
Genf Reise-Highlights: Friede, Freude & Fondue in 4 Tagen
190 Nationen, 250 NGOs und 38-Euro-Schokomandeln – Genf ist die angeblich kleinste Großstadt der Welt und steht heuer mehrfach im Fokus.
Überblick
Der Flughafen Genf wird von Wien aus täglich – teils mehrfach – angeflogen, das Stadtzentrum ist nur vier Kilometer entfernt.
Der Clou: Wenn man eine Unterkunft in Genf bucht, gibt es die digitale "Geneva Transport Card" dazu. Damit kann man den öffentlichen Nahverkehr in Genf kostenlos nutzen.
Alternativ führen sowohl Zug- als auch Autoanreise durch eine malerische Landschaft.
Über die Stadt, ohne die New York angeblich nicht existieren würde, schreibt Nicola Afchar-Negad.
Es hat schon etwas Erhabenes, wenn man vor dem Palais des Nations steht. Vor einem wehen die Flaggen der UN-Nationen, sie bilden ein gedankliches Spalier für den Weltfrieden und die Menschenrechte.
Die Fahnen sind ein starkes Symbol, halten die Stellung, wenn die Welt mal wieder ins Taumeln gerät. Man betrachtet hier das große Ganze ein bisschen aus der Entfernung und fühlt sich doch berührt von einer Idee, die heute wichtiger zu sein scheint, als je zuvor.
Hinter einem: der zwölf Meter hohe und über fünf Tonnen schwere "Broken Chair", ein überdimensionaler roter Holzsessel, der Österreicher zwangsläufig an eine große Möbelkette erinnert. Nur: Diesem hier fehlt ein Bein, als Erinnerung an die Landminen-Opfer und als Mahnung, etwas dagegen zu tun. 2024 setzten Aktivistinnen einem der drei verbliebenen Beine mit einer Kettensäge zu, der Sessel blieb stehen.
Das Ensemble am Platz wird komplettiert durch zig scheinbar tanzende Wasserfontänen, die für den Betrachter einen anderen Aspekt der "Stadt des Friedens" aufzeigen. Denn Genf ist auch die Stadt am Wasser – ein See, zwei Flüsse –, die der hohen Lebensqualität, des Savoir-vivre, das hier auf das Savoir-faire trifft, also das handwerkliche Können, Stichwort Uhren.
Genau das ist auch oft das Einzige, das man über Genf weiß. Vielleicht noch, dass Kaiserin Sisi hier ermordet wurde. Selbst für die Schweizer liegen Kanton und Stadt Genf so weit weg vom Schuss, dass man sich lieber ins mediterran angehauchte Tessin staut, als an den glasklaren Genfer See zu reisen.
Fast komplett umgeben von Frankreich, die Grenze nur vier Kilometer entfernt, gehört man zwar zur neutralen Schweiz, aber ist doch irgendwie in einer eigenen Welt. Was soll man auch in einer Stadt, die den Diplomaten aus 190 Nationen zu gehören scheint?

Frühling, komm: Am Place du Bourg-de-Four mitten in der Altstadt treffen sich Einheimische und Touristen
Prestige und Präzision
Tatsächlich wäre da so einiges, insbesondere 2025. Die "UEFA Women’s EURO" im Juli zum Beispiel – leider ohne österreichisches Team. Der "Rolex Sail Grand Prix" im September – und noch viel früher die "Watches and Wonders"-Uhrenmesse Anfang April.
Gefühlt überall in der gut 220.000-Einwohner-Stadt springen einem riesige Uhrenplakate entgegen. Patek Philippe hier, Rolex da – nicht nur die Werbungen sind überdimensional, das Thema an sich ist es, eine über 500 Jahre zurückreichende Tradition legitimiert das auch.
Kürzlich erst hat die erste Kollektion aus dem Hause Patek Philippe seit 25 Jahren für einen Aufschrei unter Sammlern geführt (weil: das Gehäuse war quadratisch) und die Messeleitung verspricht mehr Aussteller denn je – spannend: Es wird auch Workshops über die Stadt verteilt geben. Die Zeitmesser sind ein sensationeller Gradmesser für die Dualität (man könnte auch sagen Diplomatie) Genfs.
Auf der einen Seite kümmern sich 250 NGOs (also non governmental organisations) um Menschenrechte und Frieden, also gerade auch den Teil der Weltbevölkerung, der es am schwersten hat. Auf der anderen Seite präsentiert die Stadt Luxus, Prestige und Präzision.
Adrien Genier, CEO von Genf Tourismus, will das so aber nicht stehen lassen. "Genf ist nach wie vor ein sehr gehobener, aber dennoch bescheidener Ort, an dem jeder willkommen ist und respektiert wird."

Am Ufer des Genfer Sees: die stylischen Saunen in La Banquise mit Fontäne im Blick
Genier spricht von Schweizer Grips und Pünktlichkeit und wirbt für die "einzigartige Landschaft", die er auch gleich skizziert: "Der See, die Berge des Jura und die Mont-Blanc-Kulisse sowie die malerischen Weinlandschaften, die man in nur wenigen Minuten erreicht."
Tatsächlich wird Genf vom Wasser regiert – in einem für eine Binnenstadt ungewöhnlichen Ausmaß. Der frische, etwas mineralische Geruch, den auch Genier erwähnt, durchtränkt die Menschen auf den Promenaden. "Stärke und gleichzeitig Gelassenheit" verströme er, sinniert der Tourismus-Profi und tatsächlich liegt die Überlegung nahe, dass der Genfer See, der zweitgrößte Mitteleuropas, die Grundstimmung in der Stadt lenkt.

Von Elementarteilchen: Die Europäische Organisation für Kernforschung liegt in Cern – vor den Toren der Stadt Genf
Genf mag nicht die allerruhigste Stadt sein – etwa im Vergleich zum nahe gelegenen Lausanne –, aber doch fließt alles in geordneten, beschaulichen Bahnen.
Auf dem Wasser tuckert die Belle-Epoche-Flotte, am neuen Strand von Eaux-Vives sieht man sogar im Winter Badende und der "Jet d’Eau" (also Wasserjet) sorgt insbesondere bei Dunkelheit für ein fotogenes Spektakel.
Eine grandiose Sicht auf den 140 Meter hohen Wasserstrahl (in den unlängst tatsächlich jemand seinen Kopf reingesteckt hat) hat man von den Saunen in Banquise (noch bis 6.4.), die ebenfalls zum Stadtteil Eaux Vives gehören.
Auch Axt-Werfen kann man hier – wer’s mag.
Ich packe in meinen Koffer …
… Mary Shellys Roman Frankenstein, sie hat ihn hier geschrieben. Sie war damals erst 19 Jahre alt und verbrachte im "Jahr ohne Sommer" (1816) viel Zeit in Genf.
… Badesachen – und zwar egal in welcher Jahreszeit. Im Genfer See wird auch bei Kälte geschwommen und bis Ende April gibt’s am Ufer Panoramasaunen.
… Tabletten gegen Magenverstimmung – bei gar zu viel Käsefondue und Malakoffs.
Der offizielle Kastanienbaum muss blühen: Dann startet der Frühling
Im Voll-Frühling und Sommer machen die Saunen weniger Sinn, dafür der Drink in der Hand, wenn man an der Promenade du lac Léman die geglätteten Wogen auf sich wirken lässt. Der Frühling in Genf beginnt, wenn der einzige "offizielle Kastanienbaum" von La Treille anfängt zu sprießen. Kein Witz, sondern ein entzückendes Detail, eine Tradition, die seit 1818 besteht.

Nein, das ist nicht XXXLutz. Der "Broken Chair" am "Platz der Nationen" macht auf Landminen-Opfer aufmerksam.
©Getty Images/saiko3p/istockphotoIm Frühling, wenn die Menschen wieder besonders gern durch die mittelalterliche Altstadt strawanzen. Wenn sie den Blick von der Kathedrale Saint-Pierre de Genève auf Instagram posten, in Carouge (das "Greenwich Village" Genfs) oder im Quartier des Bains (viele der Galerien werden heuer renoviert) das hippere Genf entdecken oder ihre orange leuchtende Packung "Amandes Princesses" spazieren tragen.
Die besten Schokomandeln der Welt! Und die teuersten?
Diese Schokomandeln von "Auer Chocolatier" am Place du Molard gelten als die besten der Welt – der Preis für die süßen Dinger ist aber gesalzen. 250 Gramm um 36 Schweizer Franken, also gut 38 Euro.

Fahrt auf dem Fluss: Die Rhone fließt durch den Genfer See
©Getty Images/Denis Linine/istockphotoSelbst für die UN arbeiten
Genf ist teuer, besonders für Nicht-Genfer. Egal, ob Fondue (Café du Soleil!), Longeole (eine traditionelle Rohwurst, serviert mit Salzkartoffeln und Linsen) oder das kleine Bier – es tut schon weh, was man dafür hinlegen muss.
Aktuell noch nicht bekannt: der Eintritt, den man für das neue UN-Besucherzentrum "Portail des Nations" zahlen muss, das im Juli eröffnet wird. Die Macher haben jedenfalls verstanden, wie man die heutigen Generationen für die humanitäre Tradition der Stadt begeistern muss.
So können Besucher in die Rolle des ständigen Vertreters eines Landes schlüpfen, über Resolutionen abstimmen und sich so mit der tagtäglichen Arbeit identifizieren. Ein "immersives Erlebnis", wie es so schön heißt. Auf Bildschirmen werden in "real-time" die Flüchtlingsströme visualisiert.
Kuriose Fakten. Wussten Sie, dass ...
… Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), in Genf geboren wurde und auch hier aufwuchs? Sein Geburtshaus kann man heute besuchen.
… in Genf die längste Holzbank der Welt steht? Sie ist 126 Meter lang und erstreckt sich über die gesamte Promenade de la Treille.
… in Genf – konkret in Cern (Kernforschung) – das World Wide Web erfunden wurde?
Für Ivan Pictet, Ex-Vorsitzender des "UN Pension Fund Investment Committee", würde "New York ohne Genf nicht existieren" und das Europa-Hauptquartier wird oft als eine Art Dynamo der UN verstanden. Man könnte sagen: Ähnlich wie bei den Uhren sind Genfs innere Werte über alle Zweifel erhaben, und ähnlich wie beim Käse-Fondue lohnt es sich, unter der Oberfläche zu kratzen.
Genfer wissen: Die Käsekruste am Boden des leer gegessenen Topfs ist das Nonplusultra.
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