Österreich

Gschnitztal: Im "vergessenen Tal" Erholung finden

Ein noch wenig bekanntes Juwel: Im Gschnitztal lässt es sich abseits überlaufener Routen und Wege hervorragend wandern.

Überblick

Beste Reisezeit

ganzjährlich

Region

 linkes Seitental des Tiroler Wipptals

Joakim gibt das Tempo vor. Mit kraftvollen Pedaltritten lässt einen der Bergführer und Mitarbeiter des Tourismusverbands Wipptal die ersten Meter ordentlich stehen. Aber nicht lange, man muss sich nur zu helfen wissen. Also rein mit dem „Turbo“ und ab geht die Post. Mit gut 15 km/h geht es auf einem geliehenen E-Mountainbike den Berg hinauf. Das Ziel: Das Padasterjochhaus auf 2.232 Meter Seehöhe.

Das älteste Naturfreundehaus Österreichs steht seit über 100 Jahren im Angesicht der Zillertaler Alpen, der Tuxer Voralpen, der Tribulaune und Dolomiten. Umringt von nahen Gipfeln, ist dieses Juwel fernab vom Massentourismus von Juni bis Ende September fixe Anlaufstelle für Bergsteiger und Mountainbiker. Wächter über diesen Ort der Ruhe und Erholung ist Paul Pranger. Der Hüttenwirt verbringt heuer bereits seinen 43. Sommer auf dem Berg. Damit ihm neben seiner Tätigkeit als Gastgeber und Ratgeber in Sachen Gipfelsturm nicht langweilig wird, hat sich der leidenschaftliche Golfer neben der Hütte einen eigenen Abschlagplatz eingerichtet. Wer an einem der höchstgelegenen Golfplätze abschlagen möchte, kann sich Bälle und Schläger ausborgen.

©TVB Wipptal

Bewahren
Das Gschnitztal lässt sich via Innsbruck mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfach erreichen. Im Osten ist es von sanften Bergen flankiert, die westwärts immer höher und schroffer werden und die natürliche Grenze zu Italien bilden. Am Ende des Tals ragt der Feuerstein mit 3.267 Meter heraus. Eingebettet in diese beachtliche Naturkulisse liegen die beiden Gemeinden Trins und Gschnitz, die kürzlich in den exklusiven Kreis der „Bergsteigerdörfer“ aufgenommen wurden. Dieses länderübergreifende Gütesiegel steht für sanften, nachhaltigen Tourismus, für die Bewahrung alter dörflicher Infrastruktur und Architektur, für eine behutsame Land-, Forst- und Tourismuswirtschaft. Es ist also der Gegensatz zur „größer-schneller-lauter“-Bewegung.

Die Auszeichnung „Bergsteigerdörfer“ wird sich nur gering auf die Nächtigungszahlen auswirken. Ziel sei, im Wipptal mit seinen Seitentälern auf mindestens 350.000 Nächtigungen im Jahr zu kommen. Peanuts im Vergleich mit dem Ötztal, das jährlich über vier Millionen Nächtigungen verzeichnet. Das macht aber gar nichts. „Hotelburgen wie in anderen Gebieten Tirols wollen wir auf gar keinen Fall“, sagt Joakim. Stattdessen gibt es Gästehäuser, schlicht gehaltene und privat vermietete Unterkünfte oder eben Urlaub auf dem Bauernhof.

Wer es exklusiver möchte, ist im Trinserhof gut aufgehoben. Durch das romantische Landhaus weht ein Hauch von italienischem Vintage und Design. Dort habe Hollywood-Legende Omar Sharif ( 2015) genächtigt, als er in der Region 1969 den Film ,Das vergessene Tal’ drehte, sagt Joakim, der gebürtige Trinser, der nach einem Meeresbiologie-Studium und einem Aufenthalt in Schweden in seine Heimat zurückgekehrt ist. Was macht ein Meeresbiologe in den Alpen? Joakim deutet auf die Berge und sagt: „Was man hier sieht, war früher einmal Meer. Wer hier Berge besteigt, wandert auch immer über Korallenreste.“

©TVB Wipptal/Joakim Strickner

Am besten erkundet man das Gschnitztal von oben – also von den Bergen aus. Dort präsentiert sich das Wanderparadies in seiner vollen Pracht. Für fitte Bergsteiger bietet sich etwa die sechstägige Rundtour an. Sie umfasst das gesamte Gschnitztal, abseits überlaufener Routen und Wege in einer noch fast unberührten Landschaft. Zu jeder der fünf Hütten führt ein eigener Weg – alle Hütten sind maximal eine Tagestour voneinander entfernt.

Während man auf anderen Bergen in Österreich längst Schlange stehen muss, um eine Selfie vor dem Gipfelkreuz zu bekommen, hat man im Gschnitztal oftmals das Gefühl, alleine unterwegs zu sein. Und wenn man beim Wandern mehr (friedlichen) Kühen als Menschen begegnet, sind das die besten Voraussetzungen, um Ruhe und Erholung zu finden.

©Grafik

Info

Anreise

S-Bahn von Innsbruck bis Steinach am Brenner, weiter mit Linienbus    
4146 (Steinach–Trins–Gschnitz

Auto

über Innsbruck und Brennerautobahn (mautpflichtig) bis Matrei/Steinach, B182 Richtung Brenner, bei Steinach am Brenner Abzweigung Richtung Trins und Gschnitz

Marco Weise

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