Tour de Lot: Mit einem Hausboot unterwegs in Frankreich
Wer die Region Grands Site Occitanie als Kapitän auf Zeit bereisen möchte, benötigt keinen Führerschein. Der Fluss Lot ist auf insgesamt 74 km per Hausboot befahrbar.
Von Manfred Ruthner
Gemächlich gleitet die "Château de Larnagol" dahin, das Hausboot folgt ohne Eile dem mäandernden Flusslauf, eine über weite Strecken fast unberührte Naturlandschaft. Hinter jeder Biegung des Lot scheint eine Überraschung zu warten, steil aufragende weiße Felswände, ein mittelalterliches Dorf mit steinernen Hausfassaden, ein Schloss hoch oben auf einem Hügel. Das ist wie eine Einladung zum Anlegen, zu einem Spaziergang oder um sich in einem Restaurant kulinarisch verwöhnen zu lassen.
Begonnen hat die Reise im charmanten Städtchen Cahors, das von einer Schleife des Flusses Lot eingefasst wird und einst ein wichtiges Handelszentrum war. Hier lässt es sich im Schatten der Platanen über den Boulevard Gambetta flanieren, entlang schmucker Bürgerhäuser und Fachwerkbauten und durch enge verwinkelte Gassen, die an das Mittelalter erinnern.
Im Zentrum öffnet sich ein Platz für die Kathedrale Saint-Étienne aus dem 11. Jahrhundert. Die massive Vorderfront mit den zwei gedrungenen Türmen wirkt wie ein Bollwerk, dahinter überspannen zwei Kuppeln im byzantinischen Stil das Kirchenschiff – ein überraschender Anblick.
Sehenswert sind auch das romanische Westportal und der Kreuzgang. Reste der Stadtmauer mit Türmen begrenzen die Altstadt nach Norden hin. Das Nadelöhr der Stadt, das Einfallstor über den Fluss, sicherte die Valentré-Brücke. Das Wahrzeichen von Cahors wurde um 1380 fertiggestellt, ist Teil des Jakobswegs und zählt zum UNESCO Weltkulturerbe. Die Brücke ist 172 Meter lang, besteht aus acht Bögen sowie drei Türmen, die sich 40 Meter über den Lot erheben. Nutzen kann man sie nur zu Fuß, abends ist sie stimmungsvoll beleuchtet.
Ein Mal anlegen, bitte Der Port Saint Mary, in der Nähe des Zentrums von Cahors, ist der Heimathafen der "Château de Larnagol", ein schnittiges Hausboot. Es erreicht maximal eine Geschwindigkeit von 10 km/h, erklärt Basis-Manager Sylvain bei einer kurzen Einführung. Er gibt auch Tipps zu Anlegestellen, Einkaufsmöglichkeiten und sonstigen Attraktionen entlang der Strecke.
Nachdem alle in die Bedienung und Steuerung des Hausboots eingewiesen wurden, heißt es "Leinen los" und hinaus auf den Lot, assistiert von Sylvain. Auf den ersten Kilometern zeigt er, wie einfach sich das Boot steuern lässt und wie das Schleusen abläuft. Vor der Schleuse wird angelegt und Sylvain steigt mit zwei Crewmitgliedern aus.
Alle Schleusen am Lot müssen mit Kurbeln händisch bedient werden. Sylvain erläutert, wie man die Tore schließt oder öffnet und die schweren Schieber hebt oder senkt, um die Schleuse mit Wasser zu füllen oder dieses abzulassen; die Reihenfolge hängt davon ab, ob man stromab- oder stromaufwärts fährt. Klingt aufregend, ergibt sich in der Praxis aber ganz logisch von selbst. "Das Hausboot" unbedingt immer in der Flussmitte steuern, in der Nähe der Ufer könnte es Untiefen oder angetriebene Baumstämme geben“, gibt Sylvain zum Abschied noch als guten Rat mit auf die Reise, ehe die erste Schleuse verlassen wird.
Den Gashebel sanft nach vorne schieben und das Boot per Steuerrad auf den Fluss lenken, das ist nun die Aufgabe des Skippers, der sich am oberen Deck positioniert und alles im Blick hat. Die übrige Mannschaft verteilt sich auf den bequemen Polstern des Vordecks und genießt die vorbeiziehende Landschaft. Beim Steuern des Hausboots und Bedienen der insgesamt 17 Schleusen wird abgewechselt. Dichtes Buschwerk und hohe Bäume säumen den Flusslauf. Ein Eisvogel fliegt aus dem Geäst hoch und quert den Fluss. Auf einem angeschwemmten Baumstamm am Ufer verharrt regungslos ein Reiher, bis ihn das herannahende Hausboot aufschreckt und er mit einem kräftigen Schlag seiner mächtigen Schwingen abhebt.
Nächster Halt Wein
Nur ganz wenige Hausboote sind hier unterwegs, hie und da ankert in Ufernähe ein Fischer auf einem schmalen Boot. Wer die Region rund um Cahors bereist, kommt um das Thema Wein nicht herum. Der private Anlegesteg des Château de Cayx passt gut in die Routenplanung. Das Schloss liegt inmitten der Weinberge von Cahors. 1974 kauften die Königin Margrethe von Dänemark und ihr Ehemann Prinz Henrik das Château, das bis heute als französische Residenz des dänischen Königshauses genutzt wird. Olivier Lesenecac, früher Privatsekretär des Prinzen, begrüßt die Gäste beim Schlossportal, nur wenige Schritte vom Anlegeplatz des Hausboots entfernt.
Er führt durch den privaten Schlosspark zu einem Flüsschen mit einem kleinen Wasserfall, das vor wenigen Jahren künstlich angelegt und mit diversen Kunstwerken aus der Sammlung des Prinzen geschmückt wird. Auf einer Felsnase thront ein kleiner Pavillon mit grandiosem Ausblick auf das Lot-Tal und die umliegenden Weingüter. "Das Schloss entstand als Festung, die gebaut wurde, um den Schiffsverkehr auf dem Lot zu kontrollieren und zu Geld zu machen.
Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben die Königin und der Prinz das Schloss restauriert und ein prestigeträchtiges Weingut mit einer Fläche von fast 24 Hektar aufgebaut. Die vorherrschende Rebsorte ist der Malbec, der nahezu 100 Prozent der Rotweine des Châteaus ausmacht", sagt Olivier. Er führt auch in den Gewölbekeller zu einer privaten Sammlung des Prinzen Henrik, der von seinen Reisen unzählige Exemplare asiatischer Jade, afrikanische Statuen und Masken sowie Kunstwerke der Inuit mitbrachte.
Zum Abschluss des Besuchs lädt er zur Verkostung des Rosé Prince Malbec, einem außergewöhnlichen ausdrucksstarken Jahrgang aus dem Rebsortiment seiner Königlichen Hoheit Prinz Henrik von Dänemark. Um den herrlichen Tag am Deck des Hausboots ausklingen zu lassen, spielt das gute Wetter mit. Zu Käseplatte und knusprigem Baguette könnte der Rotwein "Château de Cayx" mit seiner intensiven Farbe und den delikaten Aromen von roten Früchten nicht besser passen, ein Feuerwerk aus dem nahen Luzech ist der Tupfen auf dem i und verwandelt den Nachthimmel in einen Zauber aus Farben und Formen.
Von nun an geht es wieder flussaufwärts. Die Weinberge von Lagrézette umgeben ein restauriertes Schloss aus dem 15. Jahrhundert. Ein Ausflug mit dem mitgeführten Fahrrad zu dem wenige Kilometer entfernten Weingut lohnt sich, nach der Besichtigung der weitläufigen Weinkeller werden verschiedene Tropfen zum Verkosten gereicht – bis hin zum Rotwein aus besten Lagen.
Schöner Herbst und eine Höhle
Durch die vielen Staustufen wirkt der Lot meist wie ein still liegender See, kein Lufthauch stört den Frieden, im Wasser spiegeln sich Schlösser, schroffe Felswände oder üppiges Grün. Bei den markierten Anlegestellen lässt sich das Boot inmitten der Natur einfach an einem Baum festmachen. Ein erfrischendes Bad im Fluss ist verlockend, Badeleiter und Heckdusche kommen da sehr gelegen. Wie kleine Schiffchen treiben bunte Blätter vorbei, erste Boten des nahenden Herbstes. Ein hochaufragender Kalkfelsen, gespickt mit Einwölbungen und Höhlen, markiert den Anlegeplatz von Bouziès. Von hier sind es nur ein paar Kilometer mit dem Taxi nach Cabrerets, zur Grotte du Pech-Merle, einer Höhle mit prähistorischen Zeichnungen (siehe Info).
Ein Spaziergang führt den Fluss entlang zum 300 Meter langen Treidelpfad von Ganil: Er wurde 1845 auf einer Höhe von zwei Metern in mühevoller Arbeit aus dem Fels gehauen, um mit Pferden, die mit regionaler Fracht oder Weinfässern gefüllten Holzschiffe nach Bordeaux ziehen zu können. Vor einigen Jahren wurden die Seitenwände durch den Steinmetz Daniel Monnier mit künstlerischen Motiven gestaltet, die das Leben am Fluss darstellen. Das Dorf Saint-Cirq-Lapopie liegt 100 m oberhalb des Flusses auf einer Klippe, der Aufstieg über den steilen, steinigen Fußweg lohnt sich.
An den engen gepflasterten Straßen drängen sich Steinhäuser, die von Künstlern und Handwerkern genutzt werden, Boutiquen und Cafés sind blumengeschmückt, was dem Ort ein besonderes Flair verleiht. Von einem Felsvorsprung neben der Kirche bietet sich eine beeindruckende Aussicht auf den Lot. Stromabwärts führt die Route zurück nach Cahors. Mit etwas Glück ergibt sich am letzten Abend der Tour de Lot ein ganz exklusiver Liegeplatz vor der Pont Valentré. Ideal, um mit einem Glas Malbec auf die gelungene Zeit am Fluss anzustoßen.
Unterkunft
- Hausboot Estivale Sixto von Nicols
Ideal für 2-3 Paare: 3 Doppelkabinen, Salon mit Küchenzeile samt Kühlschrank und Gefrierfach, 2 Bäder mit Dusche/WC, Bugstrahlruder zum leichteren Navigieren bei der Schleuse, hinteres Deck mit Terrassenmöbel und Sonnensegel, um im Freien zu frühstücken, Oberdeck mit 2. Steuerstand, Vordeck mit Liegemöglichkeit. hausboot-nicols.de/terramarin.at - Best Western Plus Hôtel Divona Cahors
Direkt am Ufer des Lot gelegen. Frühstücksbuffet und Abendessen auf der Terrasse mit Blick auf den Lot, Wellness mit Schwimmbecken, Sauna, Behandlungs- und Fitnessraum. - Auberge de Jeunesse HI Cahors
Die moderne Jugendherberge bietet einfache Unterkunft für junge bzw. junggebliebene Menschen,
2-Bettzimmer mit Dusche/WC, Gemeinschaftsküche, Gemeinschaftslounge mit Billard und Tischfußball, Dachterrasse mit fantastischem Blick auf die Brücke Pont Valentré, wo auch Frühstück, Abendessen und Getränke angeboten werden.
hifrance.org/auberges-de-jeunesse/cahors-le-chai
Restaurants
- Petite Auberge befindet sich in einem schönen Gebäude in der Altstadt von Cahors. Das Restaurant bietet lokale Gourmetküche, in der auch Vegetarier willkommen sind. Mit großer schattiger und begrünter Terrasse, nur wenige Schritte vom Lot entfernt. lapetiteaubergecahors.com
- Les Deux Vallées: Gegenüber dem Liegeplatz bei Bouziès. Im ehemaligen Bahnhof von Conduché, an der Kreuzung der Täler Lot und Célé, Bar-Restaurant mitten in der Bahnhofshalle, Terrasse auf dem Bahnsteig vor den Gleisen mit Blick auf die Landschaft, die Klippen und den Treidelpfad. Traditionelle Küche mit Spezialitäten wie Entenleber, Rindersteak und Entenbrust.
tourisme-lot.com (@ Restaurant Les Deux Vallées) - Le Cantou In Saint-Cirq-Lapopie, das Restaurant befindet sich zwischen der Kirche und dem Rignault-Museum im unteren Teil des Dorfes. Quercynoise-Haus mit rustikalem Interieur aus Stein, überdachte Terrassen mit Aussicht auf die belebten Gassen. Traditionelle und zugleich kreative Küche mit asiatischen Einflüssen.
tourisme-lot.com (@ Restaurant Le Cantou)
Aktivitäten
- Château de Cayx
Das Schloss aus dem 15. Jahrhundert ist seit 1974 im Besitz der dänischen Königsfamilie. Der Weinberg ist 24 Hektar groß und produziert etwa 140.000 Flaschen Wein (rot, weiß, rosé), die weltweit exportiert werden. Im Souvenirladen kann man auch eine Reihe von Artefakten aus der Stammeskunstsammlung von Prinz Henrik bewundern. Die Besichtigung der Sammlung in den Gewölbekellern des Schlosses mit Führung durch den Schlosspark und Weinverkostung ist für Gruppen von mindestens zehn Personen möglich.
chateau-de-cayx.com - Pech Merle Tropfsteinhöhle
Bei Cabrerets, die im Jahre 1922 von zwei Buben entdeckt wurde. Mit sehr gut erhaltenen Zeichnungen von prähistorischen Wollmammuts, Pferden und Rentieren, von denen viele aus der Zeit um 25000 v. Chr. stammen. Auch die wunderschönen Stalagmiten sind sehr sehenswert. Führungen auf französisch und englisch, Anmeldung erforderlich. Zur Einstimmung empfiehlt sich der Besuch des Museums und eine Video-Dokumentation vor dem Höhleneingang.
pechmerle.com - Markt in Cahors
Am großen Platz vor der Kathedrale Saint Étienne und in den angrenzenden Nebengassen herrscht zweimal in der Woche reges Leben. Der Wochenmarkt findet samstags und mittwochs vormittags statt. Es werden vor allem Köstlichkeiten aus der Region wie Ziegenkäse, Pastis, Obst und Gemüse sowie Gänseleberpastete angeboten. Aber auch Handwerkliches wie Stickereien oder Lederwaren. - visit-occitanie.com (@ Cahors Markt)
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