H.P. Baxxter ist der Frontmann von Scooter. Hier steht er mit Mikrofon auf der Bühne des Nova Rock Festivals 2023

H.P. Baxxter: "An die guten Partys kann ich mich nicht erinnern"

Vor 30 Jahren schrie der Scooter-Frontman „Hyper Hyper“. H.P. Baxxter erklärt, warum heute – anders als früher – alle Scooter cool finden.

Frühling 1994. Die Rave-Bewegung ist endgültig dem Untergrund entwachsen und erreicht den Höhepunkt. The Prodigy zeigen den Kids im Video von „No Good“, wie ein Warehouse-Rave aussieht. Marusha legt auf der Mega-Party Mayday vor Zigtausenden ihren Hit „Somewhere over the Rainbow“ auf. Und Scooter stürmen mit ihrem „Hyper Hyper“ die Charts. H.P. Baxxters Parolen sorgen nicht überall für Begeisterung. Kirmes-Techno, heißt es in Deutschland schon mal. 

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Mittlerweile gelten Scooter als Kult, nicht zuletzt wegen Phrasen wie „How much is the fish?“. Die Truppe um Hans Peter Geerdes, wie der Frontmann mit bürgerlichem Namen heißt, hat mit „Open Your Mind And Your Trousers“ ein neues Album herausgebracht. Am 12. April spielen Scooter im Rahmen ihrer „Thirty, Rough And Dirty!“-Tour in der Wiener Stadthalle. H.P. Baxxter feierte im März seinen 60. Geburtstag. Mit der freizeit spricht er über Partys, die Berliner Luft und darüber, es ein bisschen ruhiger angehen zu lassen.

Als „Hyper Hyper“ vor 30 Jahren herauskam, gab es von mehreren Seiten Anfeindungen. Heute ist das anders. Warum ist es cool geworden, Scooter cool zu finden?

H.P. Baxxter: Das kann man schwer steuern. Das ergibt sich, wenn man lange genug durchhält, Dinge aussitzt und wenn man weiter erfolgreich Musik macht. Zweifler gehen irgendwann unter. Die nächste Generation nimmt das mit anderen Augen und Ohren wahr, und es entwickelt sich ein Kultstatus. Das gibt es öfter. Depeche Mode wurden am Anfang von der Musik-Szene als Bravo-Teenie-Band wahrgenommen. Nach 20 Jahren hatten die schon fast einen Heiligenstatus. Sie haben sich gesteigert und eine enorme Live-Präsenz. Bei uns war das auch so. Viele wussten nicht, was wir eigentlich machen. Techno war nicht so etabliert. Wir sind auch live immer mehr gewachsen. Anfangs waren wir in Diskotheken. Heute spielen wir in Arenen, unsere Show wurde immer größer.

Bekannte Techno-DJs haben sich damals davon distanziert, dass sie in „Hyper Hyper“ genannt werden? Hat Sie das gestört?

Wir waren überrascht, warum die sich aufregen. Die wiederum wussten nicht, wer wir sind, und warum wir ihre Namen nennen. Das beruhte auf einem Missverständnis. Wir waren Raver und wollten die DJs grüßen. Das war als Gag gedacht und nicht, um uns da in eine Szene reinzureden.

Wie sieht es heute bei den DJs  aus? Finden die Scooter mittlerweile cool?

Das weiß ich nicht. Aber mit Westbam haben wir uns einmal super unterhalten. Sven Väth habe ich zufällig in Thailand getroffen, da hatten wir einen netten Abend. Das Ganze hat sich beruhigt. Jeder macht sein Ding. Wir sind live mit Scooter-Sound und Alarm. Die anderen legen immer noch auf.

In der aktuellen Nummer „Berliner Luft“ gibt es auch Aufzählungen. Diesmal mit bekannten Berliner Clubs vom Berghain und Sisyphos abwärts. Sind Sie dort auch öfter zu Gast?

Ja. In die Clubs, die ich anspreche, gehe ich gerne. In Berlin gibt es eine gewachsene Clubkultur, die ich toll finde. Deswegen ist das Lied entstanden. Ich bin froh, in Hamburg zu leben. Aber wenn es darum geht, in die Nacht einzutauchen, da hat doch Berlin mehr zu bieten.

Wenn H.P. Baxxter zu seinem Mikrofon greift, dann geht es rund  

©APA/FLORIAN WIESER

Wie reagieren da die bierernsten Berliner Türsteher oder das Partyvolk?

Ich bin hier privat, um zu tanzen. Ich glaube, das merkt man auch. Ich gehe da normal hin wie jeder andere auch und mache nicht auf dicke Welle. Das kommt dann auch so rüber. Insofern ist das entspannt.

Reizt es Sie, auch einmal Musik zu machen, die in diesen Clubs gespielt wird? 

Musik zu machen, könnte ich mir als Nebenprojekt vorstellen. Ohne H. P. und ohne Scooter. Dort ist es ja eine eigene Welt. Es gibt einen minimalistischen Sound ohne Vocals. Wenn in solchen Clubs Scooter gespielt werden würden, dann passt das dort nicht ins Set. Aber wir spielten einmal im Sisyphos einen Geheimgig, den die Betreiber organisiert hatten. Dort standen wir nachts als Überraschung auf der Bühne. Das war sehr witzig. Die Leute sind ausgerastet. Das hat funktioniert. Das war das einzige Mal, dass wir im Underground-Club nachts um zwei gespielt haben. Generell passt das aber nicht so rein. Das sind zwei Paar Schuhe.

Ihr Mitfeierbefehl und Barzwang nach Konzerten gilt als legendär. Wie schwer ist es, dem zu entkommen?

Da muss man die Bandkollegen fragen. Das ist mittlerweile Tradition, wenn wir Backstage feiern. Das wird aber nicht mehr so straight durchgezogen wie noch in den Anfangszeiten. Es war mir langweilig, wenn wir in Hotels in der Provinz saßen. Dort war nichts los, es gab keine Clubs. Daher hieß es: Wir treffen uns an der Hotelbar, machen die Musik an und feiern noch ein bisschen. Da wurde der ein oder andere wieder aus dem Bett geholt. Das ist aber ein paar Jahre her.

So kennt man H.P. Baxxter  seit 30 Jahren: Kurze, platinblonde Haare, markantes Gesicht – dazu hat er auch noch eine äußerst markante Stimme

©Philip Nürnberger

Warum ist das heute nicht mehr so?

Die Leute kommen freiwillig. Das ist nicht mehr notwendig, das zwanghaft zu gestalten.

Sie feierten kürzlich den 60. Geburtstag. Es gab Berichte darüber, dass Sie es jetzt ruhiger angehen wollen und sich vorstellen können, eine Familie zu gründen. Werden die Partys nicht mehr so wild?

Ich kann mir das vorstellen. Ich fände das spannend, diese Seite einmal zu intensivieren. Mein Leben bestand bis jetzt hauptsächlich aus Musik, Partys und Tourneen. Trotzdem kann ich nicht ganz auf Musik und Shows verzichten. Das müsste man vernünftig in Einklang bringen.

Gibt es eine Grenze, von der Sie sagen, so lange wird es Scooter geben? Oder ist das bis oben hin offen?

Mit Rollator würde ich nicht auf die Bühne gehen. Aber solange ich fit bin, herumspringen kann, die Stimme mitmacht und vor allem die Leute kommen, so lange werde ich weitermachen.

Wie halten Sie sich fit?

Ganz normal. Ich mache immer, so gut es geht, Sport. Ich achte darauf, dass ich ernährungsmäßig nicht völlig die Kontrolle verliere – dass ich gesünder lebe als noch vor ein paar Jahren.

„Solange ich fit bin, herumspringen kann, die Stimme mitmacht und vor allem die Leute kommen, solange werde ich weitermachen.“ 

H.P. Baxxter

Gibt es eine Partynacht, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Das muss eine schlechte Party gewesen sein. An die guten kann ich mich nicht erinnern. Da war wahrscheinlich zu viel Wodka-Red Bull im Spiel. Wir haben schöne Sachen erlebt. 30 Jahre ist eine lange Zeit.

Sie wurden im Laufe Ihrer Karriere in Europa groß. Die USA ist Ihnen verwehrt geblieben. Dabei lief „Nessaja“ etwa in der Anfangssequenz von Sacha Baron Cohens Film „Brüno“. Warum hat es dort nicht funktioniert?

 Als es mit Scooter losging, gab es in Amerika nur Rock, Hip Hop und R’n’B. Techno war eine Randerscheinung. Erst durch diese riesigen EDM-Festivals kam es an. Aber es hat sich in den Staaten nicht ergeben. Von der Art unserer Shows passen wir eigentlich nach Las Vegas oder auf die Festivals.

Abschließend eine wichtige Frage: How much is the fish? 

Das habe ich vermisst. 1,59 Euro heute, Tagespreis.

Gibt es Fragen, die Sie nerven?

Ja, diese hier. Aber das gehört ja auch dazu. Da ist man ja selbst schuld, wenn man sich solche Titel ausdenkt.

H.P. Baxxter

H.P. Baxxter

 wird 1964 als Hans Peter Geerdes geboren und wächst in Ostfriesland auf. Er schmeißt das Jus-Studium und macht in Hannover eine Ausbildung  zum Dental-Kaufmann.  Er gründet mit Rick J. Jordan und seiner Schwester Britt Maxime die Synthiepop-Band Celebrate the Nun. Der große Erfolg bleibt aus. Er beginnt bei einem Plattenlabel zu arbeiten, wo er bei einer Remix-Band mitmacht, aus der Scooter hervorgeht. Er wohnt in Hamburg und hat ein Faible für Oldtimer. 

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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