60 Jahre nach Liz Taylor: Comeback für Cleopatra

Cleopatra ist die neue Sissi, ihr sollen gleich zwei neue Filme gewidmet werden. Alles, was man über den alten Schinken, die neuen Streifen und Cleo selbst wissen sollte.

Man nähert sich einer Pharaonin nicht einfach so an. Das musste auch schon  das prestigeträchtigste Studio des alten Hollywood, Metro-Goldwyn-Mayer, vor gut 60 Jahren feststellen. Nicht, dass es der erste Versuch gewesen wäre, das spektakuläre Leben der letzten Pharaonin im Film festzuhalten.

Bereits 1899 ging es los, erreichte 1934 mit Claudette Colbert einen ersten Höhepunkt, bevor Liz Taylor an der Reihe war, gab es bereits 14 andere Cleopatras, unter ihnen auch Sophia Loren. Die war übrigens auch kurz im Gespräch für den legendären MGM-Film, man entschied sich dann allerdings für Joan Collins, es sollte ein schlanker Film mit überschaubarem Budget von 2 Mio Dollar werden. Bis ...

Historiker gehen tatsächlich davon aus, dass die junge Cleopatra sich in Caesars Quartier schmuggeln ließ, um den Häschern ihres Bruders zu entgehen. Allerdings nicht in einem Teppich, sondern in einem Wäschesack

Bis „die“ Taylor auf den Plan trat. 1 Mio Dollar betrug allein ihre Gage! Es war die höchste, die bis dahin überhaupt ausbezahlt wurde.

 

1958 hatte die Planung begonnen, 1960 fing man endlich mit den Dreharbeiten an. Drehbücher waren geschrieben und verworfen worden, Rollen besetzt und umbesetzt, Peter Finch und Stephen Boyd landeten schließlich als Caesar und Mark Anton in England, wo gedreht werden sollte.

Allein, das feuchte britische Klima setzte der britischen Diva Liz Taylor zu sehr zu, zuerst war’s nur ein kratziger Hals, der sie zwei Wochen vom Set fernhielt, dann kam Fieber dazu, schließlich wurde eine Hirnhautentzündung diagnostiziert. Nach zwei Monaten war das Budget hoffnungslos überzogen – und man hatte nicht einmal zehn fertige Minuten Film.

Die Studio-Bosse entschieden, die Notbremse zu ziehen – das hieß in diesem Fall, den Regisseur auszutauschen.

Was genau Rouben Mamoulian, der mit „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“ oder „Königin Christine“ (Greta Garbo) doch einige Klassiker abgeliefert hat, dafür konnte, ist nicht überliefert. Mit Joseph L. Mankiewicz war jedenfalls Liz Taylors Lieblingsregisseur neu an Bord, der Bruder des legendären Drehbuch-Autors Herman J. Mankiewicz („Citizen Kane“). Der fand die in zwei mühsamen Jahren erarbeiteten Drehbücher „dumm“ und „unverfilmbar“ und begann, sie komplett neu zu schreiben.

Die männlichen Stars Finch und Boyd waren inzwischen ohne zu drehen, dafür mit voller Bezahlung, zu anderen Filmprojekten weitergezogen, Rex Harrison und Richard Burton, eigentlich nur vierte Wahl, wurden engagiert, kurz, es herrschte Chaos, bis zu 70.000 Dollar täglich wurden „verbrannt“, ohne dass tatsächlich gedreht wurde, mit mehr als 40 Mio Dollar wurde „Cleopatra“ schließlich der teuerste Film aller Zeiten. Inflationsbereinigt sind das etwa 300 Mio Dollar, ein Betrag, der erst vom ersten „Avatar“ James Camerons im Jahr 2009 getoppt werden sollte.

Promotion vom Papst

1961 ging es endlich weiter mit dem Filmen, diesmal im sonnigen Rom, wo in der Cinecittà noch nie da gewesene 79 verschiedene Kulissen hergestellt wurden. 26.000 Kostüme wurden geschneidert, allein für Cleopatra waren es 65, eines davon aus 24 Karat Gold, Kostenpunkt knapp 200.000 Dollar. Für die Diva wurde täglich Chili con Carne aus dem Chasen’s in Beverly Hills, ihrem Lieblingsrestaurant, eingeflogen.

Und natürlich: Obwohl sie Richard Burton schon vor knapp zehn Jahren kennen gelernt hatte und ihn damals einen „ungehobelten Bauerntölpel“ nannte, waren die Dreharbeiten der Beginn der vielleicht größten aller Glam-Beziehungen, Liz und Richard wurden quasi auf Anhieb ein Paar.

Und das, obwohl beide verheiratet waren. Das war damals nicht nichts, eine konservative US-Senatorin wollte den beiden die Wiedereinreise in die USA verweigern lassen, und der Papst höchstpersönlich verurteilte das „erotische Vagabundieren“ des prominenten Paares.

 

Es war allerdings wahrscheinlich genau dieses „Vagabundieren“, das MGM vor dem totalen Ruin rettete. Die Filmfirma war tief in den roten Zahlen, und nur der Ansturm an den Kassen - auch hervorgerufen dadurch, dass jeder das Skandal-Paar Burton/Taylor sehen wollte – retteten sie vor der Pleite. Auch wenn „Cleopatra“ erst im Jahr 1973 die Kosten komplett wieder hereinspielte.

Die neuen Cleopatras

Wer soll sich da wundern, dass auch die beiden neuen Projekte mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Paramount will seit einigen Jahren einen würdigen Nachfolger für Liz Taylors „Cleopatra“ drehen. Und auch hier wurden ursprüngliche Besetzungen wild über den Haufen geworfen. Angelina Jolie sollte es für Sony machen, dann Lady Gaga – dann hat Paramount in einer wilden Bieter-Schlacht, die Rechte geschnappt und „Wonder Woman“ Gal Gadot die Rolle gegeben.

Ohne hier jetzt etwas schlecht machen zu wollen, und Gaga hätte vom markanten Profil her definitiv gepasst – aber alle drei Schauspielerinnen sind tatsächlich zu alt für den Job.

Cleopatra war 22 als sie Caesar kennen lernte, mit 28 begann ihre Beziehung zu Mark Anton, mit dem sie noch drei Kinder hatte, bevor sie mit 39 Jahren starb. Lady Gaga ist 36, Gadot 38, Jolie 47. Als Taylor mit den Dreharbeiten begann, war sie 29, Burton war 36 (Marc Anton 35), Rex Harrison war 53 (Caesar 52). Damals passte das eigentlich ganz gut ...

Egal, wie im gut abgehangenen Schinken aus 1963 wurde auch beim neuen Projekt nicht nur die Hauptdarstellerin, sondern auch die Regisseurin gewechselt. Auf  Patty Jenkins („Wonder Woman“) folgte Kari Skogland („The Falcon and the Winter Soldier“), das Drehbuch ist von Laeta Kalogridis („Shutter Island“) – wenn es nicht umgeschrieben wird.

Noch ärger geht es beim Projekt von Star-Regisseur Denis Villeneuve, an dem er seit sage und schreibe fünf Jahren arbeitet. „Kurz, blutig und mit viel Sex“, wolle er den alten Monumental-Stoff ins neue Jahrtausend bringen. Dazu Intrigen, Verrat und Plot-Twists. Klingt doch spannend.

Dann kamen ihm die beiden „Dune“-Teile dazwischen, doch immerhin meinte er letztes Jahr, sein nächster Film wird definitiv „Cleopatra“ werden. Vielleicht ja sogar mit seiner neuen Lieblingsschauspielerin Zendaya aus „Dune“ in der Hauptrolle. Sie hat teilweise afrikanische Wurzeln – womit wir bei der entscheidenden Frage angelangt wären: Wie hat Cleopatra denn eigentlich ausgesehen?

1. Auch wenn es heute viele nicht gerne hören: Sie war keine Ägypterin, also auch keine Afrikanerin. Ihre Familie stammt aus dem nördlichsten Griechenland und hat über 3 Jahrhunderte der pharaonischen Tradition der Verwandten-Ehe gefrönt. Es ist nur eine Großmutter bekannt, die syrische und persische Eltern hatte. Der Israelin Gal Gadot vorzuwerfen, sie sei zu weiß für die Rolle, ist mehr als fragwürdig.

2. Sie hatte ganz sicher nicht den berühmten „Pony“, der heute den Cleopatra-Look ausmacht. Dieser Style stammt aus viel älterer Zeit in Ägypten, als es für Männer und Frauen üblich war, sich den Kopf zu rasieren. Die Perücken, die man dann trug, entsprechen in etwa dem Look aus den Filmen. Cleopatra trug ihr – vermutlich – stark gelocktes Haar zu einem Knoten gebunden, mit  freien Löckchen an Stirn und Schläfen.

3. War sie schön? Wohl ja. Zumindest beschreiben sie die meisten zeitgenössischen Historiker so, obwohl ihr die meist nicht wohlgesonnen waren. Zusätzlich betonen alle, dass sie auch durch ihre Klugheit und ihren Witz auffiel. Ihren Statuen zufolge hatte sie ein klassisches Profil, aber wer sagt, dass Frauen mit Charakternase nicht wunderschön sein können? Denken wir nur an "Nairobi" aus "Haus des Geldes"! Dem Cleopatra-Bild auf den oft zitierten Münzen sollte man nicht zu viel Gewicht beimessen – denn da sieht der auf der Rückseite abgebildete Mark Anton aus als hätte ihn Alberto Uderzo („Asterix & Obelix“) als Karikatur gezeichnet.

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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