Garten Eden für jeden: Die schönsten Gärten der Welt
Klein und verborgen, geometrisch klar oder überbordend üppig: Von Menschen gestaltete Gärten haben die unterschiedlichsten Formen. Ein neues Buch nimmt uns mit auf eine Reise durch die beeindruckendsten Gärten der Welt.
Die beste Zeit zum „Garteln“? Der Frühling natürlich! Im Sommer ist es zu heiß, außerdem ist praktisch eh alles „fertig“, man braucht eigentlich nur in der Hängematte dösen oder ein Buch lesen. Der Herbst ist die Zeit, in der man alles wieder aufräumen muss, daran wollen wir jetzt lieber nicht denken – und der Winter, na ja, den haben wir ja gerade erst überstanden. Aber der Frühling, das ist die Saison, in der man mit Genuss ein bissl im Garten herumzupft und fassoniert.
Jetzt ist es freilich so, dass gerade im städtischen Bereich nur die Wenigsten tatsächlich einen Garten haben. Natürlich bieten sich als Alternative einerseits die vielen, bereits in voller Blüte stehenden Wiener Parks an – und andererseits kann man auch wunderbar von der eigenen kleinen Wildnis hinterm Haus träumen, die man irgendwann zähmen wird oder auch nicht.
Quasi als Futter für diese Garten-, aber auch für Reise-Träume aller Art, ist nun ein richtig hübsches Buch erschienen: „Happy Places – Gärten der Welt“ heißt es, und bietet einen Einblick in 180 unterschiedlichste Gärten der ganzen Welt, vom versteckten orientalischen Paradies über französische Barockgärten bis zum üppig wuchernden, scheinbar grenzenlosen tropischen Urwald. Wobei hier die Betonung auf „scheinbar“ liegt, weil der Garten ja per se dadurch definiert ist, dass er eben Grenzen hat. Das impliziert schon der Name, garden im Englischen, jardin in Frankreich, giardino in Bella Italia – all diese Bezeichnungen beziehen sich auf die ihn von der Außenwelt abschirmenden Zäune oder Mauern, ursprünglich ein Flechtwerk aus Weidengerten.
Zurück ins Paradies
So richtig beschützt fühlte sich der Mensch dann wohl im Paradies, dem Garten Eden. Bis ihn das, was da sonst noch sein könnte, einfach zu verlockend erschien. Und dennoch sehnt er sich zurück in diesen Bereich, vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum Gärten schon seit der frühen Menschheitsgeschichte eine derartige Faszination ausüben. Wir denken an die raffinierten Gartenanlagen der alten Ägypter und Kreter – und natürlich die „Hängenden Gärten von Babylon“, eines der sieben antiken Weltwunder. König Nebukadnezar habe sie einer seiner Frauen gebaut, weil die sich nach den Bergen und Büschen ihrer Heimat gesehnt habe.
Womit ein wichtiger Punkt erreicht wäre, der natürlich auch im Buch Erwähnung findet: Denn Garten ist nicht einfach gleich Garten, egal wie eingezäunt er nun auch ist. In Mitteleuropa wurde der Garten im finsteren Mittelalter zuerst von Mönchen, später von Kleinbauern als Nutzgarten wiederentdeckt. Bäuerliche Küchengärten sowie die Kräuter- und Arzneigärten der Klöster prägen heute oft noch das Idealbild, das man sich von Gärten macht. Wer hat nicht ein bisschen Rosmarin im Garten oder wenigstens auf der Terrasse, und versucht sich im ziehen von Tomaten und Chilis, wo der Platz es erlaubt?
Diesen wichtigen Nahrungs- und Einkommensquellen standen bei den Altvorderen die sogenannten Lustgärten gegenüber, deren antike Tradition vor allem im Orient ungebrochen gepflegt wurde.
Oft in Atrien und Innenhöfen versteckte im wahrsten Sinn des Wortes paradiesische Orte der Ruhe, in denen sanft ein Brunnen oder eine Quelle plätschert und die einzige Anstrengung, die es zu leisten gilt, darin besteht, einen reifen Granatapfel vom schattenspendenden Baum zu pflücken.
Farbenpracht und Strenge
Gärten wie diese lassen sich im Buch besuchen, in echt natürlich auch, der Jardin Majorelle in Marrakesch etwa. Hier treffen kräftige Farben und klare Formen des französischen Malers Jacques Majorelle auf den von alters her überlieferten verborgenen Genuss müßiger Wasserspiele inmitten einer Unzahl von Pflanzen.
Dagegen die gefühlte Strenge mancher asiatischer Gärten, deren Tradition fast 5.000 Jahre zurückreicht und deren Hauptziel es immer war, die Natur nachzuahmen. Im verkleinerten Maßstab und in höchst akkurater Ordnung allerdings. Wie im „Garten des bescheidenen Beamten“ etwa, eine halbe Stunde von Shanghai entfernt. In perfekt geplanter Unregelmäßigkeit wird hier – im Gegensatz zu den kaiserlichen Gärten – ganz bewusst auf jede Symmetrie verzichtet, führen kleine Brücken über kleine Teiche und Wasserwege, laden Pavillons mit so poetischen Namen wie „Dem Regen lauschen“ und „Himmlischer Frühling“ zum Rasten und Genießen ein.
Garten des bescheidenen Beamten
Chinesische Gärten strahlen eine eigene Atmosphäre aus. Dieser ist speziell. Hier wird auf die sonst so geschätzte strenge Symmetrie verzichtet.
Reisezeit:
Juni zum Rhododendronfest, zwischen Juli und September das Lotusfest. Wer es ruhiger mag, wählt am besten die Nebensaison von November bis Februar.
Anreise:
Schnellzüge brauchen von Shanghai 25 Minuten nach Suzhou.
Barrierefreiheit:
Der Garten ist für Rollstuhlfahrer geeignet, eine Sightseeingroute auf einem ebenen Pflasterweg gewährt Zugang zum größten Teil des Gartens.
Jeder Blick, von jedem Punkt aus, soll perfekt sein, Ruhe ausstrahlen, die Seele in Baumelzustand versetzen.
Gelehrte & Geometrie
Immerhin waren diese sogenannten „Gelehrtengärten“ die Rückzugsorte der kaiserlichen Beamten, in denen sie, so sie ihren nicht ungefährlichen Dienst lebend überstanden hatten, ihre goldenen Ruhestandsjahre mit Lesen, Schreiben, Malen und Reflektieren verbrachten. Die japanischen Gärten folgen einem ähnlichen Beispiel, auch hier wird gezähmte Natur en miniature zelebriert. Normalerweise.
„Happy Places“ führt uns allerdings auch in den Sagano-Bambuswald am nordwestlichen Stadtrand von Kyoto in Japan, wo man im Angesicht der schier unbezwingbaren Kraft dieser Pflanze beinahe ehrfürchtig wird. Hier ist nichts mit klein! In großen Maßstäben dachte man allerdings nach dem Mittelalter bald auch in Europa.
Und während Mönche und Landbewohner ihre kleinen, ummauerten oder mit Holzzäunen geschützten Kräutergärten hegten und pflegten, gingen adelige Gartenbesitzer in die Vollen.
Nach einer Phase verschwenderischer Üppigkeit gaben die Franzosen mit ihren streng geordneten Buchsbaumorgien im Barockgarten den Ton an. Noch lange nachdem der Trend Barock eigentlich vorbei war, die late follower hielten hier unerbittlich am einmal eingeschlagenen Kurs fest – warum sollte es damals auch anders gewesen sein als heute.
Und immer die Liebe
Im Nachhinein betrachtet haben die symmetrisch angelegten Kieswege zwischen auf den Zentimeter gestutzten Grünflächen natürlich auch was – man sieht förmlich galante Kavaliere mit lockeren Degen und schöne, blass geschminkte Frauen in raschelnden Kleidern, die einander ebenso charmant verpackte wie messerscharfe Frivolitäten an den Kopf werfen, an jeder Wegsäumung.
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Château de Prangins, Schweiz
Im beeindruckenden Barockschloss wird mittelalterliche Tradition hochgehalten – hier befindet sich der größte alte Küchengarten der gesamten Schweiz.
Reisezeit:
Von Mai bis September blüht und reift hier immer etwas. Jeder Monat hat seine speziellen Highlights.
Anreise:
Prangins liegt nur 1,5 km außerhalb der Hauptstadt Nyon und wird von städtischen Bussen angefahren. Nach Nyon sind es mit dem Zug etwa 15 Stunden ab Wien.
Barrierefreiheit:
Der Garten ist für Menschen mit Behinderung gut zugänglich, für das Schloss gibt es individuelle Angebote und Programme.
Und so sind die geometrische Blumenbeete aus weißen und blutroten Tulpen, die im Buch zu sehen sind, ebenso wie die Begonien und, ja, um Himmels Willen, auch die unvermeidbaren beschnittenen Buchsbäume im Château de Villandry an der Loire doch ganz einfach bezaubernd. Irgendwie. Wie sie so die zärtliche, leidenschaftliche, flatterhafte und tragische Liebe symbolisieren, um hier aus dem, so informativen wie unterhaltsamen Text zu zitieren.
Jeder findet „seinen“ Garten
Der Kirstenbosch National Botanical Garden in Südafrika sprengt dagegen jeden Rahmen, den wir uns für einen Garten vorstellen können. Ist das überhaupt noch ein Garten? Aber so wie früher die alten Römer und die Mönche, Könige und Bauern, Adam und Eva hat wohl jeder seine ganz eigene Vorstellung, was einen Garten ausmacht.
Und so ist genau das der große und wunderbare Bogen, der hier sämtliche Kontinente von Südamerika bis Asien, von Afrika über Europa bis Nordamerika zusammenhält, der Garten.
Es ist Frühling. Zeit zum Genießen.
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