Butter Board, Bereal, Bad Bunny: Welche Themen 2022 viral gingen

Social-Media-Apps beeinflussen wie wir sprechen, was wir essen oder gerne hören. Das hat uns 2022 in Atem gehalten.

Eine alte Datenschutz-Weisheit besagt: Das Internet vergisst nichts. Den Userinnen und Usern kann bei den schnelllebigen Trends im Netz schon mal etwas entwischen. 2022 war online einiges los: Twitter fiel in die Hände von Elon Musk, ein Verleumdungsprozess wurde zum Social-Media-Spektakel, ein virales Rezept, bei dem Huhn in Hustensaft gekocht wird, rief sogar die amerikanische Gesundheitsbehörde auf den Plan: Leute, bitte nicht nachmachen! Dennoch, Tiktok blieb auch  2022 die Trend-App schlechthin und prägte mit ihren enormen Nutzerzahlen (über eine Milliarde aktive Nutzer) Gesellschaft und Popkultur. Was als nächstes kommt? Nur der Algorithmus kann es wissen. Wir werfen einen Blick zurück.

Mode und Beauty 

Die Kurzvideo-App Tiktok gab dieses Jahr bei Modetrends klar den Ton an. Im Sommer dominierten #Barbiecore (namensgebend war der Barbie-Film mit Margot Robbie und Ryan Gosling) oder „Coastal Grandmother“ (dt. „Küsten-Oma“) die Timelines: weiße Blusen und cremefarbene Leinenhosen à la Diane Keaton im Filmklassiker „Was das Herz begehrt" (2003). Der Look der Netflix-Hitserie „Wednesday“ geht seit Wochen viral: Die Generation Z holt sich bei der Anti-Heldin (gespielt von Jenna Ortega) und der Emo-Bewegung der 2000er-Jahre Inspiration. Auch sonst zeigte sich die Internet-Gemeinschaft von Vergangenem angetan: Hüftjeans, Plateau-Schuhe und dünne Augenbrauen im Stil der Nullerjahre waren 2022 Dauerbrenner. Virales Modevorbild wurde Schauspielerin Julia Fox. In Beauty-Belangen vertraut das Netz auf Tipps (und Produkte) von Model Hailey Bieber.     

Kulinarik

Soziale Netzwerke sind Heimat einiger seltsamer (und manchmal köstlicher) viraler Rezepte. Ein Auszug: 2022 wurde hart gekochtes Ei wie Parmesan gerieben, Espresso mit Orangensaft vermischt und Butter aufs Brett geschmiert und mit Kräutern dekoriert. Der „Green Goddess Salad“ (Hauptzutat: Kohl) war der Startschuss einer Reihe von viralen Salatrezepten. Etwa jenes von Jennifer Aniston (das sich als falsch herausstellte, wie die Schauspielerin in einem Interview sagte). Regisseurin und Schauspielerin Olivia Wilde teilte wiederum auf Instagram ihr berüchtigtes Salatdressing, mit dem sie Sänger Harry Styles den Kopf verdreht haben soll. Ein Interviewausschnitt der Schauspielerinnen Emma d'Arcy und Olivia Cooke (House of the Dragon) machte schließlich einen italienischen Klassiker zum Getränk der Stunde: Negroni Sbagliato, natürlich mit Prosecco serviert.     

Musik

Social Media war auch 2022 für Musiker der wohl beste Ort, um ein junges Publikum zu erreichen. So schlagen Lieder, die auf Tiktok viral gehen, in der Regel auch in den traditionellen Charts ein. Mit „Wildberry Lillet“ gelang heuer etwa der deutschen Rapperin Nina Chuba der Durchbruch. Größter Tiktok-Hit  2022 war ein neun Jahre alter Cloud Rap Song des schwedischen Interpreten Yung Lean („Ginseng Strip 2002“). Auch ein drei Jahre altes Lied von Sängerin Lena Meyer-Landrut erlebte dank der App einen zweiten Frühling: „Life was a beach“ wurde zum viralen Sommerhit – in Japan. Zu den international größten Künstlern der Plattform zählten dieses Jahr u.a. die R&B-Künstlerin Lizzo und der puerto-ricanische Reggaeton-Star Bad Bunny. Sein Lied „Tití Me Preguntó“ schaffte es auch auf die persönliche Twitter-Hitliste von Ex-US-Präsident Barack Obama.    

Gesellschaft

Via Live-Übertragung verfolgte das Netz in diesem Frühjahr den Gerichtsprozess von Johnny Depp und Amber Heard – und auch, ob die britische Ex-Premierministerin Liz Truss länger im Amt bleiben konnte als ein Salatkopf haltbar bleibt (sie scheiterte). Die geballte Macht der Plattform Reddit bekamen im Juni die Schweden zu spüren, als sie mit #Swedengate ein Shitstorm wegen angeblicher Knausrigkeit erreichte. Ein frecher Emo aus Florida begeisterte das Netz – und überstand sogar die Vogelgrippe. On- und offline viel diskutiert: Die Fußball-WM in Katar. Das Sieger-Foto des argentinischen Nationalspielers Lionel Messi stellte jedenfalls einen Like-Rekord auf Instagram auf (73 Millionen). Bisheriger Rekordhalter: ein Hühnerei.       

Sprache

2022 hat das Internet viele Wortneuschöpfungen hervorgebracht. Auf Tiktok hat sich „Seggs“ statt Sex etabliert. Panini oder Panorama meinen eigentlich Pandemie und „Le-Dollar-Bean“ steht als Synonym für das Wort lesbisch ("le$bian"). Auch Emojis werden zweckentfremdet: Da mutiert die Karotte zur Corona-Impfung, die Sonnenblume zum Solidaritätszeichen mit der Ukraine und ein Maiskolben heißt Pornografie. Grund für die Geheimsprache („Algospeak“) ist „Shadow Banning“: Der Algorithmus spielt Inhalte, die gewisse Wörter enthalten, gar nicht oder so aus, dass sie kaum jemand sieht. Die Nutzer wussten sich dennoch zu helfen.       

Subkulturen

Tiktok ist nicht nur die App mit den Tanzvideos, sondern auch ein Hort für Subkulturen. Dem ungeschulten Auge verborgen, verstecken sich hinter Hashtags riesige Communitys mit gemeinsamen Interessen und Kuriositäten. Nutzer, die auf der Plattform Buchempfehlungen posten, verstehen sich etwa als Teil von #Booktok. Lieblinge der Videoplattform finden dann auch in den traditionellen Bestsellerlisten Einzug. Direkt hinter Booktok folgen Cartok und Filmtok. Wer es nischiger mag: „Nationalpark Tiktok“ oder „Crocheters of Tiktok“ (dt. Häkler), alle unter den Top Ten der reichweitenstärksten Communitys in diesem Jahr.     

Newcomer

Gute Laune und Minimalismus in der Anwendung scheinen 2022 das Erfolgsrezept für neue soziale Netzwerke gewesen zu sein. Im Sommer führte „Bereal“ vielerorts die Downloadcharts an. Die Nutzer werden in der App spontan aufgefordert, ein Foto mit Innen- und Außenkamera zu machen. Die Generation Alpha  (ab 2010) setzt außerdem auf „Gas“. Seit der US-Markteinführung im August dieses Jahres sprengt die Lifestyle-App alle Rekorde. Die Idee: Die Nutzer können anonyme Komplimente verschicken. Ihre Popularität hat es schon zu einem Nachahmer im deutschsprachigen Raum gebracht: „Slay“ sorgt auch hierzulande unter Jungen für Furore.    

Elisabeth Kröpfl

Über Elisabeth Kröpfl

Seit Dezember 2021 beim KURIER. Zuerst im Ressort Lebensart, jetzt am Newsdesk. Spanisch- und Englischstudium in Graz, danach Journalismus-Master an der FHWien.

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