximilian – kamen zehn Wochen zu früh und mussten auf der Intensivstation betreut werden. Zu Hause kümmerte sich Hartmann um die Zwillinge. Eine Nachtschwester half in den ersten Monaten während der Nächte – sie lebt bis heute als Nanny bei den Hartmanns, seit vier Jahren wieder in München. „Das war schon eine wahnsinnig anstrengende, aber auch wunderschöne Zeit“, resümiert der Vater. „Heute sind alle zum Glück kerngesund.“

Zu dieser Zeit begann der passionierte Surfer und Skifahrer auch, nach Tipps von Vätern für Väter zu suchen. „Normalerweise bekommt man erst mal ein Kind, ich hatte plötzlich fünf. Ich wollte es gut machen. Aber im Netz landete ich immer auf Mütterforen und Mama-Podcasts. Mütter tauschen sich halt aus, Väter nicht. Mich hat aber die Vatersicht interessiert.“

Philipp Hartmann hält seine kleine Tochter Alba hoch.

Tochter Alba kam, wie ihre Geschwister, in Kapstadt zur Welt. 2021 zog die Familie zurück nach Deutschland.

©hartmann-family

Hartmann fing an, Papas aus aller Welt nach ihren Erfahrungen zu fragen und die Gespräche als Podcast-Folgen (www.dadicated.com) aufzuzeichnen. Nachts, wenn die Kinder schliefen. Er merkte, wie gut es Vätern tut, offen über ihre Freude, Ängste und Emotionen zu sprechen. „Sie haben sich geöffnet, weil ich mich auch geöffnet habe“, sagt er. „Ich finde es wichtig, dass man diese Rollenbilder aufbricht.“ Vieles habe sich seit der Generation seiner Eltern verändert: „Mein Vater hat in seiner Freizeit auch viel mit uns unternommen. Aber unter der Woche war er einfach weg, weil er so viel gearbeitet hat. Heute sind die Väter, die ich kenne, sehr involviert. Ich nehme aber auch wahr, dass – zumindest hier in Bayern – sehr wohl noch tradierte Rollenbilder gelebt werden. Beim Elternabend sitzen immer noch größtenteils die Mütter.“

Inzwischen geht auch seine Frau wieder arbeiten, die Kinder sind jetzt acht und neun. Ohne Happy, die Nanny, „würde es nicht gehen“, betont Hartmann. Auch die Großeltern helfen mit. Die Frage nach der Vereinbarkeit beschäftigt ihn, wie viele moderne Papas, sehr. „Man möchte erfolgreich sein, Sport treiben, eine glückliche Beziehung führen. Und natürlich ein guter Vater sein. Da gibt es zeitweise schon einen inneren Konflikt bei mir.“

Keine Angst vor Fehlern

Aus seinen Podcast-Gesprächen mit Papas aus aller Welt hat er gelernt, was Väter am meisten bereuen: zu wenig Zeit mit ihren Kindern. „Ich versuche daher, immer präsent zu sein – nicht am Handy zu hängen, wenn ich Zeit mit ihnen verbringe.“ Ratschläge an Neo-Papas möchte Hartmann bewusst nicht verteilen. An den eigenen Ansprüchen scheitern – auch das gehöre zum Vatersein, weiß er heute. „Wichtig ist, dass man mit der Intention schlafen geht, es am nächsten Tag wieder besser zu machen.“

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