Dry January: Mein Monat ohne Alkohol und 7 erstaunliche Erfahrungen
Was ein Monat Alkoholverzicht alles bewirkte - und warum es sich lohnt, so manche Trinkgewohnheiten kritisch zu hinterfragen.
So, das wäre auch erledigt: mein Monat ohne Alkohol (bis auf zwei Minimini-Ausnahmen, so ehrlich möchte ich sein). Begonnen Ende Dezember, beendet Ende Jänner. Die wichtigsten Erfahrungen aus dieser Zeit:
1. Was fehlte
Zu behaupten, mir ging gar nichts ab, wäre gelogen. Was mir nicht fehlte: das Gefühl, das dem Alkoholkonsum folgt. Also dieser leise Effekt von Entspannung und Lockerheit, gleich nach einem ersten Glas Wein. Nein, das ist es nicht. Ich kann mich auch mit Tee entspannen oder mit Fruchtsaft locker sein. Was mir fehlte, war der besondere Geschmack von Wein. Die Harmonie, die sich ergibt, wenn gutes Essen von sehr gutem Wein begleitet wird und man auf dem Gaumen kleine Wunder erlebt. Dieser Genuss ist schön und den möchte ich nicht missen.
2. Was folgte
Freude. Freude darüber, dass ich „Verzicht“ kann, obwohl mir gerade eine Genusserfahrung „fehlt“. Damit habe ich mir selbst bewiesen, dass ich darauf nicht angewiesen bin. Das macht mich frei und unabhängig, also selbstbestimmt. Ich muss nix. Aus diesem Gefühl heraus habe ich mich dann auch nicht selbst gegeißelt, als ich zweimal kleine Ausnahmen machte. Es hat gepasst, mich aber nicht aus der Spur geschmissen oder von meinem Weg abgebracht.
3. Was half
Alternativen. Ich bin kein „Danke, für mich nur Wasser“-Mensch. Als Weintrinkerin (harte Getränke mag ich nicht) liebe ich den Genuss des Geschmacks. Also habe ich mich auf die Suche nach besonderen Säften gemacht – Traubensaft, Apfelsaft, Birnensaft. Und wie ich fündig wurde! Einer meiner absoluten Lieblinge: Bergapfelsaft aus Südtirol mit einer kräftigen Roséfarbe, im Rotweinglas kalt serviert. Traumhaft. Ebenso wie weißer Traubensaft vom Muskateller oder Sauvignon. Es gibt auch herrliche Kombinationen aus Tee und Fruchtsaft. Als ich bei einem Abendessen geladen war, zauberte die Gastgeberin extra für mich eine Limonade aus Limetten und Minze, wunderbar. Ein absoluter Fehlgriff war hingegen der Kauf von alkoholfreiem Wein. In meinem Fall Rotwein angeblich sogar „prämiert“ – aber mir hat das gar nicht geschmeckt.
4. Was auch fein war
Das Sparpotenzial. Der Verzicht auf Alkohol, in meinem Fall auf guten Wein, spart Geld. Auch ein schöner Nebeneffekt. Feine Fruchtsäfte sind zwar ebenfalls nicht billig, aber mit Weinpreisen ist das nicht zu vergleichen.
5. Was es bewirkte
Zahlen zum „Dry January“ gibt es vor allem aus Großbritannien. Untersuchungen der Uni Sussex dazu dokumentierten die Effekte des Verzichts: Nach 31 Tagen ohne Alkohol hatten die Teilnehmer eine bessere Kontrolle über ihr Trinkverhalten, mehr Energie, eine schönere Haut und weniger Gewicht. Nun, dazu kann ich nicht viel sagen. Mein Verzicht war ja in erster Linie einmal durch eine Influenza „erzwungen“, danach folgte der Entschluss, das Momentum zu nützen und weiterzumachen. Also fehlt mir die "Kontrollerfahrung". Möglicherweise habe ich ein wenig an Gewicht verloren, aber da ich keine Waage besitze, kann ich dazu nichts sagen. Allerdings habe ich keine groben Gewichtsprobleme, weil ich mich sehr viel bewege und eher gesund esse. Schönere Haut? Dazu kann ich ebenfalls wenig sagen, meine Haut ist nie schlecht, nur trocken. Daran hat der Verzicht nichts geändert. Aber ich wirke frischer und fühle mich energiereicher, fokussierter, klarer.
6. Worüber ich nachdachte
Positiv ist außerdem, dass das Experiment eine gute Gelegenheit war, mich mit dem Thema „Alkoholkonsum“ kritisch auseinanderzusetzen. Auch selbstkritisch. Der Blick auf Trink-Gewohnheiten und Rituale lohnt sich. Da stellt sich etwa die Frage, ob das berühmte „Koch-Achtel“ unbedingt sein muss. Gar nix muss! Oder sagen wir so: Das Koch-Achtel könnte auch antialkoholisch sein, siehe: Fruchtsäfte. Wieder ein Glas „gespart“. Außerdem wurde mir in dieser Zeit noch klarer, wie sehr Alkohol als Alltagsdroge in unserer Gesellschaft etabliert ist. Immer und überall wird vorausgesetzt, dass es Alkoholisches „vorab“ geben wird, dass bei jedem Fest Wodka oder Schampus am Tisch stehen muss und der Satz „Nein, danke, ich trinke keinen Alkohol“ immer ein wenig Irritation auslöst. Man wird dann oft gefragt, ob man krank sei oder ob es andere schwerwiegende Gründe für diesen Entschluss gäbe. Alkoholverzicht ist also in den meisten Fällen mit einem erhöhten Erklärungsbedarf verknüpft und in unserer Gesellschaft nichts Selbstverständliches. Allein darüber nachzudenken, würde sich lohnen.
7. Was jetzt kommt
Und so bin ich beim letzten Punkt gelandet und der Frage: Wie soll es weitergehen? Mir hat der „Dry January“ gut gefallen und vor allem gutgetan. Auch, weil ich es geschafft habe, meine Vorstellungen von „Genuss“ ein wenig zu verändern. So sehr ich Wein liebe, so wenig „brauche“ ich ihn, um zu genießen. Ein feines Gefühl. Ich habe mir daher fix vorgenommen, im Jahr 2023 immer wieder mal für "Dry-Phasen" zu sorgen.
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