Swarovskis Kristallwelten in Tirol: Das Glitzern im grünen Riesen
Seit 1995 findet sich in der Nähe von Innsbruck ein funkelndes Kunstmuseum, das seinesgleichen sucht. Kreiert von André Heller und gefüllt mit Werken von Warhol bis Turrell.
Seine imposanten Augen funkeln wie zwei Kristalle, er ist bedeckt von frischem Rasen und aus seinem Mund speit er Wasser – der "Grüne Riese" von Wattens ist in Tirol bestens bekannt. Es gibt hier kaum jemanden, den es noch nicht in sein imposantes Innere zog, in dem sich die sogenannten Wunderkammern der Swarovski Kristallwelten verbergen. Der außergewöhnliche Eingang sticht freilich sofort ins Auge. Seit der Eröffnung 1995 ist er eines der Wahrzeichen der Umgebung.
Wunderkammern
Kein Wunder, immerhin steckt ein wahrer Meister seines Fachs hinter der Idee. Niemand Geringerer als André Heller gestaltete damals zum 100-jährigen Firmenjubiläum das Kunstmuseum, das unter anderem einen großflächigen Garten, einen Shop und ein Restaurant beheimatet.
Die Geschichte hinter dieser Vision ist, dass eben dieser Riese in die Welt hinauszog, um sie mit all ihren Schätzen kennenzulernen und er sich anschließend in Wattens, am Firmenhauptsitz des Kristallimperiums, niederlässt, um über eben diese Schätze in seinen Wunderkammern zu wachen. Die Wunderkammern? Das sind die Räume in den Kristallwelten. Jeder Einzelne steht unter einem anderen Motto und in jedem wird Kristall auf eine unterschiedliche Art und Weise neu gedacht. Also jene geschliffenen Glassteine, die den Tiroler Familienbetrieb zu einem internationalen Imperium wachsen ließen. Konzipiert wurden sie nach historischem Vorbild. Ähnliche Wunderkammern findet man nämlich auch in alten Schlössern aus dem 16. Jahrhundert.
Blaues Wunder
In den insgesamt 18 Kammern glitzert es nicht nur, sondern man passiert auch Werke und Installationen von wahren Kunstgrößen aus der Vergangenheit und Gegenwart. So begegnet man gleich zu Beginn in der "Blauen Halle" Kreationen von Andy Warhol oder Salvador Dalí. Der Kammernname kommt auch nicht von ungefähr. Die Wände dort erstrahlen in dem Farbton "International Klein Blue". Ein Ultramarinblau, das vom französischen Künstler Yves Klein entwickelt und wofür er weltweit bekannt wurde.
Im Kristall
Ein weiteres Highlight ist der Kristalldom. Dieser kuppelförmige Raum beheimatet 595 Spiegel. Dadurch entsteht nicht nur eine unfassbare Tiefenwirkung, sondern gleichzeitig fühlt man sich, als wäre man mitten in einem überdimensionalen Kristall. Die passende Musik macht den Besuch schließlich zu einem besonderen Erlebnis für die Sinne, sie lässt viele Besucherinnen und Besucher staunen. Außerdem eignet sich der Kristalldom auch gut für das ein oder andere außergewöhnliche Erinnerungsselfie.
Modegeschichte
Die internationale Bedeutung Swarovskis im Entertainmentbereich wird in der nächsten Kammer deutlich. Unter dem Motto "The Art of Performance" werden zahlreiche Outfits aus Film, Musik und Sport ausgestellt, die unter der Beteiligung von Swarovski kreiert wurden. Eine beeindruckende Auswahl an Originalen und originalgetreuen Replikas, wie beispielsweise des legendären nudefarbenen Kleids von Marilyn Monroe, in dem sie John F. Kennedy ein Geburtstagsständchen sang und das erst letztes Jahr Kim Kardashian medienwirksam zur Met-Gala in New York trug.
Die glitzernden Elemente auf dem Kleid, das nachweislich Modegeschichte schrieb, stammen tatsächlich aus der Swarovski-Schmiede. Neben Andenken an Monroe und Marlene Dietrich finden sich auch Showkostüme von Superstars wie Elton John, Lady Gaga oder Beyoncé in dem Raum. Nicht nur für Fans ist die von Designer Michael Schmidt kuratierte Ausstellung sehenswert.
Es werde Licht
Und so wichtig Kostüme für das Showbusiness sind, so wichtig ist auch Licht für die Kristalle selbst. Denn nur durch dieses Zusammenspiel können wir ihr unwiderstehliches Funkeln bestaunen. Und das Licht ist es auch, das in der Wunderkammer namens "Umbra" die Hauptrolle spielt. In Szene gesetzt wurde der Raum von einem wahren Meister der Lichtinstallationen: James Turrell. Der US-Amerikaner ist bekannt dafür, Licht selbst als Hauptthema zu verwenden. "Es war an der Zeit, dass die Menschheit das Licht ebenso zu schätzen weiß wie Gold, Silber oder andere Dinge", hat er einst gesagt. In Wattens lässt sich diese Wertschätzung von Licht mit eigenen Augen nachvollziehen.
Von der Unendlichkeit
Schon zwei Räume weiter findet sich ein nicht minder interessantes Werk. Hier entwarf die berühmte japanische Künstlerin Yayoi Kusama einen ihrer berüchtigten Infinity-Mirror-Räume. "Meine Kunst stammt von Halluzinationen ab, die nur ich sehen kann", so die Künstlerin über ihre Arbeiten. Wie wunderschön diese Halluzinationen sein müssen, lässt sich in der Kammer "Chandelier of Grief", also "Kronleuchter der Trauer", erfahren. Hier offenbart sich eine unglaubliche Spiegelinstallation, deren Herz ein riesiger Kristallleuchter ist, der sich auch noch bewegt. Es wird zu einer Reise in eine scheinbar andere Welt.
Künstvoller (Irr)gang
Doch auch wenn sich in den Wunderkammern neue Welten erschließen, gibt es auch im Garten der Kristallwelten einiges zu entdecken. Auf mehreren Hektar finden sich zahlreiche Kunstwerke von regionalen und internationalen Bildhauern. Außerdem gibt es beeindruckende Klanginstallationen und einen liebevoll gestalteten Spielturm, in dem sich Kinder auf mehreren Ebenen austoben können.
Seit Beginn der Kristallwelten ist auch das hauseigene grüne Labyrinth, das von Gernot Candolini in Form einer Hand gestaltet wurde, ein echter Publikumsliebling. Hier haben so manche Besucherinnen und Besucher – ob jung oder alt – schon die Zeit vergessen.
Eine Reise durch die Zeit macht man hingegen auf dem Karussell von Jaime Hayon. Es ist ein wahrer Hingucker und könnte genauso gut einer Szene aus "Alice im Wunderland" entstammen. Der historische Look in Schwarz und Weiß wird abgerundet von unglaublichen 15 Millionen eingearbeiteten Swarovski-Kristallen. Nicht nur für Kinder ist eine Fahrt darin empfehlenswert.
Hier kommen also Kunstinteressierte, Architekturliebhaber und die ganze Familie auf ihre Kosten. Und am Ende funkeln sicherlich nicht nur die Kristalle, sondern auch die einen oder anderen Augen.
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