Sie räumen mit allem auf, doch daran hält die Gen Z fest

Die jüngere Generation bricht radikal mit traditionellen Vorstellungen. Doch eine Sache bewahrt sie sich. Was die Gen Z aus alten Tagen übernimmt.

Eine Generation macht Schluss – und zwar mit den vorherrschenden Gesellschaftsnormen. Die Gen Z gilt als so rebellisch wie keine andere Generation vor ihr. Sie lehnen die 5-Tage-Arbeitswoche ab, sehnen sich nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance, brechen mit Schönheitsidealen, vermeiden es zu Telefonieren und werfen traditionelle Meilensteine über Bord. 

Ganz schön viel Anti-Haltung für eine Generation. 

Doch es gibt eine Sache, die sich die Gen Z aus vergangenen Tagen erhält. Einen Ort, wo sie ihren Interessen nachgehen können, ohne viel Geld ausgeben zu müssen: Die Bibliothek.

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Eine Bibliothek bietet weit mehr als Bücher

 "Ihr seid lahm, Bibliotheken sind cool. Ich habe seit drei Jahren nicht mehr für WLAN bezahlt. Warum? Meine örtliche Bibliothek vergibt WLAN-Hotspots und nicht nur das, sie verteilt auch Roku-Sticks, also habe ich weiß Gott wie lange nicht mehr für HBO Max und Netflix bezahlt“, erklärt die TikTok-Userin @littalpunk in ihrem Video, das inzwischen über eine Million Aufrufe verzeichnet.

Neben WLAN und Streamingdiensten betont die Userin weitere Vorteile einer Bibliothek. Sie erinnert die Zuschauer daran, dass Büchereien "sichere Räume“ für die Öffentlichkeit seien - insbesondere für benachteiligte Jugendliche, Obdachlose und People of Color. Zudem werde eine große Fülle von kulturellen Veranstaltungen und akademischen Aktivitäten angeboten, denen Besucher beiwohnen können. "Man könnte in die Bibliothek gehen, sich einen Film ansehen und eine verdammt tolle Zeit haben. […] In manchen Bibliotheken gibt es Kochkurse, Videospiele und DVDs, da geht es nicht nur um Bücher.“

Mehr Jüngere als Ältere in der Bücherei 

Dass die Gen Z – aber auch Millennials – nach wie vor Bibliotheken nutzen, zeigt auch eine aktuelle Studie der Portland State University. Laut der Untersuchung gehen die beiden Generationen "immer noch regelmäßig Bibliotheken besuchen“. 54 Prozent der Befragten berichteten zudem, dass sie auch 2022 häufiger in der Bücherei waren. 23 Prozent der Gen Z und Millennials haben außerdem angegeben, die Räumlichkeiten nicht zum Lesen, sondern für andere Dienstleistungen zu nutzen.

Auch frühere Untersuchungen deuten auf ein ähnliches Ergebnis hin. Laut einem Bericht des Pew Research Center (2017) waren 53 Prozent der Millennials in den letzten zwölf Monaten in der Bibliothek. Bei der Gen X und den Babyboomern waren es weniger – hier gaben 45 Prozent und 43 Prozent an, der Bücherei einen Besuch abgestattet zu haben. 

Teil-Mentalität

Den unterschiedlichen Prozentsatz sehen die Forschenden darin begründet, dass sich die Gen Z und Millennials nach einem anderen moralischen Kompass richten als die vorangehenden Generationen. "Jüngere Generationen sind tendenziell weltorientierter als ältere, und das Ethos des Teilens in Bibliotheken scheint bei der Generation Z und den Millennials Anklang zu finden – ebenso wie ein Raum, der frei von der faden Kommerzialisierung ist“, heißt es seitens der Studienautorinnen Kathi Inman Berens und Rachel Noorda. "In der Bibliothek gibt es keine Werbung und keine Gebühren – vorausgesetzt, Sie geben Ihre Bücher pünktlich zurück – und keine Cookies, die Ihr Verhalten verfolgen und verkaufen.“

Einen anderen Grund für das Studienergebnis sehen die Wissenschaftlerinnen in der gemeinsamen Liebe der benachbarten Generationen zu gedruckten Werken – insbesondere Graphic Novels, Mangas und Comics. 

Möglichkeit der Entschleunigung 

Die Wissenschaftlerinnen kommen angesichts ihrer Studie zu dem Urteil, dass Bibliotheken wohlmöglich ein Ort der Entschleunigung darstellen und sich deswegen großer Beliebtheit bei Jüngeren erfreuen. "Die Generation Z und Millennials betrachten Bibliotheken immer noch als eine Art Oase – einen Ort, an dem Doomscolling und Informationsüberflutung, wenn auch nur vorübergehend, zum Schweigen gebracht werden können“, so Noorda und Berens. "Vielleicht sind Bibliotheksbesuche, wie auch die Begeisterung für Flip-Phones und Brettspiele, ein weiterer Trick, um langsamer zu werden.“ 

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