Frau sitzt mit Kaffee am Fenster

Was es mit Post-Konzert-Amnesie auf sich hat

In Amerika häufen sich die Berichte von Taylor Swift-Fans, die sie sich nach dem Konzert nicht mehr an die Show erinnern können. Was dahinter steckt.

In den amerikanischen Nachrichten liest man vermehrt von Personen, die davon berichten, sich nach einem Konzertbesuch nicht mehr an den Auftritt erinnern zu können. Schnell wurde auch ein Begriff dafür gefunden, "Post-Konzert-Amnesie". Doch hinter dieser Bezeichnung versteckt sich kein wirkliches Vergessen. Viel mehr hat es andere Gründe. Welches es sind, erfahrt ihr hier.

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Was euch erwartet:

  • Wissenschaftliche Annahmen
  • Das sagt ein Professor für kognitive Psychologie
  • Warum Vergessen wichtig ist

Wissenschaftliche Annahmen

Die Hauptannahme für dieses Vergessens geht davon aus, dass Konzertbesucher zu aufgeregt sind, um sich daran zu erinnern und dass ihre Erregung zu groß ist, um das Konzertgeschehen mitzuerleben. Es wurde ein Vergleich mit dem Grad der Erregung angeführt, den man empfindet, wenn man vor einem Bären davonläuft. Das Gedächtnis wird also aufgrund erregender Ereignisse, die einen Komplex physiologischer Reaktionen auslösen, beeinträchtigt.

Eine zweite Erklärung ist die Tunnelung der selektiven Aufmerksamkeit aufgrund des "Waffeneffekts". Dieser wird so genannt, da er auftritt, wenn eine Waffe auf uns gerichtet ist. In diesem beängstigenden Moment konzentrieren wir uns ganz auf die Gefährdung und nehmen umliegende Informationen nicht wahr.

Das sagt ein Professor für kognitive Psychologie

Doch warum vergessen die Menschen nun die Live-Auftritte, wo weder ein Fluchtzwang, wie beim Bärenangriff, noch eine andere Gefahr, wie beim Waffeneffekt, besteht?

Der häufigste Grund ist laut Robert Kraft, einem Professor für kognitive Psychologie an der Otterbein University, dass wir uns darauf konzentrieren, die Welt zu erleben – dadurch vergessen wir. So geht es laut dem Wissenschaftler nicht darum, uns an Ereignisse im Leben zu erinnern, sondern sie zu erleben und zu verstehen.

Situationen, in denen wir unsere Aufmerksamkeit auf das Erinnern konzentrieren, sind tatsächlich sehr begrenzt, so Kraft. Etwa beim Vorbereiten einer Präsentation oder beim Lernen für eine Prüfung. Im Alltag hingegen konzentrieren wir uns nicht darauf, uns an das zu erinnern, was wir tun. Wir können uns auf das Erinnern zwar konzentrieren, aber das würde die Aufmerksamkeit vom Genuss ablenken. Das heißt, was bei einem Konzert passiert, zu vergessen, ist eine normale Reaktion darauf, das Leben voll zu genießen.

Warum Vergessen wichtig ist

Auch wenn Vergessen eher negativ behaftet ist, hat dieser Vorgang ein eigenes System, denn es klärt unsere Wahrnehmung der Welt und ermöglicht uns, neue Dinge zu sehen und die Welt besser einzuschätzen – ohne durch Erinnerungen belastet zu werden.

Ebenso ermöglicht uns das Vergessen, uns zu konzentrieren. Es verhindert, dass Erinnerungsbilder zu lange im Bewusstsein bleiben, wo sie ablenken. Das heißt, es unterbricht das Eindringen der Erinnerungen und versetzt uns mehr in den Wahrnehmungsmoment, wo wir die Freuden der Gegenwart genießen können.

Über Janet Teplik

Digital Producer bei freizeit.at. Nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte zog die gebürtige Deutsche nach Wien und studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Zuletzt war sie stellvertretende Chefredakteurin bei der MG Mediengruppe.

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