Glücklich trotz Krisen: Eine Expertin erklärt, was hilft
Die Psychologin Melanie Hausler über kleine Glücksmomente und wie man das Krisen-Jahr mit einem guten Gefühl zu Ende bringt.
Gerade in herausfordernden Zeiten sollte man bewusst den Blick für das Gute schärfen, sagt die Glücksforscherin und Psychologin Melanie Hausler. Mit dem KURIER sprach sie über Resilienz, Weihnachten und „Mini-Urlaube“ im Alltag.
Melanie Hausler: In sich hineinspüren und auf die eigenen Bedürfnisse schauen. Was habe ich die vergangenen Jahre zu Weihnachten gemacht, hat es mich zufrieden gemacht oder mache ich es nur, weil es alle machen? Darf ich es auch einmal anders machen als der Mainstream, weil es ein lautes, volles Jahr war und ich Zeit für mich brauche? Das ist eine Frage, die ich in der psychologischen Praxis oft erlebe. Und da sage ich aus psychologischer Sicht ganz klar: Ja, unbedingt auf das Bauchgefühl achten. Es muss nicht immer so ablaufen wie in den Hollywoodfilmen.
Diese Krisen machen natürlich mit uns allen etwas und nahmen viel Raum ein, da sie ja auch medial sehr stark vertreten waren. Diese Ereignisse können eine Bandbreite an unangenehmen Gefühlen auslösen, was erst einmal vollkommen normal ist. Es ist wichtig, hinzuspüren und diesen Gefühlen Raum zu geben. Was macht das mit meinem Leben, mit meiner Gesundheit, der Gesellschaft? Was brauche ich, um das jetzt gut bewältigen zu können? Problematisch wird es, wenn sich die Ängste stark verallgemeinern oder ich mich dauerhaft bedroht fühle. Dann wäre es sinnvoll, sich psychologisch beraten zu lassen.
Resilienz ist die innere Widerstandsfähigkeit, also auch eine gewisse Krisenfähigkeit. Ich finde ja persönlich das Bild von einem Känguru toll, deswegen auch der Titel von meinem Buch, „Glückliche Kängurus springen höher“. Ich kann mich entscheiden: Wenn mich etwas in die Knie zwingt, dann kann ich entweder dem Druck nachgeben, umfallen und verzweifeln, oder ich kann die Position nutzen, um kraftvoll Schwung zu nehmen und dadurch umso höher zu springen - wie ein Känguru.
Sie erleben ebenfalls Krisen, nur der Umgang damit ist anders. Eine wirkungsvolle Möglichkeit, Resilienz zu trainieren, ist das Fördern positiver Gefühle. Es ist nicht alles schwarz oder weiß, gut oder schlecht. Die negativen Dinge nehmen wir automatisch wahr, die positiven geraten, wenn wir im Stress sind, in den Hintergrund. Wenn ich meine Wahrnehmung ganz gezielt trainiere und sie mehr auf positive Aspekte und Wachstumschancen lenke, steigere ich damit auch meine Resilienz.
Das kann grundsätzlich alles sein, wenn ich es positiv bewerte. Wir sprechen jetzt vom Wohlfühlglück, das sind alle Momente, die mit guttun. Die Klassiker sind Hobbys oder Genussmomente. Etwas Leckeres essen, eine heiße Dusche, wenn man aus der Kälte kommt. Den Blick darauf schärfen kann ich dadurch, indem ich es mir bewusst mache. Ich empfehle gerne, eine kleine Liste zu machen: Was sind diese Dinge, die mich schon glücklich gemacht haben, die aber vielleicht untergegangen sind im Stress der letzten Zeit? Einen großen Urlaub machen geht nicht immer, es geht mehr um die „Mini-Urlaube“. Kleine Glücksmomente, wo ich mir zwischendrin etwas Gutes tun kann. Zum Beispiel, dass ich meinen Cappuccino in der Mittagspause genieße und mit voller Aufmerksamkeit trinke und nicht, während ich parallel meine eMails beantworte. Ganz wichtig für diese positiven Emotionen ist, dass ich sie möglichst bewusst und achtsam wahrnehme und ihnen im Alltag Priorität gebe.
Fakten
Was ist Glück?
Die Psychologie unterscheidet zwischen Wohlfühlglück (Was tut mir gut?) und Werteglück (Was ist mir im Leben wichtig, was erfüllt mich?)
Studienlage
Die Veranlagung zum Glücklichsein liegt zu 50 % in den Genen. Die Lebensumstände machen 10 % aus, 40 % hat jeder selbst in der Hand
50 % der Österreicher
bezeichneten sich in einer Marketagent-Umfrage von Mai 2022 – trotz Pandemie – als „sehr glücklich“. Das trifft vor allem auf Verheiratete zu. Wichtigstes Kriterium: Gesundheit
Ich persönlich bin ein Fan vom positiven Jahresrückblick. Sich wirklich Zeit nehmen, alleine oder mit lieben Menschen, und mit einem wertschätzenden Blick zurückblicken: Worauf war ich stolz? Was hat sich gut entwickelt, welche Herausforderungen haben wir gut gemeistert? Das kann man auch schriftlich machen und mit einer Jahresvorausschau verbinden: Was sind meine kleinen Ziele für das kommende Jahr, wo möchte ich dranbleiben, wo will ich mich weiterentwickeln? Das schafft dann auch eine gewisse Vorfreude auf das neue Jahr und stärkt damit auch die Resilienz.
Kommentare