Georgij Makazaria: „In Opas Moskwitsch auf Urlaub nach Georgien“
Sowjetische Vergangenheit, internationale Zukunft – egal, ob seine Band Russkaja jetzt tatsächlich aufgelöst ist: Wir werden Georgij Makazaria noch auf vielen Bühnen zu sehen bekommen.
Es sorgte für einiges Aufsehen, als Georgij Makazaria seine Band Russkaja vor knapp zwei Wochen auflöste (der KURIER berichtete, auch mit einem Interview dazu). Zumindest in der bekannten Form, als Ska-Polka-Metal-Band in russischen Kostümen. Mit der "freizeit" traf sich das Multitalent, das eben auch als Tevje in Anatevka brillierte, zu einem Gespräch über die musikalische Zukunft, die georgische Vergangenheit – und wann die Zeit für Schmähs vorbei ist.
Sie sind ein großer Fan von Ivan Rebroff, wie ich gehört habe. Wie kam’s dazu?
Ja, ich habe einige Schallplatten von ihm, fünf, glaube ich. Und ganz klar, diese Stimme war einfach ein Phänomen. Die machte ihn schon früh zu einem meiner Helden.
Inzwischen haben Sie sogar seine Paraderolle übernommen ...
Ja, 2020 bekam ich am Badener Stadttheater die Rolle des Tevje in Anatevka. Das war wirklich bewegend für mich. Wegen Rebroff natürlich, den ich, wie gesagt, sehr verehre, aber auch weil mein Urgroßvater aus der Gegend von Anatevka kommt. Und wie die Menschen in dem Stück musste er Anfang des 20. Jahrhunderts aus seiner Heimat fliehen. Nur floh er nicht nach Amerika, wie die Charaktere im Musical, sondern in den Osten Chinas ...
Beim Musical kommt zum Singen das Schauspielen dazu. Haben Sie in dieser Hinsicht Pläne? Film oder TV-Rollen?
Es gibt da tatsächlich ein konkretes Angebot in Sachen Film, nur leider darf ich noch nicht darüber sprechen ...
Sie sind im Moment auch mit Ihrer Zweit-Band, dem „Gentlemen Music Club“ sehr erfolgreich. Im aktuellen Programm mit dem fantastischen Cornelius Obonya.
Ja, es ist eine richtige Freude, mit ihm zu spielen. Und nochmals ja, es sieht glücklicherweise gut aus, wir hatten gerade ein ausverkauftes Konzert im Konzerthaus.
Den Namen dieses Projekts haben Sie geändert, es hieß ursprünglich „Russian Gentlemen Club“ ...
Es ist eben so, dass du mit „Russland“ negative Assoziationen auslöst. Das ist auch verständlich. Aber eigentlich absurd, ich bin Halbjude mit georgischen Wurzeln, Aliosha Biz und Roman Grinberg sind Juden, die in Moskau geboren wurden, Alex Shevchenko ist russischer Ukrainer. Wir stehen nicht für Krieg oder Aggression in irgendeiner Art. Aber wir schöpfen aus der Tradition, aus dem Umfeld, wo wir herkommen. Nur ist das im Moment eben sehr schwierig.
Sie sind in Moskau geboren, aber wie Sie eben angedeutet haben, Ihre Eltern kommen ursprünglich aus Georgien. Haben Sie dort auch noch Verwandte?
Ja, in Tiflis. Wir sind auch noch in gutem Kontakt, haben uns aber doch schon einige Zeit nicht gesehen, zuerst war Covid, und jetzt ist halt auch keine gute Reisezeit in diese Richtung leider ... Aber ich hoffe, es ergibt sich in nächster Zeit einmal wieder.
Welche Erinnerungen haben Sie an Georgien?
In Opas Moskwitsch sind wir im Sommer regelmäßig nach Georgien auf Urlaub gefahren. Meistens in seine Heimatstadt Kutaisi und von dort natürlich auch ans Meer, Batumi und Sochumi, das sind wunderbare historische Hafenstädte mit schönen Stränden und hübschen Pensionen. Da hab ich sehr tolle, lebhafte Erinnerungen daran.
Sie kochen gerne, wie ich gehört habe. Was ist der Geschmack Georgiens?
Pkhali! Eigentlich eine Vorspeise, aber man kann es auch einfach zwischendurch mit einem Brot oder als leichten Lunch essen. Viele Kräuter: Koriander, Estragon und noch mehr, Dill zum Beispiel, da hat jede Familie ihr Geheimrezept. Dann Walnüsse, die werden fein gemahlen, Knoblauch, Zwiebeln. Und Spinat, man kann aber auch Kohl, Bohnen oder Rote Rüben nehmen. Das wird dann zu einer Paste gemacht und in gebratene Melanzani eingerollt. Oder auf frisches Brot geschmiert, Granatapfelkerne drüber – herrlich.
Sie sind 1989 mit 15 nach Wien gekommen. Wie war die Umstellung für Sie?
Ich war halt gewohnt, dass es wenig gibt. Also zu kaufen, auch Lebensmittel, da gab es kaum Auswahl. Und wenn ein Lkw kam, wurde die Ware oft gar nicht im Supermarkt eingeschlichtet, sondern gleich von der Plattform verkauft. Da bin ich oft angestanden für Klopapier oder Bananen oder was es halt gerade gab. Und dann steh ich mit 15 in Wien im Supermarkt und sehe alleine 87 Käsesorten. Da ist man ja echt überfordert. Und es dauert ein bisschen, bis man begreift, dass dieses Überangebot NICHT das Wichtigste ist ...
Bereuen Sie es inzwischen schon, dass Sie Ihre Band Russkaja aufgelöst haben?
Nein, es ging einfach nicht mehr. Der Krieg, die ganze Situation ist zu schrecklich – Dimitri Miller, unser Bassist, der von Anfang an dabei war, ist Ukrainer, hat Freunde und Verwandte dort ...
So waren Sie aber doch ein gelebtes Beispiel für ein harmonisches Miteinander.
Ja, aber trotzdem. Mir blieb der Russen-Schmäh im letzten Jahr zu oft im Hals stecken. Wie kann ich Spaß machen, so auf „die Russen kommen“, wenn gleichzeitig so etwas passiert. In Europa!
Aber es ging bei Russkaja doch in erster Linie um Lebensfreude.
Schon, nur muss man sich die Frage stellen: Ist dafür in einer derartigen Lage Platz? Ich glaube, die Zeit ist jetzt mal vorbei. Ich muss erst einmal durch die Songs gehen, die Texte genau anschauen, und dann sehen, WAS ich davon aktuell noch singen kann und will
Wer Sie nur vom TV kennt, wird vielleicht gar nicht wissen, dass Sie eigentlich vom harten Rock kommen. 2020 haben Sie einen Amadeus in der Kategorie „Hard and Heavy“ gewonnen, mit der Band Stahlhammer waren Sie schon in den 1990ern ziemlich erfolgreich. Ist das etwas, wo's in Zukunft hingehen könnte?
Vielleicht, wir werden sehen. Unser Gitarrist Engel Mayr, der auch die meisten Songs schreibt und produziert, kommt ursprünglich auch vom Rock, also das läge uns nicht so fern. Ich mag aber auch Elektronik gerne – und andererseits ganz sanfte, akustische Balladen. Damit bestreite ich demnächst ein Solo-Programm, also nur meine Gitarre und ich, und damit geh ich so ein bisschen auf musikalische Weltreise. Songs aus Skandinavien, Süd- und Ost-Europa ...
Ihre Vielseitigkeit beweisen Sie ja auch immer in „Willkommen Österreich“, wo’s regelmäßig Duette mit einem der Stargäste gibt. Welche sind Ihnen da besonders in Erinnerung?
Wie Udo Jürgens sich bei der Probe eingebracht hat, Ideen entwickelte, uns dirigierte – der war wirklich ein ganz Großer. Und Helene Fischer, die ist ein unwahrscheinlicher Profi. Eine Perfektionistin. Ich hab beim Auftritt eine Silbe falsch ausgesprochen – sie lächelt dann zwar weiter, aber ihr Blick ...
Wen würden Sie sich zum Duett wünschen, wenn das Budget keine Rolle spielte. Robert Plant? Sie sind Led Zeppelin-Fan, wie ich weiß ...
Ja, stimmt, das bin ich schon lange ... aber würde ich doch lieber mit Rihanna singen. Die mag ich schon seeeehr gerne! (lacht)
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