Genua: Der neue Kurztrip ans Meer

Mit dem neuen Nachtzug wird Genua zu einer Zwei-Tage-Destination wie derzeit Triest oder Grado. Kunst, Kulinarik und das Flair der historischen Hafenstadt garantieren ein intensives Erlebnis als Alltagsunterbrechung.

Wo ist man von Wien aus am schnellsten am Meer? In Grado, Triest oder Piran, werden alle sagen. Das stimmt auch, aber jetzt gibt es eine weitere Küste, die so nahe rückt, dass sich ein Kurztrip dorthin auszahlt: Ligurien. Und zwar dank des neuen Nightjet-Service der ÖBB.

Der Zug fährt täglich um 19.18 Uhr in Wien ab und kommt um 9.38 Uhr in Genua an. Die Rückfahrt steht von  19.50 Uhr bis 8:52 Uhr auf dem Plan. Man kann also nach der Rückkehr noch arbeiten gehen und einen Urlaubstag sparen.

Tipp: Wer zu unkonventionellen Zeiten fährt, also zu Wochenbeginn hin und samstags zurück, findet auch kurzfristig noch freie Plätze. Der Schlafwagen (ab 86,60 Euro in eine Richtung) spart auch Geld, denn für einen Zwei-Tage-Trip braucht man dank Übernachtung im Zug nur für eine Übernachtung im Hotel aufkommen.

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Flair der Hafenstadt

Genua, eine Stadt mit 600.000 Einwohnern, eignet sich gut für eine kurze Alltagsunterbrechung. Italienisches Altstadtflair, Meeres-Panorama und regionaltypische Kulinarik  versprechen ein  intensives Reiseerlebnis.
Die Stadt ist eng in die Felsenklippen der ligurischen Küste gebaut. Mancherorts steigt sie so steil an, dass Häuser über Brücken zu den Dachterrassen  begehbar sind.  Selbst der öffentliche Verkehr läuft hier vertikal –  es gibt  zehn Liftanlagen, die seit kurzer Zeit, wie auch die U-Bahn-Linie, gratis sind.

Genua ist bemüht, den Individualverkehr zu reduzieren, was die Qualität der Spaziergänge durch die Altstadt erheblich bessert. Denn die Gassen sind eng, selbst für italienische Verhältnisse. Die Händler präsentieren  ihre Waren vor den Geschäften in Hochschränken, die so schmal sind, dass sogar die Frühlingszwiebeln aufrecht an ihrem Platz stehen müssen.

Impressionen eines Stadtbummels

Genua ist eine Hafenstadt, die Familie Kolumbus stammt von hier, und Genuas größte historische Niederlage ist wohl, dass sich der Entdecker Amerikas damals nicht im Auftrag des heimatlichen Stadtstaats nach Westen aufmachte (den genuesischen Herrschern fehlte  das nötige Kleingeld für die Ausstattung der Expedition). Das ist wohl der Grund, warum es heute wenig Kolumbus-Kult in der Stadt gibt. Immerhin auf ein Wohnhaus und die  Taufkirche weisen die Reiseführer hin.

Genua bemüht sich, den historischen Reichtum zu pflegen. Viele Palazzi sind renoviert, die Gassenlokale belebt.  Historische Geschäfte („botteghe storiche“) haben sich zu einer Vereinigung zusammengetan, um ihr Hunderte Jahre altes Interieur und Warenangebot zu erhalten. In einem Laden werden Stoffe mit aus Indien stammenden Mustern feilgeboten,   im anderen türmt sich kunstvolles Gebäck aus Mandeln und Schokoladen in stilvollen Vitrinen. Die genuesische Küche gehört zu den besten Italiens, von der schlichten Focaccia, einem aus Kichererbsenmehl im Holzofen gebackenen Fladenbrot, bis zum raffinierten Pesto, der duftenden Paste aus Basilikum und Pinienkernen. Und Meeresfrüchte stehen  sowieso auf jeder Speisekarte.

Der Koch schwört beim berühmten Pesto auf den Handmörser.

©Daniela Kittner

Museum der Emigration

Die Altstadt beherbergt auch eine Vielzahl von Palästen, in denen Kunstsammlungen und Museen untergebracht sind. Neu und besonders berührend ist ein Museum über italienische Auswanderungswellen.  Es erzählt, mit gewollter Anspielung auf die aktuellen Flüchtlingsschicksale im Mittelmeer,  Geschichten von Hunger und Not und  von der Hoffnung auf ein besseres Leben in der Ferne. Leider sind die vielen interaktiven Stationen des Museums derzeit nur auf Italienisch abrufbar. Eine deutsche Version ist nicht geplant, an der englischen wird noch gearbeitet.

Per Lokalbahn leicht zu erreichen ist der Vorort Genua-Nervi. Dort gibt es eine herrliche Strandpromenade mit Abstiegen zum Meer. Dahinter liegen gepflegte Parks mit mediterranen Pflanzen und edlen, alten Villen, deren Gemäldegalerien öffentlich zugänglich sind.

Genua-Nervi besitzt eine herrliche Strandpromenade.

©Getty Images/iStockphoto/bbsferrari/iStockphoto

Anreise
ÖBB-Nightjet täglich ab Wien über Klagenfurt und ab Salzburg nach Genova Piazza Principe, Sitzwagen ab 28,80 €, Liegewagen ab 48,10 €, Schlafwagen ab 86,60 €, Aufpreis für Single

Unterkunft
Hotel Meliá, Via Corsica 4, DZ  ohne F für 2 P.: 225 €

Essen Genuesische Küche modern interpretiert und zu Mittelklasse-Preisen bieten die Restaurants:

– Zupp, Piazza San Matteo
– Quelli dell’acciughetta, Corso Andrea Podestà
–Osteria della Foce, Via Eugenio Ruspoli

Auskunft italia.it/de

Nicht versäumen sollte man das stadtnahe Fischerdörfchen Boccadasse,  dessen bunte Fassaden an die Dörfer des berühmten, nahen Küstenstreifens Cinque Terre erinnern. Meeresfrüchte und ein Espresso auf einer Strandterrasse in Boccadasse sind der genau richtige Abschluss, um den Eindruck von  Italien mit in den Schlafwagen nach Wien zu nehmen.

 

Daniela Kittner

Über Daniela Kittner

Ausbildung: - Doktorat 1993, Dissertation über Zeitungssterben aus Anlass der Einstellung der AZ - Studium an der Universität Wien, Publizistik und Italienisch - Gymnasium in Villach, Matura 1982 Berufsweg: - Seit Oktober 2022 Reporterin - Von November 2018 bis September 2022 Ressortleiterin Innenpolitik - September 1993 bis November2018 : Innenpolitik-Kolumnistin beim KURIER. - Herbst 1992: ein Jahr Magazinjournalismus im neu gegründeten NEWS bei Wolfgang Fellner - 1992: Drei Monate ZiB-Redaktion im ORF, Ausbildung über Gestaltung von Fernsehbeiträgen, Sprechschulung; gesendete Beiträge u.a. eine Serie über den EWR-Beitritt Österreichs. - Nach Einstellung der AZ , Fertigstellung der Dissertation "Presse unter Stress" - 1989 Wechsel zur AZ. Chefredakteur: Robert Hochner - Von 1986 bis 1989 ständige Mitarbeiterin bzw. Redakteurin beim KURIER - Erste Artikel für die Furche und die Institutszeitung Medialist

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