Wintersportler auf einer Piste über der Baumgrenze im Iran

Dieses afrikanische Skigebiet bringt Après-Ski-Feeling wie in den Alpen

Es müssen nicht die Alpen sein. Ob auf einem heiligen Vulkan auf Hawaii, in Australien oder Afrika – wo Schnee liegt, sind Skifahrer nicht weit.

Liegt der Ursprung des Skifahrens in den eisigen Weiten des Altai-Gebirges in Asien? Dort, wo zwischen Kasachstan, Russland, der Mongolei und China karge Gebirgshänge und endlose Schneelandschaften aufeinandertreffen, gleiten vier Männer über einen Felsvorsprung. 

Ihre Bewegungen, festgehalten in einer uralten Höhlenmalerei, erzählen eine Geschichte aus einer längst vergangenen Zeit.

Die Szene: Eine Gruppe von Jägern treibt eine Herde Steinböcke zusammen. Ein fünfter Mann, Speer in der Hand, rast den Hang hinunter. Seine Haltung, die Fahrspur – alles erinnert an einen Skischwung. Archäologen schätzen, dass diese Malereien bis zu 10.000 Jahre alt sein könnten.

Der Ursprung lag nicht in Europa

Damit wären sie 2.000 Jahre älter als die bislang ältesten archäologischen Funde, die der Internationale Skiverband (FIS) als Ursprung des Skifahrens anerkennt. Diese Funde stammen aus Russland und datieren auf die Zeit zwischen 6.300 und 5.000 v. Christus. Auch dort stehen Menschen auf Skiern, während sie Wild jagen. Doch die Details verraten Unterschiede: Bogen und Speer fungieren gleichzeitig als Skistöcke.

Ob Altai oder Nordrussland: Skifahren ist über die Jahrtausende hinweg vielfältig, touristisch und anpassungsfähig geworden. Was einst ein Mittel zum Überleben war, hat sich zu einer weltweiten Leidenschaft entwickelt – und längst die Grenzen klassischer Skigebiete in Skandinavien, den Alpen oder den Rocky Mountains gesprengt.

Verbotener Vulkan auf Hawaii

Selbst an Orten, wo man an Surfbretter oder Kängurus denkt, ist das Skifahren daheim. In Australien gibt es mehrere Skigebiete. Und auf Hawaii seit den 1950ern einen Skiklub, der die Sportler auf den 4.200 Meter hohen Vulkan Mauna Kea brachte. Das ist nicht mehr erwünscht, der Vulkan ist nämlich ein heiliger Ort. 2019 machte ein Video die Runde, das drei Athleten zeigte, wie sie über Erde, Felsen und Firn schlittern – eine Aktion, die schnell als respektlos gebrandmarkt wurde. 

Nur einer der Beteiligten entschuldigte sich. Zwei Jahre später mussten die Rangers laut Honolulu Magazine eine Frau bergen, die schwer verletzt wurde, als sie versuchte, auf einem Bodyboard durch den Schnee zu gleiten – und dabei unsanft auf Felsen landete. Laut dem Honolulu Star-Advertiser erhält der Präsident des Hawaii Ski Club dennoch jedes Jahr sechs bis zehn Anfragen von Menschen, die am Mauna Kea Ski fahren wollen. Seine Antwort: Der Club organisiert nur Skiausflüge weg von den Inseln.

Ein Vulkangipfel, der vom Schnee bedeckt ist. Menschen gehen darauf zu einer Warte.

Wellenreiten, Hula tanzen, mit bunten Fischen durchs Wasser gleiten oder einfach am Strand faulenzen – Hawaii klingt nach Tropenklischee pur. Aber Ski fahren? Auch das geht hier. Zumindest theoretisch, denn erlaubt ist das Skifahren hier nicht mehr. "Hang loose" bekam auf dem Mauna Kea, dem 4.200 Meter hohen Vulkan, ein paar Jahrzehnte eine ganz neue Bedeutung. Wagemutige ließen sich ab den 1950er-Jahren mit dem Jeep oder Hubschrauber hinaufbringen. Denn zwischen November und Februar verwandelt sich der Gipfel in ein weißes Wunderland. Ja, es kann auch auf Hawaii schneien. Nicht umsonst ist Mauna Kea hawaiisch für "Weißer Berg". Dieser gilt als heilig und ist daher seit einigen Jahren für Skifahrer tabu. 
 

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Vielleicht geht es ja auch einmal nach Lesotho. Das Königreich im Himmel, wie es auch genannt wird, ist das einzige Land der Erde, dessen gesamtes Staatsgebiet mehr als 1.000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. 

Sollte einem also im mitteleuropäischen August bei sengender Hitze nach Skifahren dürsten, hier in Afrika auf 3.300 Metern Höhe haben die Pisten geöffnet. Zwei sind es in Afriski. Wie in den Alpen greift man hier auch auf Schneekanonen zurück, wenn der Schnee von oben ausbleibt.

Und noch etwas ist hier ein bisschen so wie in Österreich: Après-Ski. Die taz schrieb einmal: "Im Sky Restaurant und Gondel-Café von Afriski beginnt um 10 Uhr die Happy Hour. Die Skifahrer und Snowboarder führen ihre Wintersportmode vor und machen zu House-Musik Party, ein Bier in der Hand."

Zwei Sonaboarder sitzen auf der Piste, ein Skifahrer steht. Blick auf eher wenig beschneite Berge

Ein schmaler Streifen Schnee inmitten der Steppe – das ist Afriski, das einzige Skigebiet des kleinen Königreichs Lesotho im südlichen Afrika. Auf über 3.000 Metern Seehöhe beginnt im Juni die Wintersaison und dauert bis Ende August. Der natürliche Schnee reicht jedoch selten aus, um die zwei Pisten und den Snowpark vollständig zu bedecken. Deshalb haben die Touristik-Manager des "Bergkönigreichs" Expertise aus den Alpen geholt: Tiroler Spezialisten brachten ihr Wissen über Schneekanonen mit. 

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Und es gibt noch viel mehr Skigebiete auf der Erde, die exotisch, schräg oder sehr weit entfernt sind.  

  • Ätna, Sizilien: Skifahren mit Meerblick

Der Ätna ist ein feuerspeiender Riese, der regelmäßig Lava und Asche in den Himmel schleudert. Mit seinen 3.340 Metern ist er nicht nur der höchste aktive Vulkan Europas, sondern auch Schauplatz eines der exotischsten Skigebiete des Kontinents. Wenn er schlummert, wagen Wintersportler hier ihre Schwünge. Hin und wieder steigt Rauch auf, während die Skifahrer unweit der geschäftigen Stadt Catania ihre Bahnen ziehen. Auf der Südseite bringt eine schicke Sechser-Kabinenbahn aus der Feder des kultigen Designstudios Pininfarina die Sportler auf stolze 2.500 Meter. Die Kulisse ist atemberaubend. Von oben reicht der Blick über saftig-grüne Orangenhaine bis hinunter zum tiefblauen Meer. Und die ganz Mutigen gleiten nicht nur die Pisten hinab, sondern wagen sich direkt auf die Vulkanasche. Ski fahren auf dem Vulkan sozusagen.   

 

Mit Eine Frau geht bei schönem Wetter mit Tourenski auf den Krater des Ätna.

Mit Tourenski auf den Krater des Ätna.

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  • Shanghai Ski, China: Die größte Skihalle der Welt

Ski fahren in einer Halle – keine neue Idee. Bereits vor 98 Jahren gab es in Wien eine Indoor-Piste. Doch die Skihalle, die im Jahr 2024 in Shanghai eröffnet wurde, sprengt alle Dimensionen. Mit einer Skifläche von 90.000 Quadratmetern ist sie die größte weltweit. Auf den künstlichen Hängen thronen Gebäude, die an die Rocky Mountains erinnern. Das Resort, dessen Eröffnung schon für 2019 geplant war, ist ein Symbol für Chinas eisige Ambitionen. Es ist Teil einer staatlichen Investitionsstrategie, die den Wintersport im Land fördern soll. Einerseits strebte China danach, sich als idealer Gastgeber der Olympischen Winterspiele 2022 zu präsentieren, andererseits soll das Projekt den Freizeitdurst der wachsenden Mittelschicht stillen.  
 

Wintersportler fahren auf einer Piste in einer Halle hinab. Mitten auf dem Hügel steht ein küstliches Schloss.

Ski fahren in der großen Halle in Shanghai.

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  • Masik-Ryong, Nordkorea: Mit der Seilbahn aus Ischgl auf leeren Pisten

Es war einmal ein schüchterner Bub, der in einem Schweizer Internat das Skifahren und die Wintersportorte für sich entdeckte. Jahre später wurde aus dem stillen Kind ein mächtiger und gefürchteter Diktator, Kim Jong-un, Nordkoreas "Oberster Führer". Kaum an der Macht, ließ er nicht nur politische Gegner verschwinden, sondern auch das Skigebiet Masik-Ryong aus dem Boden stampfen. Westliche Skifahrer, denen die Moral egal ist, loben die menschenleeren Pisten. Eine alte Seilbahn aus Ischgl transportiert Wintersportler auf den Gipfel. Als das aufflog und Kritik wegen der Umgehung von UN-Sanktionen laut wurde, beteuerten die Verantwortlichen in Tirol, von nichts gewusst zu haben. Über Umwege via China sei die Anlage schließlich nach Nordkorea gelangt.   
 

Wenige Skifahrer auf der Piste in Nordkorea

Die Gebäude in diesem Skigebiet sind im stalinistisch-nordkoreanischen Stil gebaut

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  • Parnass, Griechenland: Skifahren wie ein Gott

Oben soll einst Gott Apollon residiert haben, und unten liegt Delphi, die Heimat des berühmten Orakels. Ein Ort, der griechischer nicht sein könnte. Doch was heute am Parnass geschieht, hätte die alten Griechen wohl irritiert – oder begeistert. Wintersport! Womöglich würden sie selbst die Ski anschnallen. Wintersport! Mit Blick aufs Meer schwingen Skifahrer die Hänge hinab, wo einst nur Götter wandelten. Rund 2,5 Autostunden von Athen entfernt liegt das größte Skizentrum Griechenlands mit 23 Pisten, die längste misst sogar stolze vier Kilometer. Mit den Liften – darunter auch Achter-Kabinen – geht es bis auf 2.260 Meter Höhe. 

Ein Sessellift im Gebirge mit einem Panoramarestaurant daneben

Auch auf Griechenlands Berge fahren die Skilifte

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  • Darbandsar im Elburs-Gebirge, Iran: Der Sittenpolizei davonfahren

In Tschadors gehüllte Frauen, langbärtige Männer, die strenge Sittenpolizei – das Bild vom Iran ist schnell gezeichnet. Aber es ist nur die halbe Wahrheit. Eine rebellische Jugend, die den Vorschriften trotzt, sich Freiräume erkämpft und in Autos, vollgepackt mit Skiern und Snowboards, Richtung Berge aufbricht – auch das ist der Iran. Die atemberaubende Kulisse des Elburs-Gebirges, nur einen Katzensprung von Teheran entfernt, ist der perfekte Ort, um der konservativen Gesellschaft zu entfliehen. Besonders angesagt bei den wohlhabenderen Einwohnern der Hauptstadt ist Darbandsar, 60 Kilometer von Teheran entfernt. Dazu ist es das einzige Skigebiet des Landes mit Schneekanonen

Ein Sessellift in einer eingeschneiten Landschaft

Ski fahren in den Bergen in der Nähe der iranischen Hauptstadt Teheran.

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  • Mount Hotham, Australien: Sommerlager für die Ski-Profis

Downhill in Down Under? Ja, das gibt es – und das gleich 16 Mal im Südosten des Landes. Hierher kommen sogar die Profis des Ski-Weltcups, um während der europäischen Sommerpause zu trainieren. Ein Highlight in der Geschichte des australischen Wintersports war das Weltcup-Rennen in Thredbo am 11. August 1993: Ein Riesenslalom, der die Saison eröffnete. Wie in anderen exotischen Skiregionen befinden sich auch hier einige Resorts auf ehemaligen Vulkanen. Ein Beispiel dafür ist der rund 1.800 Meter hohe Mount Hotham. Auf 1.750 Metern thront dort ein Feriendorf, das sich perfekt in die alpine Kulisse einfügt. 

Eine verschneite Winterlandschaft - in Australien

Verschneite Winterlandschaft - in Australien

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Chris Putnam/Alamy Stock Photos / Chris Putnam/mauritius images
  • Gulmarg, Indien: Unerforschte Schnee-Weiten

Das Gebiet gilt als Indiens Skizentrum. Doch das Resort in den Bergen des Vorhimalayas im Bundesstaat Jammu und Kaschmir ist noch weitgehend unerschlossen. Der Tourismus hält sich in Grenzen, viele Berge warten noch darauf, entdeckt zu werden. Profis wagen es, auf den unpräparierten Abfahrten des 4.200 Meter hohen Mount Apharwat abzufahren. Da ist es ratsam, geländekundige Guides auf die Touren mitzunehmen. Ein Besuch lohnt sich auch ab Frühling. Nicht umsonst heißt Gulmarg auf Deutsch Blumenwiese.  

  • Ushuaia, Argentinien: Abfahrt in der südlichesten Stadt der Welt

Ushuaia, das argentinische Tor zur Antarktis, beansprucht den Titel der südlichsten Stadt der Welt. Solange man das kleine chilenische Puerto Williams – das eher ein Dorf als eine Stadt ist – außen vor lässt, hält Ushuaia diesen Rekord wohl sicher. Doch die Region hat noch mehr zu bieten: Seit 22 Jahren lockt das südlichste Skigebiet Wintersportler ans Ende der Welt. Am Cerro Castor schnallen Abenteuerlustige ihre Ski an und gleiten über die Pisten von Feuerland. Aber auch abseits davon wird der Berg zum Erlebnis: Ein Sessellift bringt Besucher hinauf zum Martial-Gletscher – spektakuläre Ausblicke inklusive. Ski fahren, wo die Welt fast zu Ende ist – ein Erlebnis der besonderen Art.  

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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