Popstar Zara Larsson im Interview: "Ich spreche gern über Sex"
Zara Larsson ist eine der größten jungen Popstars. Im Interview spricht sie über Sex im Pop, ihr Frausein und warum ihr Freund schuld ist, dass ihr keine Liebeslieder mehr einfallen.
Zara Larsson live auf der Bühne bei ihrem Wien-Konzert: Tausende junge Frauen jubeln der Schwedin und ihren Hits zu. Sie fegt über die Bühne im ultrakurzen Kleidchen und mit blonder Mähne. Zara Larsson zwei Stunden zuvor: Wir treffen die 26-Jährige backstage im Gasometer.
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Ohne Make-up, in Yogahose und regenbogenfarbenem Hippie-Hoodie, im Schneidersitz am Sofa. Hier spricht die Dancefloor-Queen („Lush Life“) über Sex im Pop, ihr Frausein und ihr neues Album "Venus", dessen Cover sie so gut wie nackt ziert.
Zara, Ihr neues Album heißt "Venus". Warum?
Venus ist die Göttin der Liebe, der Schönheit und der Macht. Und auf dem Album geht es hauptsächlich um Liebe. Liebe im romantischen Sinne, aber auch jene Liebe, die ich für meine Freunde empfinde, für meine Schwester, für mich selbst, für meine Musik. Mir ist dieses Jahr viel Liebe widerfahren, eine wirklich wunderbare Energie. Ich habe mich mächtig und stark gefühlt wie eine Göttin. Verdammt gut!
Haben Sie für sich eine Art Definition davon, was Liebe für Sie bedeutet?
Ich fühle Liebe buchstäblich 99 Prozent der Zeit in mir. Ich liebe einfach das Leben. Ich glaube, ich liebe es sogar mehr als die meisten Menschen. Ich liebe, was ich tue. Meine Freunde. Meinen Freund. Meine Familie. Ich empfinde so viel Liebe für die kleinen Dinge des Alltags. Für mich heißt Liebe, dass ich mich gesehen und umsorgt fühle und Freude empfinde. Und von der spüre ich jede Menge.
Sie sind nie frustriert wegen irgendetwas?
Doch, sicher. Ich bin auch nur ein Mensch. Aber deprimiert zu sein, das ist eine ernste Angelegenheit. Werde ich traurig manchmal? Mit Sicherheit. Aber ich bin kein Mensch, der leicht aufgibt. Ich bin ein Fighter und ein Lover gleichzeitig. Und im Allgemeinen ein sehr glücklicher Mensch.
Auf dem digitalen Albumcover sind Sie ziemlich nackt zu sehen, Ihre Scham wird einzig von einer Muschel bedeckt. Ein Statement?
Das Foto ist von Botticellis „Die Geburt der Venus“ inspiriert, es soll etwas über die Zeitlosigkeit von Nacktheit aussagen. Ich finde das sehr schön. Ich verstecke mich nicht hinter etwas. Das Bild ist auch nicht übermäßig sexuell, obwohl es ziemlich sexy ist. Aber ich glaube auch nicht, dass Nacktheit immer sexuell gemeint sein muss. Ich bin in einer Kultur und in einer Familie aufgewachsen, in der Nacktsein nicht als anrüchig galt.
Sondern?
Als ganz normal. Nacktheit wurde nicht zwangsläufig sexuell interpretiert. Das Coverbild sollte sich wie ein Gemälde anfühlen, nur mit modernem Touch. Natürlich würde ich so nicht auf die Straße gehen. Dennoch zeigt es, wie ich bin. Buchstäblich ich, sonst nichts. Roh und ohne allem, aber immer noch hübsch. Ich wollte, dass man sich beim Ansehen des Fotos denkt: wow – aber nicht auf eine vulgäre Art. Es sollte sexy und schön wirken. Einer Göttin würdig. Und gleichzeitig wie selbstverständlich. Ich feiere damit meine Weiblichkeit.
Ich genieße es, sexy zu sein. Ich mag die Aufmerksamkeit, die es mir einbringt.
Was bedeutet es für Sie, in der heutigen Zeit eine Frau zu sein?
Das ist, was ich bin. Und ich fühle mich sehr wohl mit meinen Gedanken als Frau, wie auch in meinem Körper. Es gibt so viele tolle Frauen. Einerseits im Hier und Heute, andererseits haben wir im Laufe der Geschichte Unglaubliches geleistet. Trotzdem liegt noch ein langer Weg vor uns.
Inwiefern?
Wir werden nicht immer fair oder wie Erwachsene behandelt. Man unterschätzt uns. Andererseits: Ich bin 26, habe meine eigene Plattenfirma, schreibe meine Songs selbst, setze so viel um! Man muss wirklich darum kämpfen und sich ständig beweisen, um angehört zu werden. Das geht ja nicht nur mir so. Das geht auch Beyoncé so. Sogar Beyoncé, Nr. 1 aller Künstler weltweit, ist immer und immer wieder in Frage gestellt worden.
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Nicht jede Künstlerin kann Beyoncé sein.
Alles in allem würde ich mit niemand anderem tauschen wollen. Ich bin sehr glücklich damit, eine Frau zu sein. Es gibt einem Macht. Wir sind es, die Leben auf diese Welt bringen. Wir können Großes erreichen.
Wie wichtig ist es als Frau, sich sexy zu präsentieren für den Erfolg im Pop-Business – zwischen Empowerment und Sex sells liegt nur ein schmaler Grat.
Von uns Frauen wird erwartet, dass wir in jeder Lebenssituation sexy sind. Es spielt keine Rolle, ob man nun ein Popstar oder einfach eine ganz normale Frau ist. Die reine Existenz als Frau reicht. Warum sonst wird von Frauen erwartet, dass sie geschminkt zur Arbeit erscheinen? Wenn eine Frau ihr Äußeres nicht im Griff hat, wird sie eventuell nicht als professionell angesehen.
Wie halten Sie persönlich es damit?
Ich genieße es, sexy zu sein. Es ist Teil davon, wie ich bin. Ich mag die Aufmerksamkeit, die es mir einbringt. Ich spreche auch gern über Sex, um es zu normalisieren, das gefällt mir. Aber so ist das bei mir persönlich. Ich glaube nicht, dass viele Frauen es mögen, ihre erotische Ausstrahlung in den Vordergrund zu rücken. Sie wollen auch als Mensch wahrgenommen werden.
Und nicht nur nach ihrer Erscheinung, sondern aufgrund ihrer Kompetenzen beurteilt werden.
Es ist gefährlich, wenn die Gesellschaft Frauen nur aufgrund ihres Sexappeals beurteilt und dabei vergisst, dass wir auch zu anderen Dingen fähig sind. Männer haben es da besser. Sie können sexy sein, aber auch klug, erfolgreich, in einer Führungsposition. Das wünsche ich mir auch für Frauen: Nicht weniger attraktiv sein zu müssen, um als kompetent zu gelten.
Ein Dilemma, dem Sie sich, wenn Sie in verführerischen Outfits auf die Bühne gehen, kaum ausgesetzt fühlen müssen.
Ich denke, eben das ist die Frage: Wie viel Raum gebe ich dieser Sexyness? Ich weiß auch nicht, warum ich das Gefühl habe, dass ich sexy rüberkommen will. Vielleicht, weil ich einfach eine Frau bin, die in dieser Welt aufgewachsen ist. Ich bezweifle, dass meine männlichen Freunde oder mein Freund dasselbe Bedürfnis haben. Ich bin einfach so. Ich mag es sexy und kompetent.
Sie singen viel über die Liebe, was bei jungen Frauen gut ankommt. Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?
Ich glaube an Anziehung auf den ersten Blick. Absolut. Aber Liebe? Ich denke, Liebe ist etwas, das man kultiviert, an jemandem, den man mag.
In „You Love Who You Love“ wird geraten, eine toxische Liebe aufzugeben und die Person zu verlassen. Haben Sie so eine Beziehung schon mal durchgemacht?
Oh ja. Dabei bin ich noch so jung, oder? Aber ich habe das Gefühl, dass meine Beziehung im Moment sehr gut ist. Wenn ich auf die Leute zurückblicke, mit denen ich vorher zusammen war, denke ich: „Oh, mein Gott, was habe ich mir dabei nur gedacht?“ Aber so ist das nun mal, wenn man in einer toxischen Beziehung steckt. Man denkt, das sei der perfekte Partner für einen und die anderen kapieren es einfach nur nicht.
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Und Ihr Freund jetzt ist eine Inspiration?
Ja, es ist äußerst nervig. Er macht mich einfach sehr glücklich, was bedeutet, dass es mir echt schwer fällt, coole Liebeslieder zu schreiben, die nicht superkitschig sind. Er gibt mir die Inspiration, glücklich zu sein. Und mich auf mich zu konzentrieren und gut zu fühlen, anstatt irrsinnig wettbewerbsorientiert zu sein, was ich bin.
Sie haben mit 10 Jahren eine Castingshow gewonnen und wurden mit einem Schlag berühmt. Dann tat sich erst mal – nichts.
Nun, ich war erst zehn Jahre alt. Aber ich hatte selbst auch erwartet, dass ich jetzt ein Megastar werden würde. Das ist nicht passiert. Es war frustrierend, weil ich dachte, ich wäre bereit. Also musste ich weiter zur Schule gehen und noch vier Jahre warten, bis ich einen Plattenvertrag bekam.
Wie ist Berühmtsein seit jungen Jahren für Sie?
Es läuft nicht aus dem Ruder. Ich kann in Ruhe die Straße runtergehen. Grundsätzlich durfte ich durch meine Karriere viele tolle Dinge erleben, die andere in meinem Alter nicht erlebt haben. Ich bin um die Welt gereist. Ich habe erstaunliche Menschen kennengelernt. Das hat mir nur Vorteile gebracht. Das Traurigste ist, dass ich meist fern von Freunden und Familie bin. Aber das Gute überwiegt definitiv das Schlechte.
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