De Niros deutsche Stimme: Worauf es bei Film-Synchronisation ankommt
Im Kino spricht er Robert De Niro. Nächste Woche gastiert Christian Brückner mit Lyrik in Österreich.
Nicht nur Frauen verfallen seinem Organ. Mit markanter Stimme hat sich Christian Brückner in unserem Gefühl längst als der Vertreter eines nachdenklichen Hollywoods etabliert. Aber der Synchronschauspieler kann auch anders. Zum 20. Geburtstag der Kino-Institution Cinema Paradiso gastiert er kommende Woche in St. Pölten und in Baden mit einem Programm romantischer Lyrik von Heine bis Novalis.
Christian Brückner: Ja, stimmt.
Ja, ich bin die Stimme von Robert De Niro, daran kann ich nichts ändern.
Jaja, ich habe nicht mitgezählt.
Das tue ich überhaupt nicht. De Niro hat ein ganz großes schauspielerisches Spektrum, und das habe ich an ihm bewundert und tue es noch. Er ist ein Ausnahmeschauspieler mit Ausnahmefähigkeiten. Ich habe nie den Versuch gemacht, zu De Niro zu werden, sondern den Versuch, in vielleicht ähnlicher Weise vielfältig zu sein und von Rolle zu Rolle zu wechseln.
Freut mich, dass Sie das sagen. Ich habe so etwas schon gehört, aber es steht mir nicht an, das zu beurteilen. Aber genau das ist mein Versuch, sei es dem Schauspieler, sei es im Falle der Literatur dem Text gerecht zu werden. Das ist das, was ich an diesen beiden Lyrikabenden versuche.
Im Cinema Paradiso wird keine Musik erklingen, sondern der reine Text der lyrischen Dinge.
Sagen wir so. Natürlich hege und pflege ich meine Stimme, aber nicht wie ein Belcantosänger. Im Grunde lasse ich sie in ihrem Naturzustand, wobei am Anfang meiner Laufbahn eine sehr gründliche sprechtechnische Ausbildung stand, die nach wie vor Ursache meiner Fähigkeiten ist. Aber ich bin kein Pianist, der fünf Stunden am Tag üben muss, sondern ich habe die Stimme zur Verfügung, weil ich letzten Endes auch ohne Pause mit ihr arbeite.
Muss sie ja auch nicht. Die Dietrich lebte von dem ganzen Nimbus um sie herum. Ich bin durch meine Stimme definiert und nicht durch meine Physis.
Das ist eine Theorie, auch meine Theorie. Es ist bekannt, dass Stimmen das Erste sind, das ein Embryo im Mutterleib wahrnimmt. Die Stimme ist auch das Überzeugendste, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Nun, das kommt ja schon mal vor. Stimmen bringen immer irgendetwas ans Licht, sie hinterlassen sofort einen Eindruck.
Es könnte etwa der Sekundenbruchteil einer Art von Unsicherheit sein. Ein Minibruchteil, in dem die Stimme ihre Festigkeit nicht mehr halten kann.
Dieses Fass möchte ich jetzt nicht aufmachen. Die Pause ist mir fast wichtiger als die Stimme.
Das klingt vielleicht eigenartig, aber die Pause umfasst die Welt. Der Schweizer Kulturphilosoph Max Picard setzte schon 1948 „Der Welt des Schweigens“ ein Denkmal. Seinem gleichnamigen Buch steht die alte Altarinschrift voran: „Lingua fundamentum sancti silentii“/„Die Sprache ist die Grundlage der heiligen Stille.“
Ich hoffe, ich habe zumindest einige Dinge gesagt, die Sie noch nicht wussten.
("Mir ist zu licht zum Schlafen": Am 23. & 24. November um 20 Uhr liest "The Voice" Christian Brückner im Cinema Paradiso in St. Pölten und in Baden ausgewählte Gedichte von Heinrich Heine, Friedrich Hölderlin, Novalis u.a.)
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