Das einzige No-Go für einen Architekten, der ethischen Prinzipien folgt, ist in Dubai zu bauen. Jeder andere Ort der Welt ist willkommen, um herauszufinden, was man dort machen kann. Wenn die Kinder von unseren Kindern in 50 Jahren nach Dubai fahren, werden sie sagen, unsere Eltern waren verrückt.
Wo würden Sie besonders gerne etwas planen?
Ich würde den Spieß umdrehen. Ich wäre für einen totalen Baustopp im Alpenraum. Meine Heimat Südtirol hat ein Kapital, und das sind die Dolomiten. In den Dolomiten zu bauen, würde bedeuten, optische Hürden vor Gebilde zu stellen, die der Grund des Tourismus sind. Sie sind der Grund, warum Südtirol einen Mehrwert hat. Kein Mensch kommt nach Südtirol, um moderne Architektur zu sehen. Alle kommen hierher, weil die Natur, die Konfiguration des Alpenraums besonders schön ist.
Das heißt, Sie bauen dort nichts mehr?
Ein Baustopp ist aber undemokratisch. Deshalb plädiere für eine totale Integration in die Landschaft, wenn man baut.
Sie sagten einmal, zu Ihnen ins Mailänder Büro kommen die Mitarbeiter mit dem Fahrrad ...
Selbst die nahe U-Bahnstation wird kaum verwendet. Aus dem einfachen Grund. Mit dem Rad geht es schneller.
Ist das Fahrrad ein Objekt, das schon perfekt ist? Oder gibt es da doch immer wieder was zu verändern?
Es gibt ständige Veränderungen. Ich bin ein Fan des Elektro-Fahrrads. Und das verbessert sich von Jahr zu Jahr. Das Gewicht wird geringer. Die Distanzen werden länger. Die Bremsqualität wird besser.
Und vom Aussehen her?
Das ist nicht relevant. Die Funktion steht im Vordergrund.
Sie sind an sich gegen das Bauhaus-Prinzip. Form folgt der Funktion. Warum eigentlich?
Fred Kiesler war ein Wiener Visionär, der in New York gelebt hat. Er hat in den 1930ern eine fantastische Aussage getätigt. Form folgt Funktion. Funktion folgt Vision. Und die Vision folgt der Wirklichkeit. Damit ist alles gesagt. Es lebe der Fred Kiesler.
Sie haben bei Oskar Kokoschka studiert. Wie war er so als Mensch?
Extrem unhöflich, maximales Interesse an Frauen.
Damit waren Sie abgeschrieben?
Vollkommen unten durch.
Sie sind gegen den Personen- und Starkult in der Design- und Architekturszene. Wieso sträuben Sie sich dagegen?
Mein Vertrauen in die nächste Generation ist so hoch, dass ich Starallüren rigoros ablehne. Ich punkte mit der Fähigkeit, mit der nächsten Generation interdisziplinär für eine Sache da zu sein und nicht für sich selbst.
Dabei sitzen wir hier, und Sie werden als Star interviewt.
Ich habe früh begonnen, für diese Marke zu arbeiten, die roten Alkohol für Mischgetränke verkauft. Wir haben diese Bar hier 2019 gestaltet und ich bin sozusagen hier als Dienstleister.
Wenn Sie gegen das Star-Prinzip sind, haben Sie wohl auch keine Objekte von Ihnen selbst daheim?
Null komma null. Ich will mich nicht selbst beweihräuchern und liebe wie fast alle Architekten leere Wände.
Gibt es Gegenstände, bei denen sich eine Neugestaltung lohnen würde?
Es gibt immer wieder Varianten von Funktionen, die man neu überdenken muss. Etwa, weil sich die Verhaltensweisen geändert haben. Zum Beispiel habe ich gerade einen Weinkühler kritisiert, weil der Griff sehr unbequem nach unten fällt. Ich bekam die Antwort, das sei ein Werbegeschenk, und das müsse preisgünstig sein. Aber auch preisgünstige Griffe sind möglich.
Sie haben für Campari, Illy und Meinl gearbeitet. Hat das Vorteile, wenn man Gourmet-Marken betreut?
Das kann ich so nicht beantworten. Wir sind immer auf der Suche nach der Seele der Marke. Wenn wir glauben, die Seele gefunden zu haben, dann macht das Spaß. Wenn nicht, sollten wird den Job aufgeben.
Wie sieht es aus, wenn Sie eine Seele ausloten?
Ich habe intuitiv bemerkt, dass der Meinl-Mohr traurig nach unten schaut. Er war dienend und gebückt. Ich habe empfohlen, ihn um 15 Prozent anzuheben, dass er den Betrachtern glaubwürdig in die Augen sieht.
Sie sind in Ihrer Jugend Rennen gefahren. Wie sehen Sie das heute? Sollen Autos schnittig sein? Ist das ein Anachronismus?
Das ist eine schwierige Fangfrage. Ich habe 2004 meinen Porsche Carrera 4 verkauft. Das passierte zum großen Ärger meiner Kinder. Sie fragten, wie ich ein so tolles Auto nur verkaufen könne. Es ist aber nicht möglich, dass ich Meinungen vertrete und sie dann hinten herum sabotiere.
Wie soll ein Auto heute von der Form her beschaffen sein?
Das Auto ist heute aufgrund der Vielzahl der Geräte, die auf den Straßen unterwegs sind, ein Fortbewegungsmittel und kein Instrument der Selbstdarstellung. Der Karosseriemeister wie Pininfarina, Bertone ist ein Berufsbild, das revisionsbedürftig ist.
Dann doch lieber Fahrräder designen?
Das Fahrrad hat das Rennen gemacht. Siehe China. In den Städten funktioniert der Verkehr zwar schlecht, aber dann doch. Und das nur, weil ein Großteil mit dem Rad fährt.
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