Besonders schön in der Dämmerung: die Gassen in den historischen Stadtvierteln Gion und Higashiyama, hier mit der Yasaka-Pagode

Reisetipp Kyoto: Was die einstige Kaiserstadt so faszinierend macht

Zwischen buddhistischen Tempeln, traditionellen Teehäusern und leise raschelndem Bambus entfaltet sich in der alten Kaiserstadt Japans die Essenz der Achtsamkeit.

Überblick

Anreise

von Tokio oder Osaka mit den Öffis

Tipp

Zwischen den drei Städten verkehrt der Shinkansen und je nach Aufenthaltsdauer empfiehlt sich der Japan Rail Pass.

Währung

Yen

Von Leonie Maier

Sanft kitzeln die Strahlen der Morgensonne die Nasenspitze, während wir uns auf den Weg zum berühmten Kinkaku-ji-Tempel begeben. Eine angenehme Stille breitet sich aus, die den Zauber dieses Ortes noch verstärkt. 

Sich für einen Tempel in Kyoto zu entscheiden, ist so schwierig wie die Auswahl einer Eissorte im Sommerurlaub. Das Angebot ist zu groß und zu gut. Nicht umsonst wird das beliebte Reiseziel auch "Stadt der tausend Tempel" genannt, denn hier befinden sich mehr als 2.000 davon. Einer von vielen Gründen, hierherzukommen.

Kyoto als Geheimtipp zu bezeichnen, wäre schlichtweg falsch, denn niemand lässt diese traditionsreiche Stadt bei einer Japanreise aus. Entsprechend groß ist das Gewusel an den berühmten Touristenplätzen, vor allem im bunten Herbst und zur Kirschblüte im Frühjahr. Und fast nirgendwo auf der Welt begegnet man den vielen Touristen mit einer solchen Gelassenheit wie hier. 

Der Fushimi Inari-Taisha gehört zu den ältesten und bekanntesten Shintō-Schreinen in Japan. Wer ihn besichtigen will, muss viel Zeit einplanen

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Bei der Ruhe und Freundlichkeit der Einheimischen und der Schönheit, die diese Stadt bietet, hat ein Gefühl der Reizbarkeit keine Chance. Neben dem Kinkaku-ji-Tempel gibt es noch einiges zu sehen, denn die ehemalige Hauptstadt Japans und zwei Städte in ihrer Umgebung beherbergen sage und schreibe 17 Stätten, die von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Dennoch erkundigen sich die bescheidenen Einheimischen eher nach der Heimat der Besucher, als mit den eigenen lokalen Juwelen zu prahlen.

Karte Japan

©Grafik

Doch welche Sehenswürdigkeiten Kyotos sind nun unbedingt einen Abstecher wert? Zu den Klassikern zählt auf jeden Fall der 778 n. Chr. gegründete Kiyomizu-dera-Tempel, der auf einem hölzernen Podest in die Höhe ragt und von dem aus sich ein herrliches Panorama eröffnet. Bis dorthin ist der Weg das Ziel, denn die Navigations-App führt durch Gassen, die verschiedene Facetten der Stadt zeigen, und als wäre das nicht genug, auch noch vorbei an imposanten Tempeln.

Der leichte Anstieg fällt kaum auf, denn die Aufmerksamkeit gilt den in Kimonos gekleideten Touristen. Bis zum Kiyomizu-dera-Tempel wurde schon unzählige Male die Kamera gezückt, um die besondere Atmosphäre festzuhalten. Spätestens oben angekommen, tummeln sich die zuvor erwähnten Besuchermassen, doch es scheint, als ob sich selbst die Touristen dem ruhigen und rücksichtsvollen Verhalten der Japaner anpassen.

Tradition, Schönheit und Geisteshaltung: Geishas, im Kyoto-Dialekt "Geiko" genannt, gelten als Hüterinnen der japanischen Künste

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Im Matcha-Mekka 

Reisemotive gibt es einige, doch im Falle Japans nennen viele das kulinarische Angebot als entscheidende Motivationsquelle. Während die meisten zunächst an Ramen, Sushi und Mochi denken, hat sich in jüngster Zeit vor allem ein Produkt auf dem internationalen Markt durchgesetzt: Matcha. Das trifft sich gut, denn Kyoto gilt als Heimat des beliebten grünen Pulvers. 

Kyoto ist eine Hochburg für Feinschmecker, im Bild der Nishiki-Markt

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Vor allem in den malerischen Gassen rund um den Kiyomizu-dera-Tempel floriert die Matcha-Szene mit Cafés, die kreative Variationen des grünen Tees anbieten. Vom klassischen Tee bis zu Kuchen, Eiscreme und sogar verschiedenen Kit-Kat-Sorten gibt es alles. Matcha-Latte darf dabei auf keinen Fall fehlen, denn das beliebte Trendgetränk ist aus Szenelokalen rund um den Globus nicht mehr wegzudenken.

Kyoto

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Wem der Hype allmählich zu viel wird, kann sich in einer Teezeremonie vom ursprünglichen Genuss überzeugen. In den Teehäusern und Gärten erleben Besucher ein Kulturerlebnis, von dem sie noch zu Hause zehren können. Hier wird Matcha in einer ruhigen Atmosphäre zubereitet, wobei jede Bewegung des Zeremonienmeisters von jahrhundertealten Traditionen bestimmt wird. 

Die Stadt ist auch die Wiege der japanischen Teezeremonie und punktet mit einem vielfältigen Angebot an Matcha-Produkten

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Die Gäste erleben also nicht nur den Geschmack des Tees, sondern auch die meditative Ruhe, die jede Geste und jeden Moment begleitet. So muss beispielsweise die Teeschale je nach Zubereitungsschritt mehrmals gedreht werden. Auf diese Weise üben sich die Einheimischen in Achtsamkeit und erfahren die tiefere Bedeutung von Einfachheit. 

Noch eine gute Nachricht, denn der Konsum des grünen Golds bringt einige gesundheitliche Vorteile mit sich: Matcha ist vollgepackt mit Antioxidantien, die Entzündungen bekämpfen und Zellschäden vorbeugen. Die Kombination aus Koffein und L-Theanin fördert zudem eine fokussierte Energie, die die geistige Klarheit verbessert, ohne Hibbeligkeit zu verursachen. Darüber hinaus unterstützt das grüne Pulver den Stoffwechsel, hilft bei der Fettverbrennung und stärkt das Immunsystem durch seine entgiftenden Eigenschaften.

Kyoto bietet zahlreiche Michelin-Sterne-Restaurants wie das Moko

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Japanische Lebenskunst 

Nach einer Tasse Tee ist die Entdeckerlust wieder geweckt. Wie wäre es zur Abwechslung mit einer der meistfotografierten Attraktionen der Welt? Die Rede ist vom Arashiyama-Wald, der mit seinem Labyrinth aus bis zu 20 Meter hohen Bambusstämmen ein magisches Erlebnis garantiert. Nach dem Verlassen des Waldes muss man sich keine Sorgen um den richtigen Weg machen, denn wenn man in Kyoto eines kann, dann ist es, sich seelenruhig treiben zu lassen.

Die schlanken Halme im Bambuswald von Arashiyama in Kyoto können eine Höhe von 20 bis 30 Metern erreichen

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In kaum einem anderen Land ist die Kriminalitätsrate so niedrig wie in Japan, und mit etwas Glück kommt man beim planlosen Schlendern an einem der besten Ramen-Restaurants vorbei. Apropos Vorzeigeland: In Japan ist Sauberkeit tief in der Kultur verwurzelt und wird als Ausdruck des Respekts gegenüber anderen angesehen. Öffentliche Plätze sind bemerkenswert sauber, obwohl es kaum Mistkübel zu finden gibt, denn die Bevölkerung nimmt ihren Müll ausnahmslos mit nach Hause. Zu behaupten, dass nicht ein einziges Brösel auf der Straße liegt, ist also keine Übertreibung.

Japanisches Omelett Tamagoyaki 

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Trotz der hohen Bevölkerungsdichte herrscht im Land der aufgehenden Sonne keine Hektik, denn die Bewohner halten sich an gesellschaftliche Regeln, die für Ordnung und Harmonie sorgen. In öffentlichen Verkehrsmitteln wird weder gegessen noch telefoniert, und Gespräche werden leise geführt, um andere nicht zu stören. An dicht besuchten Orten bewegen sich die Menschen diszipliniert und rücksichtsvoll, wodurch ein reibungsloser Fluss entsteht. Demnach zeigt sich Zen in Kyoto nicht nur in Tempeln oder Teezeremonien, sondern vor allem in der achtsamen Lebensweise der Einheimischen.

Ein stiller Ort: der Otagi Nembutsuji-Tempel mit mehr als tausend Rakan-Statuen
 

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Dieses Jahr eignet sich übrigens besonders gut für einen Trip nach Kyoto, denn das nur rund 55 Kilometer entfernte Osaka richtet heuer die Weltausstellung aus, ist mindestens so beliebt – und die beiden Traumstädte lassen sich sehr gut in einer Reise kombinieren.

Tipps

Restaurants

  • Engine Ramen: Ausgezeichnet als das beste Ramen-Restaurant der Stadt
  • Veg Out: Veganes Lokal mit Aussicht auf den Kamo-Fluss
  • Moko: Michelin-Restaurant mit französisch-japanischer Küche


Aktivitäten

  • Fushimi Inari-Taisha: Ikonischer Pfad durch die leuchtend roten Torii-Tore
  • Nishiki-Markt: Kulinarische Vielfalt mit regionalen und frischen Köstlichkeiten
  • Philosophenweg: Inspirierender Spaziergang am Kanal entlang


Tagesausflüge

  • Nara: Im Nara-Park zahme
  • Hirsche füttern
  • Uji: Traditionelle Teefelder besichtigen
  • Himeji: Beeindruckende Schlossanlagen der Himeji-Burg erkunden

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