Ausprobiert: Eine Woche ohne Kaffee mit unerwartetem Ausgang

Ein Leben ohne Kaffee? Für viele kaum vorstellbar, so auch für mich. Um meinen Konsum zu reduzieren, machte ich den Selbstversuch.

Zugegeben, ich trinke nicht nur gerne Kaffee, sondern auch in rauen Mengen. Wir sprechen hier nicht von drei Tassen am Tag – nein, es sind eher sieben oder acht. Und so kommt es durchaus vor, dass sich mein Kaffeekonsum inkl. Milch auf ca. 1,5-2 Liter am Tag beläuft. Dass das nicht unbedingt gesund ist, liegt auf der Hand. Also habe ich mich dazu entschlossen, eine Woche auf Kaffee zu verzichten. Was dann geschah, habe ich bei Weitem nicht erwartet.

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Wie die meisten Menschen habe auch ich eine Morgenroutine: Aufstehen, ab zur Kaffeemaschine, erstmal eine große Tasse Kaffee und 15 Minuten nur für mich alleine genießen. Ich habe das große Glück, dass mein Partner sehr viel früher in die Arbeit startet und deshalb der Kaffee sozusagen mit dem ersten Augenaufschlag bereits fertig in der Küche auf mich wartet. An sich eine super Sache – nur eben nicht am ersten Tag meines Selbstversuchs.

Tag 1: Schlechte Laune

Es ist Freitag. Ich habe diesen Tag bewusst gewählt, da mir mein Arzt sagte, dass die Konzentration in den ersten Tagen ohne Koffein nachlassen könne. Also starte ich vor dem Wochenende.

Ich stehe also auf und gehe, wie gewohnt, in die Küche. Und schon strömt mir der Duft von frisch gebrühtem Kaffee in die Nase. Hatte ich meinem Freund nicht gesagt, dass ich heute mein Experiment starte? – es dauert genau eine Sekunde und meine Laune ist im Keller – na super! Ich bin genervt, greife zur Kaffeekanne und schütte den Kaffee in die Abwasch. Dann eben ein Glas Wasser, soll ja Wunder wirken, um wach zu werden. Ich trinke es auf einen Schluck aus und merke schnell: bringt gar nichts. Also Fenster auf in der Hoffnung der Kaffeeduft zieht schnell nach draußen und ab unter die Dusche.

Den restlichen Tag überstehe ich ganz gut, statt Kaffee gibt es jetzt Mineralwasser und ich merke, wenn ich nicht direkt mit Kaffee in Berührung komme, denke ich nur selten an Latte Macchiato und Co. Nur meine Laune bleibt weiterhin im Keller.

Ab heute gibt es keinen Kaffee mehr.

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Tag 2 des Koffeinentzugs: Kopfschmerzen

Der Morgen ist am schlimmsten. Ich versuch´s mit Tee und rede mir unentwegt ein, es wäre Kaffee. Klappt eigentlich ganz gut und ich komme nicht weniger fit durch den Tag. Gegen Abend jedoch setzen diese höllischen Kopfschmerzen ein. Das Pochen im Kopf ist nicht auszuhalten. Ich verzichte aber auf Schmerztabletten und lege mich stattdessen eine Weile hin.

Als ich aufwache sind die Kopfschmerzen erträglicher. Um sie ganz in den Griff zu bekommen trinke ich mehr Tee und Wasser – denn Flüssigkeit soll ja helfen – und tut es auch. Heute sind es knapp vier Liter. 

Anstatt Kaffee trinke ich jetzt Wasser.

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Tag 3: Wasser, Marsch! 

Noch bevor ich so richtig zu mir komme, rieche ich schon Kaffee. Klar, ich kann von meinem Partner nicht erwarten, nur wegen meinem Versuch auch auf Koffein zu verzichten. Aber er hätte wenigstens seinen Sonntags-Kaffee im Bett (eigentlich machen wir das beide) aussparen können. Ich bin sauer, genervt und er ist schuld! Schnell raus aus der „Duftfalle“, mit einem Glas Wasser ab auf den Balkon und erstmal tief durchatmen.

Als ich mich beruhigt habe fällt mir auf, dass ich Hunger habe und das um 7:30 Uhr. Normalerweise setzt das erste Hungergefühl bei mir gegen 12:30 Uhr ein. Wahnsinn, seit Jahren versuche ich mir anzugewöhnen in der Früh eine Kleinigkeit zu essen und nur, weil ich keinen Kaffee mehr trinke, geht das nun scheinbar. 

Gegen Nachmittag kommt ein Müdigkeitstief und auch die Kopfschmerzen klopfen wieder an. Da meine Laune wieder zu kippen droht, versuche ich neben dem „Frühstückserfolg“ meine Aufmerksamkeit auf die Dinge zu richten, die der Kaffeeentzug an Positivem mit sich bringt. Mir fällt erstmals auf, wie viel ich trinke. Meine Flüssigkeitszufuhr hat sich knapp verfünffacht! Auch wenn ich es in der Vergangenheit mit allen Tricks versucht habe, kam ich am Tag nie auf mehr als einen Liter. Stolz macht sich in mir breit und so sind auch pochenden Kopfschmerzen heute auszuhalten.

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Tag 4 ohne Kaffee: Durchhalten!

Meine Morgenstimmung wird einfach nicht besser. Zwar riecht es nun beim Aufwachen nicht mehr nach Kaffee (Mein Freund nimmt langsam Rücksicht), aber mein gesamter Körper ruft danach. "Durchhalten", sage ich mir immer wieder. Wenn der Morgen einmal überstanden ist, geht der Rest des Tages leichter von der Hand.

Mit Tee und Wasser komme ich gut durch den Tag. Doch die Entzugskopfschmerzen setzten pünktlich um 16 Uhr ein und werden immer schlimmer. Konzentrationstechnisch hat sich aber nichts geändert – tagsüber fühle ich mich fit. Nur abends werde ich schneller müde. Netflix brauche ich nicht mehr, da mir bereits gegen 21 Uhr die Augen zufallen.

Tag 5: Heißhunger auf Süßes

Heute bin ich lange vor dem Wecker wach. Um 5:30 Uhr hüpfe ich topfit und gut gelaunt aus dem Bett. Das muss der Wendepunkt sein. Ans Frühstücken und Wassertrinken hab‘ ich mich nicht nur gewöhnt, es ist mein „neues“ Morgenritual geworden.

Gegen Nachmittag setzt ein weiterer Nebeneffekt ein: Ich habe Heißhunger auf Süßes. Ein Eis muss her! Gut, dass ich dank Kind eines zur Hand habe. Fun fact: Das letzte Mal, dass ich etwas Süßes gegessen habe ist bestimmt schon 2 Jahre her – ich bin eher die herzhafte Esserin und bevorzuge normalerweise Chips. Schokolade und Eis stehen also nicht auf meinem Speiseplan. 

Neben meiner Eiszufuhr wächst auch meine Flüssigkeitszufuhr stetig an: Heute schaffe ich es auf fünf Liter Wasser und Tee.

Tag 6: Routine

Der Morgen gestaltet sich immer angenehmer. Nur Wasser „ohne alles“ schmeckt mir nicht mehr, auch vom Tee habe ich die Nase voll. Eine Alternative muss her: Es wird Wasser mit Zitrone und Gröbi Orange. Schmeckt und wird mich wohl für die nächsten beide Tage durchbringen.

Der Kaffee fehlt mir heute gar nicht. Auch die abendliche Müdigkeit und die Kopfschmerzen werden weniger. Mein Schlafrhythmus normalisiert sich wieder und so fallen mir die Augen „erst“ gegen 22 Uhr zu – natürlich nicht, ohne gegen 20 Uhr noch ein Eis gegessen zu haben.

2 Jahre habe nicht nichts Süßes gegessen. Das hat sich jetzt geändert.

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Tag 7: Vorfreude auf Kaffee

Beim Aufstehen bin ich mir nicht sicher, ob der heutige Ephorieschub in dem Gedanken gründet, dass ich morgen bereits wieder Kaffee trinken darf. Oder weil ich wieder vor dem Wecker wach bin und wirklich fit in den Tag starte. Gegen Abend weiß ich dann die Antwort.

Ich bleibe den ganzen Tag fit, Kaffee geht mir nicht mehr ab. Ich trinke immer noch fünf Liter Wasser am Tag und das scheint mehr zu helfen als meine „früheren“ zwei Liter Kaffee am Tag. Gegen das Nachmittagstief, das mich heute trifft, hilft "mein neuer Freund" Eis. Heute sind es sogar zwei. Mein Belohnungssystem funktioniert und ich fühle mich wunderbar.

Am Abend steigt meine Laune fast schon ins Überschwängliche. Und jetzt wird mir auch klar wieso: Morgen ist der Tag der Tage und ich in der Früh darf wieder zu meinem Häferl Kaffee greifen. Voller Vorfreude gehe ich früher als sonst ins Bett, stelle sicher, dass mein Freund wieder Kaffee für mich aufstellt, plane mir für mein "altes" Morgenritual ausreichend Zeit ein und stelle den Wecker 30 Minuten früher als normal.

Die Vorfreude auf meinen morgendlichen Kaffee steigt.

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Der Tag danach

Die Vorfreude schießt mir sofort durch den Körper. Ich bin - trotz eingeplanter „Frühweckzeit“ viel früher wach – es ist noch stockdunkel draußen. Ich hüpfe in die Küche, schenke mir meinen Kaffee ein und komme mir fast schon doof vor, wie ich mein Häferl anlächle, als wäre es ein geliebter Mensch. Der Duft steigt mir beim Ansetzen in die Nase und mein Lächeln wird noch breiter. Ich setzte an, nehme den ersten Schluck und die Ernüchterung trifft mich sofort: Nein, das kann nicht sein.

Ein Schluck reicht und ich merke, es schmeckt mir nicht. Das, worauf ich mich die ganze Woche so gefreut habe, schmeckt einfach nur bitter, schlecht und nicht so wie ich es in Erinnerung hatte. Ich schütte den Kaffee weg, trinke stattdessen mein Zitronenwasser und rede mir ein, dass es wohl an den schlechten Kaffeebohnen liegt. Also anziehen und ab zum Bäcker um die Ecke – dort muss der Kaffee ja wohl schmecken. Gesagt getan. Aber die Ernüchterung folgt sofort: Auch dieser, wirklich sehr guter Kaffee, schmeckt mir gar nicht. Ich lasse das für heute und bleibe bei meinem Wasser.

Fazit

Mein ursprünglicher Plan sah vor, noch weiter Kaffee zu trinken – nur in einer geringeren Dosis. Am Ende meines Selbstversuchs sitze ich hier in der Redaktion und trinke gar keinen Kaffee mehr. Auch eine Woche später schmeckt der Kaffee nicht – vielleicht kommt das irgendwann wieder?

Was geblieben ist: Zitronenwasser in der Früh, Frühstücken und das Eis! Letzteres nicht mehr jeden Tag, aber jeden zweiten.

Ob das nun eine gute Idee mit dem Selbstversuch war? Definitiv ja.

Vielleicht sollte ich im nächsten Selbstversuch die "Eis-Sucht" angehen, die gerade auf mich zurauscht.

Veronika Dienersberger

Über Veronika Dienersberger

Digital Producer bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit. Die gebürtige Münchnerin studierte Content Produktion und Digitales Medienmanagement an der FH Wien und war zuletzt bei der MG Mediengruppe Online-Chefredakteurin. Sie liebt Reisen, gutes Essen und Musik.

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