Opernstar Natalia Ushakova

Opernstar Natalia Ushakova: "Ehrgeizige Menschen gehen mitunter über Leichen"

Der Opern-Weltstar tritt beim freizeit.live-Event auf. Hier spricht sie über Standing Ovations, Maria Callas und Intrigen.

Ihr Tonumfang reicht von dunklen Tiefen bis zu lichten Höhen. Mit ihrer Koloraturfähigkeit begeistert Natalia Ushakova in den legendärsten Rollen und größten Häusern. Am 21.9. wird die Sopranistin auch bei freizeit.live das Publikum in den Bann ziehen.

Sie brillierten an der New Yorker Met, der Staatsoper in Wien oder der Mailänder Scala. Freuen Sie sich eigentlich noch über Standing Ovations?

Dieser Jubel ist ein Geschenk. Das Publikum glücklich zu sehen, das ist mein größter Wunsch.

Sie gehen auch sehr darauf ein.

Ich wandere durch den Saal, singe mit den Gästen. Ich liebe das und den Zuschauern gefällt es: keine arrogante Diva, abgetrennt von einem Orchestergraben, sondern eine normale Sterbliche, die wunderschön singt. Musik gehört allen. Ich möchte Seelen zusammenschweißen, ihre Energien und Emotionen. Das gibt mir Gänsehaut.

Das ergab manch besondere Begegnung.

Einmal hat es mich bei einem Auftritt in Amerika im Publikum zu einer Zuschauerin hingezogen. Ich gab ihr eine Rose. Ihr Sohn schrieb mir danach. Es stellte sich heraus, sie war eine deutsche Jüdin, die einst vor dem Holocaust geflohen war. Mein Auftritt war ein Geschenk anlässlich ihres 100. Geburtstages. Wir blieben in Kontakt.

Um die Callas zu spielen, wäre eine echte Sängerin besser gewesen. Und Playback einzusetzen bei so einem Film, das ist für mich Betrug.

Natalia Ushakova

Angelina Jolie spielt Maria Callas fürs Kino, werden Sie sich den Film ansehen? 

Angelina Jolie ist eine wunderschöne Frau, ich mag sie. Aber ich bezweifle, ob das authentisch wird. Um die Callas zu spielen, wäre eine echte Sängerin besser gewesen. Und Playback einzusetzen bei so einem Film, das ist für mich Betrug.

Was war das Besondere an der Callas? 

Die Callas konnte alles: Sie sang hohe Koloraturen, todtraurige Rollen, dann lustige Opern, Belcanto, Wagner. Absolut anspruchsvoll. Heute macht das kaum noch jemand, ich aber schon. Wie sie wollte auch ich immer eine singende Schauspielerin sein. Ich langweile mich schnell. Deshalb lasse ich mich von der Vielfalt faszinieren.

Sie geben auf der Bühne alles. Muss man als Opernstar rücksichtslos gegen sich selbst sein? 

Eine berühmte Sängerin hat einmal gesagt: In deiner Freizeit kannst du Domino spielen, aber auf der Bühne musst du leben. Wenn ich auf der Bühne stehe, lebe ich.

Sie lieben die Hingabe, Ehrgeiz dagegen verachten Sie.

Ehrgeizige Menschen gehen mitunter über Leichen. Ich mag keine Intrigen, bin für faire Konkurrenz. Der Beste möge gewinnen. Ehrgeizlinge aber wollen Mitbewerber mit allen zur Verfügung stehenden Methoden vernichten. Ich habe das öfter in der Opernwelt erlebt. Mein Devise ist hingegen: Begabte Menschen sehen Talent in anderen, Unbegabte sind eifersüchtig und neidisch.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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