Der Koch des besten Restaurants der Welt ist zurück in Österreich
Zuletzt kochte Julian Stieger im "Geranium". Warum es das Talent zurück in die Heimat verschlägt und er nun in der "Roten Wand" aufkocht, erzählt er im Gespräch.
Mit 28 Jahren hat Julian Stieger eine beachtliche Biografie. Er lernte u.a. bei Toni Mörwald und arbeitete im "Steirereck". Auch international kann sich sein Werdegang sehen lassen: Zuletzt war er "Chef de Partie" im "Geranium" in Kopenhagen, das zum wiederholten Male zum Top-Restaurant der Welt gekürt wurde, wie die freizeit berichtete. Davor war er im 3-Sterner "Eleven Madison Park" in New York - kein Zufall, wie der zielstrebige Spitzenkoch im Gespräch verrät: "Als noch Fleisch serviert wurde, habe ich dort das wahrscheinlich beste Gericht meines Lebens gegessen: eine Ente." Und das war auch der Grund, warum Stieger später unbedingt dort arbeiten wollte.
Seit Oktober ist Stieger Küchenchef der "Roten Wand" am Arlberg. "Serviert werden Fleisch, Fisch und Vegetarisches in einer guten Balance. Wir verarbeiten großteils regionale Produkte, kaufen aber auch einiges aus dem Ausland zu, auf das wir einfach nicht verzichten wollen - zum Beispiel Kaviar, Trüffel oder Langusten." Dass sich auch in Zukunft nicht ausschließlich regionale Produkte auf der Karte befinden, ist dem hohen Anspruch geschuldet. "Gewisse Dinge bekomme ich in der Umgebung einfach nicht, zumindest nicht in der besten Qualität." Der internationale Einfluss und sein breites Wissen über verschiedene Produkte schlagen hier durch. Ob Stieger es vermisst habe, mit Fleisch zu arbeiten? "Ja, sehr", lacht er. Das "Geranium" hatte im November 2021 auf rein vegetarische Küche umgestellt. Der Kontrast zwischen "Roter Wand" und "Geranium" ist dementsprechend groß.
Moderne Spitzenküche
Weniger groß ist der Kontrast, wenn es um den Umgang mit Gästen geht - und das ist gut so: "Man hat den direkten Gästekontakt im 'Geranium' genauso wie hier am 'Chef's Table'. Das gehört heutzutage dazu und es ist wichtig für die Köche, damit sie gelegentlich aus der Küche herauskommen und ihre Speisen selbst präsentieren."
Trotz aller Moderne: Der Druck in der internationalen Spitzengastronomie ist sehr hoch, das bestätigt auch Stieger. Dass die jungen Chefs ihre Küchen laxer führen als die berühmt-berüchtigten Granden der alten Schule ist anscheinend ein Klischee. Stieger: "Ich würde nicht sagen, dass ein lockerer Ton herrscht, ganz und gar nicht." Grundsätzlich herrsche Respekt, auch in Stiegers Küche - damit die Hierarchien und Abläufe funktionieren. "Nichtsdestotrotz haben wir Spaß beim Arbeiten, hören mal laut Musik oder quatschen herum. Aber mir ist wichtig, dass die Leute untereinander Respekt zeigen."
Geschmacksdemokratie
Julian Stiegers Gerichte entstehen zuerst als Bilder in seinem Kopf. "Und dieses Bild wird dann auf den Teller gebracht. Ich schaue mir an, welche Geschmäcker zu diesem Bild passen und lasse dann meine Kollegen kosten. Ich frage sie, was sie davon halten und was sie anders machen würden. Ob ich das Feedback dann annehme oder nicht, sei dahingestellt." Trotzdem ist diese Feedbackschleife sehr wichtig, um verschiedene Geschmäcker zufriedenzustellen. "Es ist wichtig, dass man viele Menschen probieren lässt, um nicht in einen Trott zu kommen und alles zu ähnlich schmeckt."
Die richtigen Produkte zu finden, ist für die Kreation eines Gerichts das A und O. "Bevor wir das Menü geschrieben haben, sind wir direkt zu den Bauern gefahren, haben die Felder besichtigt und sind auf viele Ideen gekommen, was wir alles machen wollen." Dem Gemüse sprichwörtlich beim Wachsen zuzusehen und es frisch geerntet verkosten zu können, ist nicht der einzige Vorteil der regionalen Arbeit. "Natürlich sind die Produzenten durch den direkten Kontakt auch motiviert und haben 'freaky' Ideen." Es entsteht eine Art Wechselwirkung - die Produzenten lassen sich auch von den Ideen der "Roten Wand" inspirieren. "Da waren einige dabei, die uns nach Gemüsesorten gefragt haben, die sie vielleicht noch nicht kennen, aber für uns exklusiv anbauen könnten. Mein Traum war es zum Beispiel immer, chinesischen Rettich aus der Region zu bekommen - und der wird nächste Saison erstmals für uns angebaut."
Gourmets, die sich gerade am Arlberg befinden, kommen um einen Besuch der "Roten Wand" schwer herum. Eine Online-Reservierung ist unbedingt notwendig, alle Infos hier.
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