(K)Ein Bild von einem Mann: Männlichkeit hat viele Facetten
Zwischen Krieg und Genderfluidität: Noch nie war Männlichkeit so divers wie heute, sagt ein Experte.
Braucht es wirklich einen Tag für Männer? Vorweg: Der Internationale Männertag am 19. November wurde nicht eingeführt, um mit dem Frauentag am 8. März zu konkurrieren. Viel mehr soll er das Verhältnis der Geschlechter verbessern – und die aktuellen Nöte der Männer aufzeigen. Welche das sind, weiß der Soziologe und Männerberater Richard Schneebauer. Sein Befund: Das Bild von Männlichkeit war noch nie so divers wie jetzt.
„Es ist sehr spannend, wie einerseits durch den Krieg die traditionelle Männerrolle wieder hochkocht und gleichzeitig der Männerbegriff durch Themen wie LGBTIQ enorm erweitert wird“, sagt er. Die breite Palette spiegelt sich in den sozialen Medien, wo genderfluide Influencer mit Mann-Frau-Klischees brechen und für eine #newmasculinity plädieren. Auf der anderen Seite erleben überholte Rollenbilder durch die „Alpha Male Bewegung“ eine Renaissance. „In diesem Spektrum seine Männlichkeit zu finden, ist für viele eine große Herausforderung“, sagt Schneebauer.
Hartnäckiges Ideal
Erstmals fällt der Männertag mit dem Auftakt eines Sport-Großereignisses zusammen, das seit jeher als Hort traditioneller Männlichkeit gilt: die Fußball-Weltmeisterschaft. Zwar machte David Beckham in seiner aktiven Zeit Zöpfchen und Nagellack salonfähig, das maskuline Ideal hält sich im Spitzensport aber besonders hartnäckig. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass in den 32 teilnehmenden Mannschaften kein einziger Spieler als homo- oder bisexuell geoutet ist.
„Im Leistungssport wird es uns Männern oft als Schwäche angerechnet, wenn wir unsere Gefühle preisgeben“, sagte der deutsche Nationalspieler Serge Gnabry in einem Interview mit dem Magazin GQ.
Eine Vorbildwirkung, die sich auf Junge überträgt: Dabei wäre es wichtig, dass sich Männer öffnen, sagt Schneebauer. In seinem Buch appelliert er an Geschlechtsgenossen, Verletzung zuzulassen und in „Männerrunden“ anzusprechen. „Dadurch merkt man, dass jeder seine Themen hat und all das männlich ist. Wenn dadurch mehr Sicherheit entsteht, können Männer offener sein für jene, die sich nicht so klar zuordnen wollen.“
Fakten
Aktionstag
Der Internationale Männertag wurde erstmals am 19. 11. 1999 in Trinidad und Tobago begangen. Er ist gekoppelt an den „Movember“, in dem auf Männergesundheit hingewiesen wird
Buchtipp
Richard Schneebauer: „Männerschmerz. Was Männer verletzt“, 220 Seiten, 22 €. Goldegg Verlag
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