Frau beim EMS-Training: Sie trägt eine Weste, die elektrische Impulse abgibt.

EMS-Training: Was Trainieren unter Strom wirklich bringt

Beim EMS-Training werden Muskeln zwar stärker, aber nicht unbedingt leistungsfähiger.

Seit vielen Jahren wird in der Fitnesswelt für das sogenannte EMS-Krafttraining beworben. Die Abkürzung EMS steht für Elektromyostimulation – "myos" kommt vom altgriechischen "Mys" und bedeutet Muskel. 

Der große Vorteil des speziellen Work-outs: Das Training dauert nur zwanzig Minuten. Ideal also für all jene Menschen, die nur wenig Zeit für sportliche Tätigkeiten haben. Sozusagen "ein Training für Faule". Am Oberkörper wird man dafür mit einer anliegenden Elektrodenweste sowie mit Elektroden für Arme, Beine und Gesäß ausgestattet. Während man die Übungen absolviert, werden die Muskelgruppen mit kleinen Stromstößen stimuliert. Die Stromspannung beträgt etwa neun Volt, die Stromstärke liegt zwischen zehn und 200 Milliampere. Das Training wird individuell angepasst und erfolgt unter professioneller Anleitung.

Die Methode verspricht ein effektives Ganzkörpertraining: Die elektrische Muskelstimulation soll tief liegende Muskelgruppen aktivieren, den Körper formen, die Fettverbrennung fördern und beim Abnehmen unterstützen. Bisher gibt es aber keine wissenschaftlichen Studien, die nachweisen, dass EMS in besonderem Maße hilft, das Körperfett zu reduzieren. Von Physiotherapeuten wurde das EMS-Training bereits in den 1970er-Jahren in der Rehabilitation eingesetzt.  

Wem EMS-Training nützt

Sportwissenschafter Michael Koller erklärt: "Das Training ist daher empfehlenswert für Personen, die ihre Muskulatur nicht ausreichend nerval ansteuern können. Also, wenn es beispielsweise jemand nicht schafft, den Nerv und den Muskel aufgrund einer Verletzung anzusteuern. In diesem Fall macht es Sinn, die Muskulatur in einer vorübergehenden Therapiephase von außen mit einem Strom zu reizen, dass der Muskel kontrahiert und nicht verloren geht." Gesunden, fitten Menschen sei das EMS-Training allerdings nicht zu empfehlen. Das Problem: Die Nerv-Muskel-Ansteuerung leidet darunter. Koller erläutert: "Die Muskelmasse steigert sich zwar, aber es ist alles andere als funktionell. Der Körper kann die Muskulatur nicht mehr kontrollieren. Das bedeutet, der Muskel wird zwar stärker, aber nicht unbedingt leistungsfähiger."

Noch effektiver soll ein dynamisches Elektromyostimulation-Training sein, wenn man während der Stromimpulse bestimmte Übungen ausführt, zum Beispiel mit Hanteln, Planks (Unterarmstütz), eine Kniebeuge oder Crunches  (Bauchpresse). Das behaupten zumindest viele Fitness-Studios. Koller sieht das kritisch: "In dem Fall ist es sinnvoller, Planks oder Crunches ohne Weste gleich zu Hause zu machen. Das ist auch günstiger."

Liisa Mikkola

Über Liisa Mikkola

Digital Producer bei freizeit.at, dem Digitalformat der KURIER freizeit.

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