Justus von Dohnányi aus "Die Schule der magischen Tiere" im Interview
Justus von Dohnányi über seine berühmte Künstlerfamilie, Erinnerungen an die Schule und warum ihm mancher Bösewicht zu gut gelang.
Die weiche Stimme, der unstete Blick – man kennt Justus von Dohnányi in Gestalt vieler Rollen, die sich oft fundamental unterschieden. In "Das Experiment" gab er den sadistischen Aufseher, in "Männerherzen" den gutmütigen Schlagersänger, und in der Komödie "Der Vorname" den harmoniebedürftigen Familienfreund. Jetzt sieht man ihn wieder in "Die Schule der magischen Tiere 3" im Kino.
Die Bestseller-Kinderbuchreihe von Margit Auer hat sich mehr als zehn Millionen Mal verkauft. Und geriet zum Kinohit: Teil zwei sahen in Deutschland 2,9 Millionen Zuschauer – der erfolgreichste deutsche Film des Jahres.
Kinder einer Klasse bekommen darin sprechende Tiere zugeteilt, die sich in Gegenwart Erwachsener aber in Stofftiere verwandeln. Im dritten Teil erhält Helene, die Influencerin sein will, den hochnäsigen Kater Karajan aus Paris, und der toughe Silas das vegane und etwas ängstliche Krokodil Rick. Davon abgesehen geht es um erste Verliebtheit, den erzwungenen Auszug aus der Familienvilla, und ein Wald will gerettet werden.
Ein sympathischer Kinderfilm, der auf redliche Botschaften setzt und die ganze Familie unterhält.
Herr von Dohnányi, bei einem Film wie dem dritten Teil der "Schule der magischen Tiere" ist die Frage naheliegend: Haben Sie ein Haustier – oder hatten Sie mal eines?
Wir hatten, als ich Kind war, einen Hund. Ein ungarischer Hirtenhund, einen Kuvasz. Ich erinnere mich gern an ihn, ein liebevolles Tier. Fürs Haus war er aber eigentlich der falsche Hund. Hirtenhunde gehören wohl eher in die Pampa, irgendwo in die Nähe von Schafen.
Das Klischee will, dass es zwei Arten von Menschen gibt, Hunde- oder Katzenmenschen.
Ich mag Hunde, hab auch nichts gegen Katzen, brauche aber dennoch beide nicht ständig um mich rum. Am liebsten bin ich immer noch in der Gegenwart von Menschen unterwegs.
Welches magische Tier wüssten Sie denn gerne an Ihrer Seite?
Heute gar keines, aber als Kind hätte mir ein kleiner Kobold gefallen, der gut klettern und sich überall festhalten kann, gute Ohren hat, heimlich mithört und mich über alles Mögliche informiert – und mir als Schüler etwa die bevorstehenden Hausaufgaben für den nächsten Tag stibitzt. So ein kleiner Spion wäre spannend gewesen.
In der Branche herrscht eine gewisse aufoktroyierte Bescheidenheit. Mit anderen Worten: Es kommt nicht gut an, wenn man sich am Set wie ein Wichtigtuer benimmt.
Warum ist die Buch- und die Filmreihe Ihrer Einschätzung nach so erfolgreich?
Fünf- bis Zehnjährige erwecken ihre Kuscheltiere beim Spielen in ihrer Fantasie zum Leben. Die Bücher greifen das auf. Die Idee, dass es ein eigenes Tier gibt, das sich heimlich mit einem verbindet und von dem die Erwachsenenwelt nichts weiß – diese Idee ist einfach unwiderstehlich.
Was die Filme betrifft, mokiert die Kritik mitunter, sie seien ein bisschen harmlos, zu wenig frech oder antiautoritär.
Wenn man darauf Wert legt, ist das sicher richtig. Die Drehbücher werden geschrieben, dann dem Verlag vorgelegt, anschließend den Produzenten und auch der Autorin – es gibt also relativ viele Menschen, die das Skript bewilligen müssen. Möglicherweise hat das zur Folge, dass die eine oder andere Spitze weggenommen wird. Bestimmte Themen, wie Geld oder Gewalt, sind uner-wünscht. Es wird kindgerechter gemacht, aber mit Erfolg und durchschnittlich zweieinhalb Millionen Zuschauern.
Mittlerweile sind Tiere selbst im US-Wahlkampf Thema, wenn man an Donald Trump denkt und seine Lüge von den Immigranten, die Haustiere essen.
Man wundert sich wirklich, dass der ernsthaft von seinen Parteikollegen als erster Mann auserkoren wurde. Unglaublich und schrecklich zugleich.
Ihre Rolle im Film ist stets die des etwas verzwickt auftretenden Schuldirektors. Wie ist es, den zu spielen?
Es macht immer Spaß, den zu spielen, weil er so schusselig ist und Namen und Begebenheiten durcheinanderbringt, dann aber zu eitel ist, das zuzugeben. Stattdessen möchte er Recht behalten und sich darin sonnen, wenn etwas klappt. Es macht Spaß, diese kleinen Slapstick-Momente zu spielen. Und die Kinder sind sowieso mit Lust und Laune dabei. Dabei sind sie für ihre Rollen durchaus recht alt, mit 16 Jahren geht heute wohl kaum einer mit Stofftier in die Schule.
Gemeinhin sagt man in der Branche, als Schauspieler solle man möglichst nicht mit Kindern oder Tieren drehen, da beide einem garantiert die Show stehlen.
Und das stimmt. Wenn das Tier zu süß ist, kann das passieren. Bei Kindern ist es so: Wenn es kleine Kinder sind, gilt ihnen die Hauptsorge – alle bemühen sich, dass es ihnen gut geht und der Dreh so angenehm wie möglich für sie ist. Man ist für die komplikationslose Fortsetzung des Drehs auf ihre Befindlichkeit angewiesen. Bei den Kindern in unserem Film hatte ich aber keine Bedenken. Sie sind alle schon groß und belastbar – und wirklich toll. Ich habe schon mehrere Kinderfilme gedreht. Nach meiner Erfahrung sind jene Kinder, die es in einen Film schaffen, meist gute Schüler oder besondere Talente, ob sportlich oder im Klavierspielen.
Man hat eine Kopfnuss oder einen Schlüsselbund an den Kopf bekommen, wenn man zu frech war. Heute ist das alles nicht mehr denkbar.
Man sagt Schauspielern, die mit diesem Beruf schon als Kind begonnen haben, öfters nach, dass es keine gute Auswirkung auf ihr Wesen genommen hätte.
Ich habe das nie erlebt, bin mir aber sicher, dass es solche Fälle gibt. Das kommt heute aber kaum noch vor. In der Branche herrscht eine gewisse aufoktroyierte Bescheidenheit. Mit anderen Worten: Es kommt nicht gut an, wenn man sich am Set wie ein Wichtigtuer benimmt. Film ist Gemeinschaftsarbeit. Der Teil mit dem Schauspielen ist wichtig, aber bevor damit begonnen wird, haben andere schon zwei Jahre an dem Film gearbeitet. Es wurde am Buch gearbeitet, gecastet, Locations gesucht, Kostüme genäht – und nach dem Dreh wird von anderen ein weiteres dreiviertel Jahr am Film gearbeitet. Wir Schauspieler sind da gar nicht so wichtig, wie manche Schauspieler es früher dachten.
Hat der Dreh Erinnerungen an die Lehrer Ihrer Schulzeit geweckt?
Ich wurde 1966 in Köln eingeschult. Das war also etwas mehr als 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, da war so mancher Lehrer noch kriegsversehrt und kam mit Glasauge und Holzbein in die Klasse. Die handgreifliche Autorität der Lehrerschaft habe ich zwar nicht mehr mitbekommen. Aber man hat schon eine Kopfnuss oder einen Schlüsselbund an den Kopf bekommen, wenn man zu frech war. Es war auf jeden Fall eine andere Form von Schule als heute. Heute ist das alles nicht mehr denkbar.
War die Schulzeit dennoch eine gute Zeit?
Ich war auf vielen Schulen, weil meine Eltern oft umgezogen sind, lebte in verschiedenen Bundesländern, von Hessen bis Nordrhein-Westfalen. Ich war immer einer der Jüngsten in der Klasse, und meine Erinnerung an diese Zeit ist: Ich wollte die Schule so schnell wie möglich hinter mich bringen. Ich war kein begeisterter Schüler, wirklich nicht.
Sie kommen aus einer schillernden Künstlerfamilie mit interessanten Persönlichkeiten. Ihr ungarischer Urgroßvater war Komponist, Ihr Vater ist Dirigent und Ihre Mutter Schauspielerin. Wie haben Sie das als Kind wahrgenommen?
Gar nicht. Als Jugendlicher nimmt man das nicht wirklich wahr. Ob der Vater diesen oder jenen Beruf hat, kriegt man wenig mit. Ist er da – muss man die Hausaufgaben herzeigen. Ist er weg – wird er irgendwo unterwegs sein. Erst als ich älter wurde, habe ich mich damit etwas beschäftigt. Und mir manchmal in der Oper eine Aufführung angesehen oder meinen Vater bei der Probe besucht. Als Kind war mir anderes wichtiger.
Was denn?
Bälle aller Art: Ob Fußbälle, Handbälle, Tennisbälle oder Tischtennisbälle: Wenn sie rund waren und vor mir aufgesprungen sind, war alles gut.
Wurde später durch Ihren Vater trotzdem eine größere Beziehung zur Musik in Ihnen freigelegt?
Eigentlich nicht. Bei uns zuhause war Musik immer mit Arbeit assoziiert. Ohne es mit dem Beruf zu verbinden hat mein Vater freiwillig keine Musik gehört. Im Arbeitszimmer, wenn er eine Partitur gelernt hat – dann hat er Musik gehört. In der Freizeit hat er sich und haben wir uns damit nicht beschäftigt. Wir waren eher ein stiller Haushalt.
Sie weisen eine spannende Varianz in Ihren Rollen auf, spielen im Kinderfilm genauso wie im Nazi-Epos.
Diese Abwechslung ist wichtig. Ich habe darauf geachtet, dass ich Dinge, mit denen ich Erfolg hatte, immer wieder in Frage gestellt habe. Und auch etwas Neues ausprobiere. Das war am Theater so und das wollte ich auch auf den Film umlegen. Nachdem ich am Anfang mehr die blonden, deutschen Bösewichte gespielt habe, kamen später Komödien und Kinderfilme dazu, genauso wie Drama, Arthouse oder Popcorn-Kino.
Sind Ihnen die dämonischen Nazis, die Sie gespielt haben, zu gut gelungen?
Nachdem ich 2001 mit dem Fiesling in „Das Experiment“ überzeugt habe, kamen mehrere solche Rollenangebote, und ich spielte dann ja auch in "Der Untergang" oder "Napola – Elite für den Führer". Dann hatte ich aber genug davon. Sonst kriegt man diesen Stempel auf der Stirn nicht mehr weg.
Ihr Großvater Hans von Dohnányi war Widerstandskämpfer und hat geholfen, ein Attentat auf Hitler vorzubereiten.
Ja, er war beim Chef der Deutschen Abwehr und späteren Widerständler Wilhelm Canaris beschäftigt, aber seine eigentliche Aufgabe war Widerstand auf unterschiedlicher Ebene gegen Hitler – unter anderem auch Vorbereitungen für ein Attentat.
Er wurde auch dafür in den letzten Kriegstagen hingerichtet. Waren diese Ereignisse in der Familie Thema?
Es wurde hier und da im kleinen Kreis beredet. Aber eher haben diese Vorkommnisse die Generation meines Vaters und seines Bruders so stark traumatisiert, dass das Thema nur selten besprochen wurde.
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