Kurpark Oberlaa

Ihr wart noch nie in Oberlaa? Weites Land am Wiener Stadtrand

Wo der Stadtteil aussieht wie ein Dorf und was das Schönbrunn des 20. Jahrhunderts ist.

Die Wiener Therme, deren warmes Wasser Paare in Außenbecken in Wallung bringt, während Kinder drinnen rutschen. Hübsch anzusehende Süßigkeiten aus der Kurkonditorei, die auch toll schmecken. Das gibt es in Oberlaa und das ist in ganz Wien bekannt. Der Teil Favoritens selbst ist jedoch vielen Wienerinnen und Wienern fremd. Und das, obwohl seit 2017 die U1 dort endet und die Fahrt vom Stephansplatz gerade einmal 15 Minuten dauert.

Steigt man dort aus der U-Bahn und geht nicht nach links, Richtung Therme und Kurpark, wo es nach fauligen Eiern riecht, sondern geht nach rechts, an neugebauten Wohnblöcken vorbei, sieht es nach wenigen Minuten aus wie auf dem Land. Niedrige Häuser, viele Felder. Und wie es sich für ein Dorf gehört, hat Oberlaa sogar einen eigenen Musikverein, der in trachtiger Uniform und mit Blasinstrumenten aufmarschiert. Mit einem Plakat wirbt er um unterstützende Mitglieder. Zwischen den Häusern eröffnet sich ein Blick auf weite Felder. 

Verschwindet das Dorf?

Doch die ländliche Idylle wird durchbrochen, das Grün endet an großen Hallen. Hinter dem Dorf ragen Hochhäuser in die Höhe - größer als der Kirchturm. Das ursprüngliche Ortsbild hat sich verändert, viel Boden wurde versiegelt. "Seit der Verlängerung der U1 gibt es Pläne der Wiener Stadtregierung, die die Zukunft unserer noch immer sehr dörflichen Gebiete Oberlaa, Unterlaa und Rothneusiedl mit all ihren Feldern, Wiesen und Weingärten, mit der Therme und dem Kurpark nicht gerade rosig aussehen lassen", schreibt die Initiative "Lebensraum Oberlaa" auf ihrer Homepage. Nach und nach würden landwirtschaftliche Flächen aufgekauft und zu Bauland umgewidmet. Für ein Dorf wird die U-Bahn nicht gebaut werden.

Bürgerinitiativen machen ihren Unmut über die Verbauung in Oberlaa Luft.

©Daniel Voglhuber

Aber es gibt Teile, die haben sich (noch) ihre Ursprünglichkeit bewahrt - etwa wenn man Richtung Rothneusiedl geht. Manchmal sieht es hier noch so aus, wie man sich Teile Niederösterreichs bis in die 1980er vorgestellt hat. Alte Guts- und Hofgebäude mit Rissen in der Fassade. Bis 1938 waren Oberlaa und Rothneusiedl auch Teile Niederösterreichs, sie wurden 1938 nach dem "Anschluss" von den Nationalsozialisten "Groß Wien" zugeschlagen. Sie blieben nach Ende des Zweiten Weltkriegs eingemeindete Orte der Bundeshauptstadt.

Alte Gebäude und viel Stille gibt es, geht man in Richtung Rothneusiedl.

©Daniel Voglhuber

Ein besonders markantes Gebäude mit viel Backstein ist der "Zukunftshof Rothneusiedl", der am stillen Rand der Stadt liegt. Aber da ist es in wenigen Jahren mit der Ruhe vorbei. Dieser soll bis 2045 im Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl ein Leuchtturm-Projekt für eine moderne Stadt-Landwirtschaft und ein Grätzel-Treff werden. Kunst- und Kulturveranstaltungen, Hof-Führungen und Workshops werden hier jetzt schon angeboten. Und auch Urban-Farming gibt es bereits.

Der "Zukunftshof" Rothneusiedl ist markant und soll ein Grätzel-Zentrum werden.

©Daniel Voglhuber

Im Umkreis des Zukunftshofs residiert das Liebkind der Wiener Gastronomie, Andreas Gugumuck. Der Mann mit der Schiebermütze ist Österreichs  prominentester Schneckenzüchter, er hat die Tradition der "Wiener Auster" wiederbelebt. Seine Tiere sorgen in Gourmet-Restaurants und Bobo-Lokalen für angespannte Gesichter beim Herauspulen aus dem Haus  - und später für ein freudiges Mhm. In seinem Bistro kredenzt er Köstlichkeiten der langsamen Tiere. Wenn es warm wird, ist die  Pop-up-Gartenbar ein Foodie-Hotspot. Und im Hofladen verkauft er Schammerlbeuschel, -gulasch oder -sugo. Was er dafür braucht, kommt aus dem eigenen Garten - oder von seinen Kollegen aus der Nachbarschaft.  

Andreas Gugumuck züchtet und verarbeitet Schnecken.

©Felix Mayr/Gugumuck

Wer von dort zurück in Richtung Oberlaaer Ortszentrum am Liesingbach mit seinen Schotterbänken entlanggeht, kommt zu alten Heurigen, die so sind, wie man sie sich vorstellt: urig, bodenständig, unprätentiös. Allzu viele  gibt es aber nicht mehr. Dabei war Oberlaa einst als Heurigen-Ort bekannt, schon die Römer haben hier Wein angebaut. Viele Häuser hatten früher ein paar Wochen im Jahr ausgesteckt. Als Institution gilt der Heurige vom Weingut Franz Wieselthaler. Der Betrieb mit rustikaler Einrichtung, dichter Laube und alten Stallungen hat in jedem ungeraden Monat geöffnet. Die Buschenschank Manhardt empfängt das ganze Jahr über Gäste.

Die meisten Weingärten liegen östlich vom Kurpark Oberlaa, am Abhang Richtung Zentralfriedhof. Auf 25 Hektar wird aktuell Wein angebaut, allerdings sind noch einmal so viele Hektar für den Weinbau gewidmet. Laut Wiener Landwirtschaftskammer gibt es im Gegensazt zu den meistern anderen Weinbauorten Wiens in Oberlaa noch Wachstumspotenzial.

Kurpark als neues Schönbrunn

Von den Weinhängen ist es nicht weit in den rund 61 Hektar großen und sehr hübschen, hügeligen Kurpark Oberlaa, der bis zur Per-Albin-Hansson-Siedlung reicht. Diese Anlage mit 50-Meter-Höhenunterschied wurde für die Internationale Gartenausstellung 1974 angelegt, sogar eine Einschienenbahn verkehrte darin. Das Gelände war im 19. Jahrhundert für die Ziegelgewinnung genutzt worden. In den 20ern war es Drehort für Monumentalfilme. Besonders opulent war der dreistündige Stummfilm "Sodom und Gomorrha" aus dem Jahr 1921. In den 30ern verwilderte das Gelände. Bei der Eröffnung der Gartenschau in den Siebzigern bezeichnete Kanzler Bruno Kreisky dann den Park als "Schönbrunn des 20. Jahrhunderts". Die Nymphen sind in Oberlaa auch mit der Zeit gegangen - ihre Statuen nicht mehr ganz so filigran. 

Kurpark Oberlaa

Die Skulptur "Quellenymphen" im Kurpark Oberlaa vom Künstler Rudolf Schweiger

©Daniel Voglhuber

Und auch sonst gibt es im Park einiges zu entdecken - einen japanischen Garten etwa. Schön ist auch der Rosenberg, wenn es wieder warm wird, mit seinen 2.400 namensgebenden Blumen.

Zum Abschluss eines Spaziergangs ist ein Besuch der Konditorei Oberlaa Pflicht, auch wenn es sie schon an vielen Orten der Stadt gibt. Aber hier ist sie halt original. Grandios sind die Punschkrapfen, deren Teig im Inneren anders als bei vielen ihrer Artgenossen innen nicht braun, sondern eher weiß-gelblich ist. Da kann der Bekannte, der stets feierlich und laut ankündigt, nun einen Kärntner Sozialdemokraten zu verzehren, seinen Schmäh nicht mehr anbringen. Nichts mehr mit: außen rosa, innen braun und immer unter Alkohol.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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