Blick auf den Faaker See mit Insel in der Mitte. Dahinter die Karawanken und der Mittagskogel

Faaker See: Karibik im Blick, Everglades im Schilf und Eis mit Hymne

Manche Seen sind einfach nur blau, der Faaker See ist türkis-blau. Dazu lockt die Region mit Radfreundlichkeit, der Kärntner Version der Everglades und gutem Essen.

Wie man sich unter Kärntner Touristikern unbeliebt macht? Man vergleicht den Faaker See wegen seiner türkisen Farbe mit dem Attersee. Großer Fehler. Denn erstens sei das südlichere Gewässer ohnehin „nicht vergleichbar“, wie man hier betont – und zweitens, natürlich, wärmer. Viel wärmer. Basta.

„Es ist schon sehr kitschig, dieses Türkis“, sagt Peter, der Kanu-Guide, und paddelt dabei seelenruhig über das Wasser. Und im Hochsommer, wenn sich die Mineralien im Wasser so richtig ins Zeug legen? „Dann wird’s noch kitschiger.“

Er steuert das Boot an einer Halbinsel vorbei in eine kleine Bucht, direkt hinein ins Schilf. Plötzlich: die Everglades! Also, die Kärntner Version. Ein schmaler Kanal schlängelt sich durch die Pflanzen, das Wasser darunter ist glasklar.

Ein Kanal schneidet sich durch ein Schilf. Stand-up-Paddler fahren durch.
©Kärnten Werbung

 „Am besten immer Taucherbrille, Flossen und Schnorchel mitnehmen“, rät Peter. Denn zwischen den Halmen tummeln sich Fische, Amphibien und Krebse – ein Unterwasser-Kleinod, wie gemacht für einen Biologie-Kurs.

Mit dem Mountainbike um den Faaker See

Wer den See aus einer anderen Perspektiven kennenlernen will, macht eine Radtour mit Raphael Marko. Er kommt mit E-Mountainbike, denn er hat einiges vor.

Sein Lieblingssee in Kärnten? Natürlich der Faaker. Warum? „Wegen der Farbe“, sagt er. Eh klar. 

Dass Marko das hier liebt, muss er nicht extra betonen – ein kurzer Blick auf seine Tattoos genügt: Auf seinem Unterschenkel prangen die Gipfel des Dobratsch und des Mittagskogel, letzterer erhebt sich direkt hinter dem See in dramatischer Vulkankulisse.

Und die Wadln sind muskulös – vom In-die-Pedale-Treten. „Lake.Bike“ nennt sich das Projekt, das Radeln rund um den Faaker See zur Bewegung mit Aussicht macht.

Ganz gleich, wohin man fährt – irgendwie ist der See immer im Blick. Mal wie ein vergessenes Karibikstück, das zwischen Wipfeln hervorbricht, mal als glitzernder Streifen hinter der nächsten Kurve.

Zur Burgruine Finkenstein radeln

Die besten Ausblicke gibt es von der Taborhöhe, wo auch eine Hütte und ein Hochseilgarten stehen. Oder von der Burgruine Finkenstein. Und von der Baumgartnerhöhe, Ausgangspunkt für unzählige Trails – locker-flockig oder fordernd, für Einsteiger, Draufgänger oder beides.

Ein Mountainbike-Fahrer mit Helm hüpft über Kamelbuckeln.
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Sprünge, Stege, Steilkurven auf Wiesen und zwischen Bäumen – der Trailpark ist kein Spielplatz, sondern eine gepflegte Wildnis. Marko und seine Frau kümmern sich darum, dass die Strecken in Schuss bleiben. Und das gehört dann auch ausprobiert. „Stehen. Hintern nach hinten. Pedale waagrecht zum Boden halten, Knie und Ellenbogen beugen“, empfiehlt er, sonst wird es ruppiger, als einem lieb ist.

Das mysteriöse Tal der Gesetzlosen

Etwas weniger adrenalingetränkt, aber dafür umso mystischer ist das „Tal der Gesetzlosen“, das Raphael Marko auch gerne ansteuert. Erkennbar an einer Ortstafel mit der Aufschrift: „Komm wieder ins Tal der Gesetzlosen“. Ein Name wie aus einem Western, und tatsächlich ranken sich rund um diese stille Senke Geschichten von Schmugglern, Wilderern und finsteren Nächten.

Die Staatsgewalt soll hier, wie die Kleine Zeitung berichtete, nach einem gewilderten Tier gesucht, es aber nicht gefunden haben. Eine Frau soll das tote Tier im Kinderwagen davongeschoben haben. „Wir haben hier nichts zu tun“, soll ein Gendarm gesagt haben.

Mehr zu holen gibt es beim „Millonig“. Mitten im Nirgendwo verkauft das Lokal ein Softeis, das es zu beträchtlichem Ruf geschafft hat. Wer in der Region radelt, wandert oder lebt, kennt es. Auch an Wochentagen ist am frühen Nachmittag etwas los. Das Eis ist so legendär, dass es schon in einem volkstümlichen Umtamta-Song der Truppe „Combo“ besungen wurde: „Oba hetzan nix wie ham und eine in die Radlkluft, I schmeck schon diese Süße, i riach schon diesen Duft. Es is nit weit zum Glück, zum guatn Eis vom Millonig!“

Pro Tag sind nur wenige Sorten im Programm. Bestellt wird draußen, ganz unspektakulär. Die Mitarbeiter verschwinden im Lokal – und kehren zurück: Kein überladenes Instagram-Eis mit Streuseln und Konfetti, sondern zart und schlicht. Ein Softie mit Charakter.

Die legendären Salatdressings im Hotel

Nach all dem Abenteuer auf zwei Rädern und in der Natur gibt es einen Ort, an dem man die Muskeln entspannen und den Tag in aller Ruhe ausklingen lassen kann – das Hotel „Karnerhof“. Ein großzügiges Haus mit einem Spa, das mehr an Wellness-Tempel erinnert, dazu einen Infinitypool mit Blick auf den See. 

Es gibt einen großzügigen hauseigenen Strand mit schmuckem Bootshaus, Steg und Seesauna. Bevor es zum mehrgängigen Dinner geht, ist ein Halt an der Salatbar Pflicht: Senior-Chef Hans Melcher persönlich mariniert die Blätter – je nach Wunsch mit Kernöl, Nussöl, Olivenöl und jeder Menge Hingabe. „Meister des Dressings“, heißt er hier.

Blick von oben auf den Strand des Hotels Karnerhof und das Wasser des Faaker Sees.

Der Badestrand des Hotels Karnerhof mit schmuckem Bootshaus, Steg und Seesauna – und schönen Farben.

©Karnerhof

An der Hotelbar trifft man Einheimische, die das Leben hier prägen. Zum Beispiel Hannes Tschemernjak, der Gastgeber des legendären Wirtshauses „Der Tschebull“, das als eines der besten Kärntens gilt. Sein Vater war in den 70ern ein echter Pionier: „Bevor Regionalität zum großen Trend wurde, hat er Gastronomie und Landwirtschaft miteinander verknüpft“, sagt er. Die Zutaten kamen aus der Nähe. „Dazu haben wir nie in politischen Grenzen gedacht.“

Der Tschebull mit Wolfgang Puck bei den Oscars

Der „Tschebull“ gilt als wegweisend in der Alpe-Adria-Cuisine und vereint Produkte und Gerichte aus Italien, Slowenien und Kärnten. „Die Region hat hier immer zusammengehört.“ Bekannt ist das Wirtshaus für Apfelknödel in Mostsauce oder die Topfenhaluschka mit Grammeln.

Ein Koch vor einer Tafel, auf der die einzelnen Teile eines Rinds aufgezeichnet sind.

Hannes Tschemernjak, der Gastgeber des legendären Wirtshauses „Der Tschebull“.

©Priva

Und natürlich die Cremeschnitten, die es zu besonderen Anlässen gibt. Die Eltern des Kochs Wolfgang Puck liebten die Delikatesse. So lernte Tschemernjak auch den Koch-Star kennen, der ihn einlud, mit ihm das alljährliche Oscar-Menü in Los Angeles zu kochen. „Ich bin seit 1987 dabei und der Dienstälteste in der Küche.“

Nicht nur Kasnudeln kommen aus Kärnten

Wer in Kärnten unterwegs ist, kommt an einem nicht vorbei: Kasnudeln. Gefüllt, gefaltet, gedrückt – und natürlich „gekrendelt“. Aber am Faaker See hat auch die ganz normale Nudel ihre Heimat – und das seit Generationen. In der Finkensteiner Nudelfabrik wird seit fünf Generationen geknetet, gewalzt und getrocknet, was der Grieß hergibt. Das Produktionsgebäude liegt etwas abgelegen, aber wer den Weg – wie so viele – findet, wird im benachbarten Marktcafé belohnt: mit hausgemachten Pasta-Kreationen, frischen Saucen, bunten Pestos – und mit Portionen, bei denen man besser nicht vorher gegessen hat.

Fragt man die Einheimischen, wo es hier gutes Essen gibt, könnte die Antwort überraschen: am Campingplatz. Ja, richtig gehört. Rund um den Faaker See gibt es mehrere davon – und immerhin jede vierte Übernachtung in Kärnten findet auf so einem Platz statt. Dementsprechend vielfältig sind die Campingplätze. Einer etwa hat vor der Einfahrt eine schnörkelige Fassaden-Kulisse aufgebaut, die aussieht, als käme sie direkt aus einem Potemkinschen Dorf. Davor liegt die berüchtigte Turbo-Kurve. Ja, die Turbo-Kurve! Auch 2025 zieht sie immer wieder PS-Freaks an, die dem GTI-Treffen am nahen Wörthersee hinterhertrauern.

Bei diesem Campingplatz gibt es legendäre Pizza

Nur ein paar Meter weiter verändert sich das Bild schlagartig – hier wirkt die Welt wieder ganz anders. Beim „Strandcamping Gruber“ warten eine große Liegewiese und ein Lokal mit Seeblick: „Bei uns ist alles frisch“, versichert Leiterin Martina Skrube. Und: „Wir haben die Pizza vom Pizzaweltmeister 2016.“ Grubers Mann und der Koch des Hauses haben sich in Udine vom Meister selbst unterrichten lassen – ein Kurs beim damaligen Weltchampion, die Machart seither heilig. 

Es gibt sogar einen Pizza-Pick-up. Wer mit Boot oder SUP-Board kommt, kann hier anlegen und die Pizza mitnehmen. Nur aufpassen, dass das gute Stück nicht baden geht. Sonst füttert man die Fische.

Zwei Kajakfahrer paddeln bei tiefstehender Sonne über den See.

Mit dem Kajak über den See zu fahren, ist gerade am Morgen und Abend schön.

©Kärnten Werbung

Andere fangen sie lieber. Fischerkarten und -kurse gibt’s beim Strandcamping Gruber nämlich auch – samt Fachwissen von Karl Gailer. Er ist Aufsichtsfischer am See. Dieses Wasser, sagt Gailer, ist nicht nur schön anzusehen, sondern auch in Topform: „Alle 1,8 Jahre erneuert der See sein gesamtes Wasser.“ Dazu ist er Habitat für 22 Fischarten. Darunter echte Raritäten. „Wir haben hier eine autochthone Reinanke, die stammt noch aus der Eiszeit“, erzählt er. Auch die kapitale Seeforelle fühlt sich hier wohl – und Gailer kümmert sich aktiv um ihren nachhaltigen Bestand.

Kuriose Fakten. Wussten Sie, dass …

  • ... der Faaker See im Privatbesitz ist? Ludwig Wittgenstein,  der Onkel des gleichnamigen Philosophen, vermachte ihn der jetzigen Besitzerfamilie.
  • … in einem  Kreisverkehr in Faak am See eine vier  Meter hohe Stahlskulptur einer Harley Davidson mit Fahrer steht? Sie  steht für die jährliche Bike Week.
  • … sich Dagmar Koller in einer Folge von „Ein Schloss am Wörthersee“ als Nina-Hagen-Double in die Burgarena Finkenstein einschmuggelte?  

Sogar das Fliegenfischen ist am Faaker See möglich – mitunter in Begleitung von Gästen, die von weit herkommen. „Es kommen auch Amerikaner“, sagt Gailer. Wobei es denen oft gar nicht so sehr um den Fang geht. Eher um das Erlebnis an sich oder ums Knüpfen der Fliegen. Auch echte Insekten begeistern: „Skandinavier sagen oft: Diese Libellen sehen wir bei uns nicht mehr.“

300 Zitrusarten wachsen im Zitrusgarten Faak am See

Auch anderswo herrscht Begeisterung: „Einzigartig in Österreich!“, sagt Michael Ceron, ohne falsche Bescheidenheit über seinen Zitrusgarten in Faak am See. „Wo sonst gibt es 300 Sorten Zitrusgewächse aus aller Welt in Bio-Qualität zu kaufen – die in Österreich gewachsen sind?“ Gute Frage. Seit 1995 pflegt der kernige Kärntner seine Pflanzen. Was wir sonst unter Zitrone verstehen – grell, sauer, ein bisschen gemein – ist laut Ceron eigentlich nur ein halbes Aroma.

 Handelsübliche Früchte werden meist unreif verkauft. „Dabei kann man Zitronen wie Äpfel essen.“ Samt Schale. „Je reifer, desto milder“, sagt er, während er Schmäh führend durch sein duftendes Zitronenlabyrinth führt. Dort hängen auch Exemplare, die so groß sind wie eine ganze Hand. Bis eine Pflanze verkaufsfertig ist, dauert es zehn bis fünfzehn Jahre. Ein besonders prachtvolles Exemplar kann locker über 20.000 Euro kosten.

Der Gärtner hält zwei Zitronen in der Hand, die größer sind, als Grapefruits.

Bei Michael Ceron gibt es jede Menge Zitronen  

©AmpulsVerlag/Prokop

Früher, sagt Ceron, gingen seine Zitrusfrüchte an die Topküchen Wiens. Heute beliefert er nur noch zwei Auserwählte: Hubert Wallner am Wörthersee und das sardische Lokal „Terra Sarda“ am nahen Aichwaldsee. Der Rest wird zu Salzzitronen, Limoncello, Schokolade. Wer vorbeischaut, darf kosten.

Ein Ort in Zitronengelb. Und in der Nähe schimmert wieder das Türkis des Sees.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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