Proseccostraße: Die Perle, die den Unterschied macht
Die "Strada del Prosecco" ist eine Route voller Genüsse. Der Star ist aber ganz klar der namensgebende Wein, denn nur hier darf er erzeugt werden.
Goldgelbe Flüssigkeit fließt von der Flasche ins Weinglas. Sofort steigen Hunderte von kleinen Perlen an die Oberfläche und lassen eine feine, weiße Schaumkrone entstehen. Ein erwartungsvolles Schnuppern – schon macht sich das Aroma frischer Zitrusfrüchte in der Nase breit.
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Und der erste Schluck hält, was der Duft verspricht: Fruchtige Geschmacksnoten vereinen sich im Mund, die Perlen tanzen am Gaumen, ein zarter mineralischer Nachgeschmack erzählt von den Böden, auf denen die Trauben gereift sind. Es ist Italien, das man da schmeckt, so wie es leibt und lebt. Konserviert in einer Flasche feinsten Proseccos, wie es ihn eben nur in den hügeligen Anbaugebieten Norditaliens gibt.
Gelebte Tradition
Enrico Bresolin schenkt mit geübter Hand ein: „Unsere Produkte sind nach Familienmitgliedern benannt“. Rissieri steht auf der Flasche, sein Großvater väterlicherseits. Schon als Kind wurden Enrico und seine Brüder Davide und Matteo mit in die Weinberge von Valdobbiadene genommen. Sie halfen bei der Ernte, erlebten die Vergärung mit. Familiengeheimnisse, die in Flaschen gegossen wurden. Heute erzeugen die Bresolin-Brüder selbst Prosecco in Bio-Qualität, im kleinen Örtchen Crespignago nahe Asolo.
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Er ist das wichtigste Produkt aus der Region, auch für den Export. Seine Herkunft wurde 2010 per Gesetz geschützt, außerdem gibt es die Herkunftsbezeichnungen DOC und DOCG. Besonders begehrt ist der Prosecco aus Cartizze, einem kleinen Anbaugebiet mit besonderen klimatischen Bedingungen
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Grappa wird aus den Trestern gewonnen, das sind alkoholhaltige Pressrückstände, die bei der Weinverarbeitung zurückbleiben. In Bassano del Grappa wurde dem Brand ein Museum gewidmet, in dem man auch die Produkte des Herstellers Poli probieren kann. Tipp: Grappa im Kaffee ist ein wahrer Genuss
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Wenn man auf der Proseccostraße unterwegs ist, sollte man unbedingt Prosciutto in San Daniele del Friuli probieren. In der Schinkenmanufaktur Il Camarin darf nur feinstes Meersalz ans Fleisch, der Rest ist Zeit und Erfahrung. Auch Salami und Pancetta können dort probiert werden
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Der Montasio ist typisch für die Region. Er ist ein Hartkäse aus reiner Kuhmilch. Käsefans sei ein Besuch in der Caseificio di Roncade ans Herz gelegt; seit 1934 erzeugt die Familie Bettiol dort Käse mit Milch aus der Region. Eine Verkostung mit Seniorchef Renzo ist ein Erlebnis. Tipp: Radicchio-Käse probieren
Dass DOCG auf ihren Prosecco-Flaschen zu lesen ist, verspricht besonderen Genuss. Diese vier Buchstaben stehen für „Denominazione di origine controllata e garantita“, eine Herkunftsbezeichnung, die nur von fünfzehn Gemeinden im Anbaugebiet geführt werden darf. So wie auch das Produkt Prosecco selbst seit 2010 geschützt ist; nur feinste Glera-Trauben dürfen in die Flasche, gewachsen und verarbeitet in der Region Venetien. Ein Schutz für das Produkt, dem eine Massenabfüllung in blaue Flaschen nicht gerecht wird. Und auch für die Weinbauern der Region, die die alte Tradition des Hügelanbaus hochhalten – trotz mühsamer Ernte.
Dabei ist der Prosecco so verschieden wie die Landschaft, in der die Glera-Trauben reifen; von Valdobbiadene mit seiner Hügellandschaft bis ins flache Conegliano zieht sich das Anbaugebiet, kalkhaltige Böden mit Gestein laufen zu reichhaltiger Anbauerde aus. Entlang der fünfunddreißig Kilometer langen „Strada del prosecco“ schmiegen sich die Weingärten, man muss ihr nur folgen. In den Hügeln, Orten und Städten an der Route ist man der feinen Prosecco-Perle nämlich stets auf der Spur. Und natürlich auch dem Dolce Vita, jeder Menge Kultur und kulinarischen Genüssen wie Schinken und Montasio-Käse in einem wunderbaren Ambiente. Dort, wo Prosecco wächst, sind auch regionale Spezialitäten nie weit.
Immer und jederzeit
Tatsächlich darf der Perlwein bei keiner Mahlzeit fehlen. „Ein Prosecco geht immer!“, sagt Reiseleiterin Tiziana. Was allerdings erst dann gilt, wenn er zu prickeln beginnt; nach der ersten Gärung ist der Prosecco nämlich nicht mehr als ein Stillwein, und zwar mit deutlich zu viel Säure. Die zweite Gärung bringt dann die Perle, die Prosecco zum Genuss macht. Dabei hat der Frizzante weniger Kohlensäure, der Spumante hingegen eine viel feinere Perlage, die bei der Gärung von Zucker und Hefe entsteht. Apropos Zucker: Wer es gerne süß mag, der greift zum trockenen Prosecco. Der Brut hat nur wenig oder gar keinen Restzucker.
Was den Prosecco aber tatsächlich so besonders macht, das lässt sich auf keiner Flasche finden. Es ist das, was man auf einer Reise auf der Proseccostraße erlebt: Italien, seine Liebe zur Tradition und seine unbändige Lebensfreude, goldgelb in ein Glas gegossen.
Info
Anreise
Mit dem Zug kommt man gut bis Conegliano oder Treviso (oebb.at). Dann empfiehlt sich ein Auto. Sportliche können die Region auch mit dem Rad erkunden. Starten kann man an jeder beliebigen Stelle: Valdobiaddene liegt inmitten von Hügeln, in Conegliano ist es deutlich flacher
Route
Eine geführte Rundreise durch die Region mit Raiffeisen Reisen dauert fünf Tage. Gestartet wird in Wien, Graz oder Klagenfurt, von dort aus geht es nach Valdobbiadene. In San Daniele wird ein Zwischenstopp für eine Prosciutto-Verkostung eingelegt. Weitere Highlights: Bassano del Grappa, Castelfranco Veneto, Treviso, Follina, Conegliano und Spilimbergo. Weitere Infos in allen Raiffeisen- oder GEO-Reisebüros, unter 0800/665574 oder [email protected]
Unterkunft
In Valdobiaddene empfiehlt sich das Hotel Diana als guter Ausgangspunkt, hoteldiana.org
Kultur
– Villa di Maser, ein Meisterwerk von Andrea Palladio, Weltkulturerbe, villadimaser.it
– In der Mosaikschule in Spilimbergo kann man auch Workshops machen, scuolamosaicistifriuli.it
„Wir haben die großen Anbaugebiete verlassen, um abseits des Mainstreams zu arbeiten“, erzählt Enrico Bresolin. Er öffnet die nächste Flasche, die verkostet werden soll: Einen DiFondo, der in der Flasche gereift ist und in dem die Hefe belassen wurde. „So, wie ihn einst schon unsere Großeltern gemacht haben.“
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