fotos: Reinhold Weissenbrunner, cm visuals

Radeln mit Aussicht: Geheimnisvolles Plateau in Oberösterreich

Ein geheimnisvolles Plateau in Oberösterreich, durchzogen von dichten Wäldern und hübschen Dörfern, wartet darauf, erkundet zu werden: der idyllische Sauwald im Oberen Donautal. Hier wird die Geschichte der Region lebendig und der Zauber einer unvergleichlichen Schönheit spürbar.

Von Gerald Stiptschitsch 

Die Herkunft des Namens „Sauwald“ lässt sich auf verschiedene Weisen erklären. Ein erster Gedanke führt natürlich zu den Wildschweinen, die einst zahlreich in den Wäldern dieser Gegend lebten . Doch eine wahrscheinlichere Erklärung liegt darin, dass der Sauwald einst als „Passauer Wald“ bekannt war, der sich von Passau in südöstliche Richtung bis nach Eferding erstreckte.

Die enge Verbundenheit mit Passau war schon immer vorhanden, und im Laufe der Zeit hat sich aus dem „Passauer Wald“ der „Sauwald“ entwickelt. Trotzdem ist wohl die erste Erklärung zu bevorzugen – mit der Möglichkeit, während einer Radtour durch den Sauwald einem imposanten Wildschwein zu begegnen.

Aber auch sonst gibt es viel Sehenswertes entlang des Weges. Der Sauwald erstreckt sich über vierzig Kilometer südlich der Donau und umfasst ein raues Hochland mit mystischen Wäldern, kleingliedrigen Wiesen und Feldern sowie Höhenrücken, die einen weiten Blick über das Land und die Grenzen ermöglichen.

Die Sauwald-Panorama-Route präsentiert die Vielfalt dieser Region südlich des Oberen Donautals in einer Rundtour von etwa fünfzig Kilometern. Die führt zuerst durch hügeliges Gelände und später entlang des Panorama-Höhenrückens parallel zur Donau. Die Fahrt beginnt in Kopfing, wo sich einer der längsten Baumkronenwege der Welt mit mehr als einem Kilometer durch den Sauwald schlängelt. Zunächst geht es jedoch bergab in das typisch oberösterreichische Haufendorf Kopfing, dessen Höfe und Häuser malerisch in die Landschaft eingebettet sind. Gerade Straßen sind hier eher die Ausnahme, was aber einen besonderen Reiz solcher Dörfer ausstrahlt.

Fotos: oberoesterreich tourismus/martin fickert, mauritius images, Weissenbrunner Reinhold, marktgemeinde kopfing im innkreis
 

©oberoesterreich tourismus/martin fickert

Wackelnde Steine 

Nach einem kleinen Anstieg bis Entholz, geht es in die als mystisch beschriebenen Wälder des Plateaus. Die Sonne durchdringt die Baumwipfel und wärmt den Waldboden. Am Jungfraustein lohnt sich ein Zwischenstopp lohnt, um dieses Naturdenkmal genauer zu betrachten.

Zwei mächtige Wackersteine liegen hier übereinander, die durch Witterungseinflüsse im Laufe von Jahrtausenden derart geformt wurden. Es heißt, dass man den oberen Stein mühelos mit einer Hand bewegen kann. Und tatsächlich: Er lässt sich zum Wackeln bringen. Und doch ist er so schwer, dass er sich nicht in der Position verändern lässt. Vielleicht wachen ja die drei Riesenjungfrauen auch heute über den Wackersteinen, die der Sage zufolge die Steinblöcke mit ihren Schürzen an den Bestimmungsort gebracht haben. Vermutlich diente das Naturdenkmal bereits in keltischer und germanischer Zeit als Kultstätte und heidnische Opferstätte.

Auf der weiteren Sauwald-Route radelt man nun durch den Hörzinger Wald sanft bergab, vorbei an alten Gehöften und kleinen Feldern bis Natternbach. Der Ort ist eng mit der Geschichte der oberösterreichischen Bauernkriege verbunden. Ziel dieser Aufstände im Jahr 1626 war es, die bayerische Besatzung unter der Führung von Graf Stephan von Herbersdorf zu vertreiben. Natternbach kam dabei eine bedeutende Rolle zu. Es stellte gemeinsam mit benachbarten Gemeinden, den sogenannten aufständischen Bauernorten, eine Mannschaft aus mehreren hundert Bauern, die erfolgreich gegen Herbersdorfs Elitesoldaten kämpfte.

Von der insgesamt 58 Kilometer langen Radrunde sind gerade mal 14 Kilometer geschafft, daher wird jetzt kräftig in die Pedale getreten, um den Anstieg auf das Plateau zu bewältigen. Nach Neukirchen am Walde geht es bergab zum tiefsten Punkt der Tour im Örtchen Willing. Über den Waldbach wieder bergauf bis nach Hofstetten und von dort führt die Radroute etwa sechs Kilometer wechselnd bergauf und bergab, mit einem durchschnittlichen Höhenniveau von 550 Meter.

In St. Agatha erreicht man die Sauwald Panoramastraße und den Höhenrücken, der über das hügelige Plateau führt. Vom Panoramablick Steinhügel lässt sich eine atemberaubende Aussicht genießen und die Hälfte der Radtour ist bereits geschafft. An den Aussichtsbänkchen neben den Steinskulpturen bietet sich die Gelegenheit: Ein Mal ordentlich durchatmen und vom ehemaligen Steinbruch öffnet sich der Blick bis weit ins oberösterreichische Hausruckviertel.

Doch das ist nicht der einzige Ausblick auf der Route. Weiter geht es zur Etzinger Meditationspyramide auf 642 Meter, dem höchsten Punkt der Radreise. Von der Aussichtsterrasse blickt man nun über das Mühlviertel, das Alpenvorland, die Alpen und sogar bis nach Bayern und Tschechien. Ein Ausblick jagt hier den nächsten und entlohnt die bisherige Mühe.

Noch mehr Aussichten

Nach einem kurzen Graben wartet auf dem Paschinger Hügel bei Waldkirchen am Wesen nämlich eine weitere Aussicht: Glaubt man den Ortskundigen, so kann man von hier oben ganze 23 Kirchtürme erblicken. Zwei Kilometer zügig bergab und zwei Kilometer bergauf, schon ist der nächste Höhenrücken in Atzersdorf erreicht. Hier wartet die nächste Attraktion auf: Der Vier-Viertel-Blick. Im Zentrum des runden Aussichtplatzes steht ein Lindenbaum, und dreht man sich einmal im Kreis herum, öffnen sich die Blicke ins Innviertel, Mühlviertel, Hausruckviertel und Traunviertel. Schautafeln informieren über die gewachsene Kulturlandschaft des Sauwaldes und die oberösterreichischen Viertel.

Jetzt ist klar: Die Sauwald-Panorama-Radroute trägt ihren Namen wahrlich zu Recht. Nach sechs Kilometern leicht ansteigendem Weg folgt ein weiterer Hotspot: Der Panoramablick Rannariedl. Benannt ist diese schöne Aussicht ins Mühlviertel nach Schloss Rannariedl, das auf einem bewaldeten Steilhang des gegenüberliegenden Donauufers thront. Die Anlage aus dem 13. Jh. liegt auf einem strategisch günstigen Platz, denn von hier oben konnten die Handelsschiffe, die auf der Donau unterwegs waren, am besten kontrolliert werden.

Die letzte Etappe geht nach St. Aegidi. Kurz vor der Kirche zweigt der Weg nach links ab und die Räder rollen nun bergab, durch verborgene Muldentäler und schließlich über den Feichtbach kurz vor Witzenedt. Ein letzter Anstieg und die letzten fünf Kilometer führen zum Ausgangspunkt zurück – mit einem Besuch des Baumkronenwegs als krönenden Abschluss.

Ein Wildschwein tauchte nicht auf. Dafür genießt man vom 40 Meter hohen Aussichtsturm nochmals einen wunderschönen Blick über das Dreiländereck Österreich-Deutschland-Tschechien und die idyllische Bauernlandschaft des Sauwaldes.

Kommentare