Pop & Rock zum Lesen: Bonmots von Bono & Co
Drei Ausnahmemusiker, drei bemerkenswerte Biografien. Bono (U2), Brian Johnson (AC/DC) und Jarvis Cocker (Pulp) erzählen aus ihren Leben.
"Im Dunkeln ist das erste kleine Licht von größter Bedeutung. Die Schatten der Roadies, die über die Bühne laufen und die Kabel ein letztes Mal überprüfen.“
Wenn Paul David Hewson, besser bekannt als Bono, von seinem Beruf als Sänger des irischen Quartetts U2 erzählt, erhalten auch sie eine Stimme: die Menschen im Background. Denn ohne Fans mit den „schönen, erwartungsvollen Augen“ oder Roadies wie Lemmy (!), „Punk-Prototyp der ersten Stunde“, der Bono & Co 1980 vor dem Londoner Marquee Club „beim Ausladen und Aufbauen unserer Anlage“ half, geht im Rock ’n’ Roll gar nichts.
Für seine Memoiren musste der Musiker schon einige Kritik einstecken: zu missionarisch, zu selbstverliebt, zu wenig Sex. Bullshit! Immerhin gibt Bono sich darin sehr selbstkritisch. In „Surrender: 40 Songs, One Story“, seiner fast ausufernden Autobiografie, erinnert sich der Sänger an die Anfänge seines Bühnendaseins. „Als Performer war ich verkrampft, ein Zitteraal in schwarzen Plastikhosen, der Gott anbrüllt, anstatt den Himmel anzusingen.“
Hier liest Bono himself Auszüge aus seinem Buch (auch die Illustrationen bzw, Animationen sind von ihm!).
Viele Jahre, einige Welttourneen und einem Haufen sozialpolitischer Projekte später hockt Bono bei US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus. Dinner, Cocktail, ein, zwei Gläser Wein. „Als ich merkte, dass ich gleich einschlafen würde, habe ich mich verkrümelt.“ Zehn Minuten später fragte „der Führer der freien Welt“: „Wo ist Bono eigentlich? Geht es ihm gut?“ Die Lösung des Rätsels lag ausgeknockt im Schlafzimmer Abraham Lincolns. „Eingeschlafen in der Bequemlichkeit der Freiheit“, wie Bono selbstironisch anmerkt.
Wie ein Stromschlag
Naturgemäß spielt das Tourleben auch in der Bio des AC/DC-Sängers Brian Johnson eine Rolle. Aber nur eine kleine, denn „Die Leben des Brian“ handelt vorwiegend von Kindheit und Jugend jenes ehemaligen Chorknaben, der 1980 in die Fußstapfen des früh verstorbenen Lead-Sängers Bon Scott treten sollte.
Wortgewaltig beschreibt Johnson, was mit ihm geschah, als er als Elfjähriger in der britischen Provinz Little Richards Schlachtruf „A-Wopbop-A-Loobop, A Wopbamboom“ erstmals hörte: „Ich fühlte mich, als hätte mir jemand einen Stromschlag verpasst. Alles an mir stellte sich auf, von den Haaren über die Brustwarzen bis zu einem Körperteil südlich des Bauchnabels, von dem ich noch keine Ahnung hatte, wozu es eigentlich gut war.“
Ah, Sex, ja, gibt es in „Die Leben des Brian“. Und das trotz Badehosen aus Wolle und miesem Wetter und noch schlechterem Essen. Welche Wohltat war es da, als Klein-Brian mit der Mutter, einer gebürtigen Italienerin, deren Heimat besuchte. „Wärme. Von der Sonne. Ich kam mir vor wie im Paradies.“
In Frascati, bei Tante Maria, bekam er sogar ein Glas Wein. Mehr Eindruck aber schindete der Süden als Gesamtkunstwerk. „Meine italienischen Tanten und Cousine Giuliana wirkten einfach so frei, so stilvoll ... so glücklich.“ Und dann erst das Essen. „Am Abend wurden wir mit dem köstlichsten Mahl verwöhnt, das ich genossen hatte – Pasta, Fisch, Fleisch und Käse.“
Kein Wunder, dass aus einem in der Johnson-Family, Bruder Maurice, unter anderem ein Koch wurde. Und natürlich ein Roadie. „Er wurde später sogar zum ,Most Valuable Roadie’ (dt. wertvollsten Roadie) von AC/DC gekürt.“
Hinter dieser Tür
Sehr amüsant ist die Art, wie der Sänger von Pulp („Disco 2000“) seine Erinnerungen angeht. Jarvis Cocker durchwühlt für „Good Pop Bad Pop. Die Dinge des Lebens“ eine Dachkammer und arbeitet so drei Jahrzehnte Britpop auf. Von der kurzen Lederhose aus Deutschland über die Pulp-Garderobe – „ranzige Schlipse“ – bis zu abervielen Konzerttickets kommen hunderte Artefakte zusammen, die eine würdige Pop-Biografie ausmachen.
Auch eine Farfisa-Orgel, „die ich in einem Trödelladen gegenüber der Kathedrale von Sheffield entdeckt hatte“, ist dabei. Mehr noch als jenes Instrument aber war es „Candida, die die Band in neue Sphären führte. Nicht nur in musikalischer Hinsicht (sie hatte eine Klavierprüfung der Stufe drei), sondern auch aus dem einfachen Grund, dass sie eine Frau ist.“ Denn: „In Bands geht es oft ziemlich mackerhaft zu.“ Dank Candida blieb Pulp dieses Los erspart. Und wir Leser dürfen uns über ein schönes Buch über ein schönes Pop-Leben freuen.
Wie haben wir es bei unserem ersten Treffen geschafft, das Schlagzeug, die Verstärker und die angehenden Rockstars in der Küche unterzubringen?
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