Ryan Reynolds im Interview: "Fussball veränderte unser Leben“

"Welcome to Wrexham": Eine Show auf Disney+ erzählt, wie sich Hollywood einen Fußballklub aus Wales krallte.

Sein Vater war bei den „Mounties“, der königlichen kanadischen berittenen Polizei. Vermutlich ist das der Grund, warum Ryan Reynolds nichts und niemand aus dem Sattel wirft. Nicht die geplatzten Verlobungen mit Sängerin Alanis Morissette und der Schauspielerin Scarlett Johansson. Auch nicht ein angeknackster Rückenwirbel. Mit 19 Jahren war der angehende Hollywoodstar während eines Europa-Trips im jugendlichen Übermut von einer Zürcher Brücke in die Limmat gesprungen. Autsch!

Vermutlich wirkt Reynolds daher so überzeugend als Marvel-Superheld „Deadpool“: durchgeknallt und selbstironisch. Der Mann, der vom US-Magazin „People“ vor zwölf Jahren zum „Sexiest Man Alive“ gewählt worden war, liebt jedenfalls das Risiko. Nicht nur privat und vor der Kamera, sondern auch geschäftlich.

Mann mit dem Midas Touch

Wie Ryan Reynolds im Interview erzählt, hat er unter anderem eine Spirituosen-Marke und eine Mobilfunk-Firma aufgebaut. Sein offensichtlich goldenes Händchen gab daher auch den Ausschlag für einen folgenschweren Sidestep des Hollywoodstars in den Sport.

Auf Anregung seines Schauspielerkollegen Rob McElhenney („Lost“, „Fargo“) investierte er vor zwei Jahren über eine Million US-Dollar in einen Fünftligisten aus Wales, den 1864 (!) gegründeten „Wrexham Association Football Club“, in seiner Heimat auch bekannt als „The Red Dragons“ („Die roten Drachen“).

Zwei Schauspieler wollen Hollywood und Wales auf einen Nenner bringen. Was wie ein Witz klingt, entpuppte sich bald als regelrechte Erfolgsgeschichte. Von der obersten Liga ist der Fußball-Außenseiter zwar auch zwei Jahre nach Vereinsübernahme durch Ryan Reynolds und Rob McElhenney weit entfernt, aber es gibt Licht am Ende des Tunnels. Denn seither ist einiges Geld in die Vereinskasse gespült worden. Geld, das unter anderem vom Verkauf der äußerst unterhaltsamen und sehenswerten Disney+-Miniserie „Welcome to Wrexham“ stammt.

In vorerst 18 Episoden erzählt die Serie in einer Art Crashkurs, was man als neuer Vereinsbesitzer drauf haben sollte. Ganz wichtig: Vom löchrigen Spielfeld über die schmuddelige Umkleidekabine bis zum Front Desk sowie angrenzenden Pub das richtige Gespür für die Spieler UND die Fans zu beweisen.

Dribbeln & TikTok

Der Umsatz von „Welcome to Wrexham“ wird bis dato auf mehr als drei Millionen Euro geschätzt. Vermutlich viel zu wenig, um einen Superstar wie Gareth Bale nach den Stationen Real Madrid und Los Angeles wieder nach Wales zu locken. Auf TikTok steht Wrexham zumindest super da: von 0 auf 489.000 Follower in nur drei Jahren. Das lässt viele im Klub schon träumen. Die Zahl der Dauerkarteninhaber hat sich sich in den letzten drei Jahren auf knapp 7.000. verdreifacht. Und sportlich geht es sowieso in die richtige Richtung. Die Waliser liegen in ihrer Liga mit aktuell 46 Punkten (Stand: 25. November) am vordersten Platz in der National League.

Rob McElhenney und Ryan Reynolds

©2022 FX Networks/Disney Company

Die freizeit fragte die Hollywoodstars Reynolds und McElhenney, warum sie den Verein kauften.

Sie sind zwei Hollywoodstars, Ihr Metier ist der Film. In Bezug auf Fußball sind Sie als Nordamerikaner fast so etwas wie Fremde. Und dennoch haben Sie einen Fußballverein gekauft, den Fünftligisten AFC Wrexham. Wie fanden Sie Zugang zu den Spielern und ihren Fans?

Ryan Reynolds: Wenn Sie das so sagen, klingt das beinahe nach einer Invasion. Wir haben den höchsten Respekt vor diesem Verein. Es geht uns dabei nicht nur um den Sport, wir wollen auch etwas für die Bewohner der Stadt Wrexham machen.

Rob, als Sie den Verein kauften, gaben Sie als Ziel den Aufstieg in die Premier League an. Bald aber mussten Sie erkennen, dass dies nicht so einfach zu erreichen ist. Wie lange tun Sie sich das an?

Ich bin Mitte 40. Mit meiner TV-Serie „It’s Always Sunny in Philadelphia“ habe ich alles erreicht, was ich mir je erträumte. Ich könnte mich also aufs Altenteil zurückziehen. Aber ich mag neue Herausforderungen und lerne gerne dazu.

Ryan, wie hat es Rob geschafft, Sie zu überreden, sich auf dieses Abenteuer einzulassen?

Rob machte es mir schmackhaft, indem er mich daran erinnerte, dass ich gerne gute Geschäfte mache. Und stimmt ja auch, ich bin Mitbesitzer einer Gin-Marke, besitze den US-amerikanischen Mobilfunkanbieter Mint Mobile und habe auch eine Marketing-Agentur. Business ist meine Leidenschaft.

Auf den Punkt gebracht: Rob fragte also, ob Sie ein paar Millionen übrig haben, und Sie sagten sofort okay?

Ja, ungefähr so (lacht).

Hollywoodstars Will Ferrell und Ryan Reynolds (r.) mit Fußball-Legende David Beckham (M.) im Stadion

©2022 FX Networks/Disney Company
Um aufzusteigen, braucht Ihr Verein einen echten Star als Motivationsschub. Bei der WM hat Gareth Bale wieder einmal auf sich aufmerksam gemacht. Wollen Sie ihn nicht verpflichten? Jetzt spielt er zwar für den Los Angeles FC. Aber als gebürtiger Waliser wäre er eine Top-Wahl für den walisischen Verein AFC Wrexham.

ROB: Wir sind dran. Er spielt gerne Golf. Ich auch. Ich kenne viele tolle Golfplätze rund um Los Angeles. Ich könnte mir vorstellen, dass er die letzten Jahre seiner Karriere gern ein bisschen kürzer treten würde, in Wrexham vielleicht. Wir können ihm aber nur ein Achtzehntel seines jetzigen Gehalts zahlen.

Vielleicht sagt er ja zu. Sieht man sich Ihre Miniserie „Welcome to Wrexham“ auf dem Streamingdienst Disney+ an, erkennt man bald, dass Sie mehr als einen Verein gekauft haben, nämlich eine ganze Stadt.

RYAN: Genau darum geht’s! Fußball bedeutet dieser Stadt so viel. Wir merkten bald, dass man keinen Verein übernehmen kann, ohne etwas für die Stadt zu tun. AFC ist der Herzschlag von Wrexham.

Bald gehen Sie und der Fußballklub ins dritte gemeinsame Jahr. Die Premier League ist noch nicht in Reichweite. Gab es einen Moment, in dem Sie Ihr Engagement bereut haben?

RYAN: Bei jedem zweiten Atemzug. Aber darum geht es ja im Fußball. Du unterstützt einen Verein und nach einiger Zeit merkst du, du hast zwei Leben: eines vor und eines mit Fußball. Er veränderte unser Leben ziemlich. Aber wir bereuen nichts.

Ryan, Rob, vielen Dank für das Gespräch.
Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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