"Avatar: The Way of Water": Reich mir dir Flosse!
James Cameron baut eine spektakuläre Unterwasserwelt und lässt beim (überlangen) Kampf der Na’vi gegen das Militär die Titanic noch einmal untergehen
Ursprünglich hatte James Cameron „nur“ eine Trilogie geplant: Sollte „Avatar – Der Weg nach Pandora“ erfolgreich sein, würden noch zwei weitere Teile folgen. Mittlerweile hat sich das Unterfangen auf insgesamt vier Fortsetzungen ausgewachsen. „Avatar: The Way of Water“ ist mit seinen 193 Minuten Laufzeit der lange Auftakt einer fünfteiligen Filmreihe.
Dreizehn Jahre nach dem Original-„Avatar“ beweist Cameron, was er mit einem gigantischen Produktionsbudget von geschätzten 350 bis 400 Millionen Dollar für eindrucksvolle Welten bauen kann – vor allem unter Wasser. Mithilfe spektakulärer 3-D-Technik schafft er glasklare Tiefenschärfe und taucht effektvoll in die blauen Tiefen des Meeres ein. Wenn zauberhaft zarte Fische vorbeischweben, spürt man fast den Flossenschlag. Die faszinierenden Bilder erzielen maximal haptische Qualität: Sie scheinen zum Greifen nah.
Zum Greifen nah sind leider auch die Menschen, die zu einem weiteren Schlag gegen Pandoras Ureinwohner, die blauen Na’vis ausholen und Ex-Marine Sully und seine Familie bedrohen.
Sully (Sam Worthington) lebt als Na’vi im Körper seines Avatars und hat mit Neytiri (Zoe Saldana) Kinder bekommen. Das beschauliche Familienleben ist leider nur von kurzer Dauer. „Glück ist einfach“, heißt es gleich am Anfang, und: „Es kann auch schnell vorbei sein.“
Tatsächlich taucht auch schon eine Kriegsflotte am Horizont auf. Sullys verstorbener Erzfeind Quaritch (Stephen Lang) kehrt als bösartiger Na’vi zurück und treibt Sully und die Seinen vor sich her. Die Familie muss ihr bewaldetes Zuhause verlassen und zum türkisen Na’vi-Clan Metkayina, angeführt von Ronal (Kate Winslet) und Tonowari (Cliff Curtis) flüchten. Diese nehmen die Flüchtlinge auf und lehren sie „the way of water“.
Meeresboden
Das Tor zum Meeresgrund stößt Cameron auf wie die Tür zu einer Wunderkammer, in der sich eine atemberaubende Unterwasserwelt eröffnet. Dort trifft Sullys jüngerer Sohn auf einen Tulkun, eine Art felsengroßen Wal, der ihm das Leben rettet und ihm dann berührend die Flosse zur Freundschaft reicht.
Cameron changiert seine (allzu lange) Handlung zwischen elegischem Unterwasserzauber und Actionbombast wie zwischen einer gigantischen Folge von „Universum“ und einem Vietnam-Kriegsfilm. US-Militär bricht grausam über den Dschungel der Na’vis herein und setzt seine herrliche Natur in Flammen. Die Soldaten bekämpfen die Flug- und Tauchsaurier der Na’vis mit High-Tech-Ausrüstung, zeigen sich im Kampf gegen geballte Stammesgewalt aber verletzlich.
Dass Natur ausschließlich gut, Technologie und Wissenschaft aber tendenziell schlecht sind, hätte Cameron nicht ganz so unhinterfragt stehen lassen müssen. Auch Stammbuchsprüche wie „Der Vater ist hier, um zu beschützen. Das ist seine Berufung“, verraten Camerons Alter.
Dafür suchen die Actionsequenzen auf der sinkenden Militärbasis, deren Räume sich langsam mit Wasser füllen, einmal mehr ihresgleichen. So wirr und unüberschaubar die Kampfhandlungen auch sein mögen, so fest hat James Cameron ihre Choreografie im Griff. Ob unter Wasser oder zu Land, man spürt die sichere Hand eines Regisseurs, der erfolgreich die „Titanic“ versenkt hat.
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