Einen Monat lang 100 Liegestütze täglich: Was mit meinem Körper passierte

Ein anstrengender Selbstversuch mit Rückschlägen. Wie sich Arme, Bauch und Brust nach 30 Tagen veränderten.

Plötzlich war der Sommer da. Was aber im verglichen mit den vergangenen Jahren fehlte, war eine amtliche Sommerfigur. Die Reckstange verstaubte. Viele Lokale waren ob ihrer Küche verlockend, die kredenzten Weine noch viel mehr. Zwar war ich laufen, schwimmen und Rad fahren und auch ein paar Liegestücke setzte es ab und zu, aber wie Brad Pitt in Fight Club sah ich dann doch nicht aus.

Wie gut, dass es im Büro hieß: "Wir brauchen einen, der 30 Tage lang 100 Liegestütze täglich macht. Und zwar jeden Tag!" Die Begeisterung bei zwei angesprochenen Kollegen war eher enden wollend. Dafür war sie bei mir umso größer. Die Faulheit und Genusssucht der vergangenen Monate schnell weg- und die Muskeln aufpumpen. Das wäre toll. Womöglich in kurzer Zeit im Adoniskörper im Freibad herumstolzieren, den Bizeps Arnold-gleich präsentieren. So stellte ich mir das ungefähr vor, bevor ich damit begann. Und so schwer wird das schon nicht sein. Immerhin habe ich in vergangenen Jahren auch schon einmal vor der Sommersaison rund 100 Liegestütze pro Tag gemacht. Nur halt keine 30 Tage am Stück. Meine Ernährung, die bis auf lukullische Exzesse durchaus gesund ist, habe ich nicht umgestellt, auf muskelaufbauende Eiweißpräparate oder verbotene und schädliche Anabolika verzichtet. Es sollten 30 lange Tage voll Anstrengung, Rückschlägen, aber auch überraschenden Ergebnissen werden.  

Wenn Sport krank macht

Die Motivation am Tag 1 ist zwar nicht brennend, aber schon gegeben. Der Teppichboden im Büro wird zur Turnwiese. Die ersten Liegestütze gehen leicht. 18 am Stück sind auch kein Problem. Eh easy, denke ich. Bis die Nummer 87 an der Reihe ist. Beim Sitzen fühle ich ein Flattern und Unruhe in den Armen. Mir ist auf einmal nicht mehr ganz wohl, der Arm zittert beim Halten der Computermaus. Uijegerl, das kann ja was werden. Die letzten Übungen sind wirklich zach, sie gehen nur noch in kleinen Etappen von heißen 5 am Stück. Aber die ersten 100 sind am Ende des Tages geschafft. Super, so soll es weitergehen!

Liegestütze im Garten, in der Wohnung oder im Büro. 100 mussten es pro Tag sein 

©privat

Tag 2. Guten Morgen! Die Schultern sind verspannt, die Oberarme sind auch zu spüren, als ich frühmorgens zum Laufen im Schönbrunner Schlosspark aufstehe. Vor den Stufen der Gloriette mache ich die ersten Liegestütze. Schaut gut aus, fühlt sich aber schlecht an. Eine bleierne Müdigkeit hat sich über den Körper gelegt. "Wird schon noch werden heute". Denke ich. Im Laufe des Tages probiere ich noch ein paar Mal, aber nach wenigen Liegestützen muss ich w. o. geben. Mehr als zehn am Stück sind nicht drinnen. Bis 16.30 Uhr, wo ich eigentlich schon den Großteil absolviert haben wollte, schaffe ich nur 40. Beim Versuch, noch einmal zehn zu machen, bleibe ich bei acht liegen. Rien ne va plus. Am Abend glüht die Haut, das Fieberthermometer zeigt 38,8 Grad, später kommen Husten und ein kapitaler Schnupfen dazu. So, jetzt hat es mich erwischt, dachte ich an Corona. Das Virus war aber nicht schuld, mehrere Tests waren negativ. Gut möglich, dass die körperliche Anstrengung mit für die Krankheit verantwortlich war. Die Fachwelt nennt das Open-Window-Effekt, wenn Leistungssportler Viren und Bakterien nach intensiver Bewegung Tür und Tor öffnen.

Es dauert mehr als eine Woche, bis ich mich wieder fit genug fühle, die Challenge neu zu starten. Wenigstens eines ist gleichgeblieben: Die Motivation lässt zu wünschen übrig. Aber der Wunsch nach dem Traumkörper erfordert Disziplin. Der erste Tag lässt sich überraschend gut an. Nur als es gegen 100 geht, beginnen wieder die Arme zu zittern, aber Müdigkeit stellt sich keine mehr ein. Am nächsten Tag geht es dafür wieder schwerer. Aber da muss ich durch. Der Adoniskörper auf der Badewiese kommt ja nicht von ungefähr. 

Pause fürs Muskelwachstum eingelegt

Am Tag 6 entschließe ich aber - gegen die Regeln dieser Challenge - einen Tag Pause einzulegen. Einerseits aus einem ganz profanen Grund: Die Motivation fehlt. Und heiß ist es auch. Andererseits, weil Muskelaufbau immer nur in Pausen stattfindet. Die Ratgeber-Literatur empfiehlt nach schwerer Anstrengung gar zwei Tage Ruhezeit, damit sich der Körper regeneriert und gleichzeitig an Masse zulegt. Und das will ich ja am Ende - mehr als die Aufgabenstellung zu 100 Prozent zu erfüllen. Ich hoffe, die Chefitäten drücken beim Lesen ein Auge zu. Wie auch der Körper. Dem scheinen die Übungen zumindest noch ziemlich egal zu sein. Zu sehen ist kaum etwas. 

Nach zehn Tagen ist das Liegestütz-Machen nicht mehr so tragisch. Keine Atempause. Der Körper wird gemacht. Das geht voran. Rund  20 am Stück sind mittlerweile auf jeden Fall drin. Die Kolleginnen und Kollegen, die das anfangs noch witzig gefunden haben, dass ich mich gen Boden neigte, haben sich mittlerweile daran gewöhnt. Und schön langsam tut sich auch optisch etwas. Die Oberarme scheinen schon etwas dicker zu sein. Auch die Bauchmuskeln scheinen wieder ein wenig angezogen zu haben. Das ein oder andere T-Shirt wird rund um die Brust auch schon ein bisschen enger, das Genick kräftiger. Vielleicht auch, weil ich doch ab und zu und gegen die Regeln einen Tag Pause einlege. Von einem Stiernacken bin ich aber noch weit entfernt. Aber so einen will ich ohnehin nicht, der ist schirch. 

Auch im Urlaub blieb ich vor den Übungen nicht verschont. Hier am Strand von Badalona unweit Barcelonas.

©Privat

Kurz vor dem Ziel: Eine Verkühlung kracht rein. Wieder kein Corona. Diesmal war es wohl nicht die Anstrengung der Liegestütze, sondern jene einer langen Nacht. Eine kleine Pause muss her. Das Finale fällt mit dem Urlaub in Spanien und Südfrankreich zusammen. Denkbar schlechte Voraussetzungen - immerhin ist die Küche mindestens so gut wie der Cava und der Wein. Aber ich bleibe brav und lass mich manchmal sogar zu 130 Stück am Tag hinreißen.

Am Ende bin ich durchaus zufrieden. Ein Adoniskörper wurde es zwar nicht, aber besser definiert ist er auf jeden Fall. Das kann man schon so stehen lassen. Wer regelmäßig ins Fitnessstudio zum Pumpen geht, strengt sich unter Umständen mehr und länger an und reizt die Muskeln zu mehr Wachstum. Aber: "Man sieht schon, dass du etwas getan hast", meinte eine Beobachterin. Womöglich wäre auch mehr drinnen gewesen - etwa wenn ich nicht stets nach 20 Liegestützen am Stück aufgehört, sondern mich weiter gequält hätte. 

Hier die Unterschiede (links vorher, rechts nachher):

©Privat
Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

Kommentare