Zu Besuch im einst glücklichsten Ort der USA: San Luis Obispo

Wer sich den Highway 1 in Kalifornien gönnt, kringelt oft San Luis Obispo auf der Karte ein, weil: Es liegt so praktisch. Warum sich eine Reise lohnt.

Überblick

Anreise

Flug (z.B. mit AUA) nach Los Angeles oder Kalifornien (mit Zwischenstopp). Per Flieger weiter zum Flughafen San Luis Obispo

Weiter mit dem Auto

per Mietauto auf die California State Route 1.

Währung

Dollar

Von Nicola Afchar-Negad

San Luis Obi-wie nochmal? Die nicht mal 50.000 Einwohner zählende Stadt am Breitengrad 35,2669 steht nicht unbedingt auf vielen Bucketlists. Der Wikipedia-Eintrag ist überschaubar, es bleibt nur hängen, dass Zac Efron in SLO, wie man die Stadt kurz nennt, auf die Welt gekommen ist. Schade eigentlich. 

Auf halber Strecke zwischen Los Angeles und San Francisco gelegen, ist SLO so etwas wie eine Auszeit. Ein Runterkommen, eine Planlosigkeit – im besten Sinne. Man muss hier nichts Spezielles sehen – und erlebt doch viel mehr als gedacht. Nicht ohne Grund hat "Condé Nast Traveller" SLO heuer in die Top 10 der US-Towns (also Kleinstädte) bugsiert. Kleine Coffeeshops, Galerien, Stand-up-Comedy-Nächte und Brettspielabende im "Captain Nemo". 

Das ist alles so herrlich unaufgeregt und hat genau deswegen Charme ohne Ende – insbesondere, wenn man zwischen Hollywood und Golden Gate-Bridge tourt und dafür Kräfte sparen muss. Wer in San Luis Obispo parkt, macht einen großen Schritt zurück – nicht nur vom Meer, denn das Städtchen liegt 15 Autominuten vom Pazifik entfernt. Man macht einen Schritt zurück vom Drang, nichts verpassen zu wollen. Macht auch Sinn, wenn sich eine Stadt SLO nennt. Wie war das nochmal? Wenn du es eilig hast, gehe langsam.

Der amerikanische Traum, in Sand gegossen: Morro Bay, unweit von San Luis Obispo

©Getty Images/simonkr/istockphoto

Amerikas happy Valley

Es ist dieser US-amerikanische Kleinstadttraum, genährt durch Sendungen wie "Gilmore Girls". Beim Anblick der Häuser im viktorianischen Stil möchte man sich sofort mit einem Herzschmerz-Roman in den nächsten Coffeeshop begeben, dem Besitzer fröhlich zuwinken und einen Filterkaffee bestellen – schwarz. Und danach ein paar Häuserblocks weiter (dieses Mal im spanischen Kolonialstil) durch die Galerie schlendern, in Sachen Kunst ist man hier ganz vorne mit dabei.

In SLO trifft außerdem College-Stadt auf Weinbau-Region – und wer sich nicht gerade mit Cybersicherheit oder Chardonnay beschäftigt, geht wandern oder biken. Und Donnerstagabend (einzige Ausnahme: Thanksgiving!), da treffen sich alle Slocals (Eigenbezeichnung) downtown auf dem Wochenmarkt. Ein Markt der Kategorie Happening. Fröhliches Geplapper vermischt sich mit Live-Musik, dem Brutzeln von Maiskolben am Rost und dem Rascheln des Papiers, aus dem ein Tri-Tip-Steak-Sandwich geschält wird.

San Luis Obispo Downtown: So sieht die US-Kleinstadt-Idylle aus

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Genau diese Straßenmärkte sind es, die in der Erinnerung eines Reisenden picken bleiben. Vielleicht gar nicht unbedingt in konkreten Bildern oder Anekdoten, aber in einem Gefühl von Leichtigkeit, Unbeschwertheit und Sehnsucht nach Wiederholung. Ein schönes Souvenir aus SLO: eine Teemischung aus dem "Secret Garden Herb Shop", ein wie aus der Zeit gefallener Kräutershop, den man durch einen von Schmetterlingen, Fröschen und Kolibris bewachten Garten betritt.

Der Wochenmarkt 

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Chuck Place/Alamy Stock Photos / Chuck Place/mauritius images

Wer beim Lesen langsam von einem wohligen Gefühl beschlichen wird, bekommt eine Ahnung davon, warum San Luis Obispo 2011 von TV-Größe Oprah Winfrey als glücklichster Ort der USA bezeichnet wurde. Sie lobte die Fußgängerfreundlichkeit, das Fehlen von Fast Food Drive-Thru’s, die Wander- und Rad-Routen (der Bob Jones Trail führt ans Meer!) und einfach generell: die Natur. Heuer schaffte man es dann wieder auf eine "Happy"-Liste. SLO wird dieses Mal als 9. bester Ort der Vereinigten Staaten geführt, um sich in der Pension niederzulassen. Platz 1: Barnstable in Massachusetts.

Nach ein oder zwei Tagen ist man in SLO natürlich mehr oder weniger durch, wer gut zu Fuß ist, hängt noch die Wanderung auf den Bischofsgipfel (Bishop Peak, 471 Meter) dran.

Einfach, aber gut: Auf einen Mais vom Grill 

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Megalomanes Bauprojekt

Von da oben, mit einem der angeblich besten Ausblicke an der Central Coast, schmiedet man Pläne, wie die Reise weiter gehen soll, die Route Nr. 1 geizt ja nicht gerade mit Sehenswürdigkeiten. Das San Luis Obispo County hat mit Pismo- und Avila Beach zwei typische kalifornische Küstenstädte in petto, beide mit herrlich breiten und weitläufigen Stränden. Im Falle von Pismo sprechen einige von einem Mini-Santa Monica – mit Pier, aber ohne Riesenrad-Remmidemmi. 

Oder aber man fährt zum Hearst Schloss, das Zeitungsmagnat Hearst in den 1920er-Jahren nahe San Simeon errichten hat lassen. Im mittlerweile nicht mehr erhältlichen Reiseführer "Moderne Architektur in Amerika" wird das Anwesen als "exotisches Fantasieschloss" bezeichnet – und die Exotik stammt in diesem Fall aus Europa.

Das "Madonna Inn"-Hotel

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Hearst ließ sich von Bauten wie Neuschwanstein inspirieren und sammelte hunderte Exponate aus Übersee. Dazu gesellten sich ein mehr als 30 Meter langes Neptun-Schwimmbecken im Stil der griechischen Antike und eine Privat-Menagerie, in der Zebras grasten. Über 100 Nachkommen dieser Savannen-Tiere kann man hier auch heute noch erspähen, ein durchaus ungewöhnlicher Anblick unweit des Pacific Coast Highways – ein Fernglas im Handschuhfach schadet nicht. 

Zumindest für Mitteleuropäer nicht minder spektakulär: die Seelöwen-Kolonie in der Bucht von Piedras Blancas, nordwestlich von San Simeon, direkt am Highway 1. So gut wie jeder bleibt hier stehen, erschrickt über das laute Brüllen der Säugetiere und fragt sich, ob man den Giganten nicht doch fast zu nahe ist.

Fürs Protokoll: Piedras Blancas befindet sich am Breitengrad 35,665 – sprich: es tut sich hier sehr viel auf relativ wenig Raum. Trotzdem bleibt man im Normalfall nur ein paar Tage in der Gegend, die Verlockungen im Norden und Süden sind einfach zu groß, die Zeit meistens begrenzt. Die logischen nächsten Ziele, je nachdem, ob man den grünen "California 1"-Schildern gen Süden oder Norden folgt: Carmel-by-the-sea am 36. Breitengrad und Santa Barbara am 34. – eine pittoreske Stadt im mexikanisch-spanischen Stil mit roten Dachziegeln, Messingschildern und Terrakotta-Böden. 

Der spanische Kolonial-Einfluss ist in Kalifornien allgegenwärtig, nur noch getoppt vom Flaggen-Kult der US-Amerikaner. Ein "Der wahre Patriotismus ist Frieden"-Autoaufkleber ist da schon eher die Ausnahme. Fakt ist: Den Highway 1 sollte man einmal im Leben gefahren sein – aber bitte unbedingt San Luis Obispo eine Chance geben. Dieses Kleinod ist so viel mehr als nur "auf halben Weg zwischen Los Angeles und San Francisco".

Tipps

Hotels

  • Madonna Inn 
    110 kitschige, aber allesamt einzigartige Zimmer. Muss man mögen, viele kommen extra dafür nach SLO. madonnainn.com
  • Hotel Cerro
    Lässig und gehoben, Cocktails mit eigenen Kräutern, Dachpool mit genialer Aussicht. hotelcerro.com
  • Hotel Slo 
    Luftig, leichte Einrichtung. Auch das eigene Spa und Steakhouse punkten.  hotel-slo.com


Restaurants

  • The Carrisa
    Event-Location mit großer Terrasse Richtung Creeks – ab November mit Überdrüber-Weihnachts-Dinner oder -Brunch. thecarrisa.com
  • Nate’s on Marsh 
    Michelin-Restaurant mit italienischer Seele und kalifornischem Chic. natesonmarsh.com
  • Novo Restaurant & Lounge
    Idyllisch an den Creeks gelegen, ideale Outdoor-Location – Lichterkette inklusive. Die Karte bietet von bis. novorestaurant.com


Ausflüge
 

  • Morro Bay 
    Der Morro Felsen thront an einem Bilderbuch-Strand. Tipp: "The Shell Shop", hier gibt es alles in Sachen Muscheln. 
    morrobayshellshop.com
  • Solvang  
    Eine dänische Enklave mit Fachwerkhäusern und Bäckereien. Highlight: Julefest-Parade Anfang Dezember. solvangusa.com
  • Craftbier-Touren
    SLO ist nicht nur für Wein, sondern auch Craftbier bekannt. "Be Hoppy Tours" bietet Hop-on-Hop-of-Touren an. behoppytours.com

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