Eine Klettertour über das gläserne Stadiondach in München

2022 feiert München mit einer EM das 50-jährige Jubiläum des Olympiaparks. Wir begaben uns auf eine olympische Klettertour.

Fein säuberlich liegt die Kletterausrüstung aufgelegt bereit. Nicht für eine Bergbesteigung, nein, heute wandern die acht Besucher des Olympiaparks auf den Gipfel des Acrylglas-Daches des Stadions. „Wie viel wiegst du?“, fragt der Kletterprofi. Eine möglichst ehrliche Antwort erwartet er. Das sei auch im eigenen Interesse der Teilnehmer. Denn am Ende der Tour fliegen die Mutigen unter ihnen mit dem Flying Fox in vierzig Meter Höhe über das Stadion. Und wer da zu wenig Gewicht hat, bleibt in der Mitte hängen. Also packt er neben Karabinern und Seilen, je nach Bedarf, auch noch ein Gewicht in den Rucksack.

Klettertour auf dem Glasdach des Münchner Olympiastadions.

©münchen tourismus/Stefan böttcher

Gut gesichert steigt die Gruppe auf dem schmalen Gittersteig empor. Der junge, sportliche Guide erzählt von der Geschichte dieser revolutionären Dachkonstruktion, die 1972 für die Olympischen Sommerspiele in München gebaut wurde. „Stellt euch vor, Ende der 60er-Jahre, ohne Computerberechnungen oder -simulationen, wurde ein Dach konstruiert, von dem alle Ingenieure der Welt es nicht für möglich hielten, dass es wirklich stehen kann. 75.000 Quadratmeter groß, mit Spannweiten von über hundert Metern, das kann nicht funktionieren.“ Es kann. Und das seit fünfzig Jahren. Mittlerweile ist es ein Wahrzeichen der bayerischen Hauptstadt und denkmalgeschützt.

Vorreiter für Erdbebengebiete

Wie ein Spinnennetz werden die Stahlseile (insgesamt 436 Kilometer lang), zwischen denen die Acrylgläser befestigt sind, von Pylonen außerhalb des Stadions gezogen. Das Dach übersteht Wind und Wetter, trägt mindestens fünf Meter hohe Schneewechten und ist beweglich. Davon dürfen sich die Besucher hüpfend überzeugen. „Die Scheiben sind mit Gummipuffern befestigt, die flexibel sind. Das ist heute der Standard für Hochhauskonstruktionen in Erdbebengebieten“, erklärt der Guide.

Olympiadorf in München. Aus den Bungalows der Athletinnen wurden Studentenwohnungen. 

©Gurmann Maria

Der Spaziergang durch den Park zum Olympiadorf sorgt nach dem Flug übers Stadion für den Adrenalinabbau. Birgit Stempfle, die jeden Winkel Münchens kennt, erzählt von den Bauplänen. „Nach den pompösen Nazispielen von 1936 wollte man bewusst weg von der Monumentalität. Die Spielstätten und das Dorf sind in den Landschaftspark mit Hügeln und Wiesen eingebettet. Die Stadien sind nach unten gebaut, wie griechische Amphitheater, das Acrylglasdach ist luftig.“

Der Minibalkon einer Studentenwohnung im Olympiadorf München.

©Gurmann Maria

In den bunt bemalten Minibungalows wohnten 1972 die Athletinnen, in den Apartmenthäusern die Athleten. Dort fand der tragische Terroranschlag auf israelische Sportler statt. Heute sind es Wohnungen für Studenten. Architekturstudentin Sharina zieht gerade aus ihrem Bungalow aus. Wir haben Glück. Gastfreundlich führt sie durch ihr zweistöckiges Reich mit Balkon: auf siebzehn Quadratmetern alles da, wie im Puppenhäuschen.

©Grafik

Tipps

Wohnen im Jams Hotel In Haidhausen hat sich das kleine Boutiquehotel ganz dem Thema Musik und Vinyl verschrieben. An der Rezeption werden Schallplatten verliehen,  die die Gäste auf dem Plattenspieler, der in jedem Zimmer steht, abspielen können.  Bilder von Musik- legenden zieren die Wände, die Bar ist mit alten LPs dekoriert. Unbedingt eine Tour auf  Münchens Bikerouten mit den hoteleigenen Fahrrädern machen! 140 €/p. P./N.

Jams Hotel in München.

©Gurmann Maria

Baumriese

In der Winzererstraße, Schwabing West, gibt es einen alten riesigen Baumstamm. Unscheinbar liegt er neben einer Einfahrt. Der Baumriese, ein Makoré-Stamm, ist ein Naturdenkmal aus Afrika:  Elf Meter lang und  achtzig Tonnen schwer. Zu sehen auf der  Nord-Süd Stadtwanderung vom Olympiapark bis zur Universität. muenchen.travel/artikel/stadt-viertel/stadtwandern-muenchen-nord-sued

Der Baumriese in München.

©Gurmann Maria

Infos

Klimafreundliche Anreise Mit den ÖBB von Wien nach München in circa vier Stunden.

 

Zeltdachtour  Auf dem Olympiastadion und Flug mit  Flying Fox, Dauer 90 bis  120 Minuten, Preis 43 €/ Erw., 33 € Kinder 10–15 Jahre  und Studenten, Termine und Buchung unter touren-olympiapark.de 

 

Stadtwanderung 1. Etappe Nord-Süd von der BMW Welt über Olympiapark, Schwabing, Alter Nord- friedhof, Maxvorstadt bis zur Universität, circa neun Kilometer,  muenchen.travel

 

Viertelliebe-Führung 
– Unbekannte Stadtteile und ihre Geschichte, erzählt von Birgit Stempfle. Verschiedene Führungen durch Stadtviertel.
– Rasten in Haidhausen: Café Noel, mediterrane Küche und französisches  Gebäck.

 

Sportevent European Championships Munich 2022. Von 11. bis 21. August 2022 kämpfen Europas beste Athletinnen und Athleten in den Sportarten Beachvolleyball, Kanu, Klettern, Leichtathletik, Radsport, Rudern, Tischtennis, Triathlon und Turnen um die begehrten Goldmedaillen. munich2022.com

 

Auskunft einfach-muenchen.de

Maria Gurmann

Über Maria Gurmann

In Wien geboren, in Wien verwurzelt, auf der ganzen Welt zu Hause. Seit 1984 Redakteurin beim KURIER, erst Wirtschaftsressort, dann Sonntag-Ressort, jetzt Ressort Lebensart/Reise. Der Erfolg meines Berufs ist Neugier. Empathie ist mein Zauberwort. Humor mein Problemlöser. An meine Sucht – ja, ich bin Nachrichtenjunkie - hat sich die Familie gewöhnt. Und der Wissensdurst ist nach Interviews mit mehr als 450 interessanten Menschen noch immer nicht gestillt.

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