Abenteuer Oman: Drei Wochen alleine mit dem Rad durchs Land
Der Oman wird bei Touristen immer beliebter. Eine Wiener Architektin hat ihn auf ganz persönliche Art erkundet: Sie fuhr drei Wochen lang mit dem Fahrrad durch das Land im Südosten der Arabischen Halbinsel.
Zerklüftete Gebirge, türkis schimmernde Wadis, knorrige Weihrauchbäume und üppige Oasen, endlose Dünen und ein tiefblaues Meer, in dem sich Delfine und Wasserschildkröten tummeln: Der Oman geizt keinesfalls mit Reizen, hat als Reiseziel inzwischen eingeschworene Fans. Aber drei Wochen mit dem Fahrrad alleine durchs Land zu fahren, mehr als 1.000 Kilometer, wie es die Architektin Fanni Florian getan hat, ist dann doch ein wenig ungewöhnlich.
Wie ist sie auf diese Idee gekommen? „Ich wollte keine Fernreise machen, Sie wissen schon, der Fußabdruck und so. Aber doch irgendwo hin, wo man auch in der kalten Jahreszeit tolle Radtouren machen kann. In diversen Foren bin ich dann auf den Oman gestoßen – und hab mir als Route die des internationalen Radrennens ausgesucht, das dort seit 14 Jahren durchgeführt wird“, erklärt die junge Frau lachend.
Und so packte sie ihr Gravelbike in eine Flightbox, wie man sie in allen Fahrradfachgeschäften kaufen kann, und machte sich auf in die omanische Hauptstadt Maskat, wo sich der einzige internationale Flughafen des Landes befindet.
Eine brodelnde Metropole, die sogenannte Capital Area hat knapp zwei Millionen Einwohner. Die Altstadt ist klein, nur ein paar Tausend Menschen leben dort, obwohl sie eine lange, teils glorreiche Geschichte hat. Schon in der Bronzezeit war sie aufgrund des Kupfers aus dem Hadschar-Gebirge und der Perlen aus dem Golf sehr wohlhabend, weckte später die Begehrlichkeit der Achämeniden, Parther und Sassaniden. Vom antiken Glanz ist heute nicht mehr viel zu spüren, in den 1990ern wurde Maskat mit großem Aufwand modernisiert, mehrspurige Stadtautobahnen prägen ebenso das Bild wie zwar gerne im orientalischen Stil gebaute, aber ultramoderne und natürlich vollklimatisierte Einkaufsmalls.
„Man KANN hier praktisch gar nicht zu Fuß gehen“, sagt Fanni Florian. Aber ihr Plan war ohnehin, so bald wie möglich Richtung Nordwesten, ins Hadschar-Gebirge, aufzubrechen. Nachdem sie die laute und geschäftige Stadt hinter sich gelassen hatte, was per Fahrrad beinahe einen ganzen Tag in Anspruch nimmt, wurde der Verkehr schnell spärlicher, bis schließlich nur noch selten Autos an ihr vorbeifuhren.
Dann die erste Nacht, alleine im Zelt. Die Felsformationen, in der Abendsonne noch in allen Farben zwischen ocker und dunkelbraun, rot und violett leuchtend, jetzt nur mehr diffuse Schatten. Bis auch diese verschwinden ...
Für viele wohl eine fast beklemmende Vorstellung. Aber Fanni Florian, nebenbei versierte Höhlenforscherin, ist mit dem Rad auch schon alleine durch Norwegen bis ans Nordkap geradelt. Sie kennt diese Stille. Und die Dunkelheit, die herrscht, wenn sie bis hinter den Horizont von keiner künstlichen Lichtquelle belästigt wird. Wie weit und schwarz sich dann der Himmel über die Erde spannt. Mit welcher Intensität die Sterne strahlen.
Darf man das im Oman eigentlich, also einfach sein Zelt unter einem Baum aufschlagen? „Oh doch, die Omanis zelten selbst sehr gerne, am Strand, an den Wadis. Sie haben diesbezüglich ja eine lange Tradition, glaube ich“, sagt die Architektin.
Steiler als der Großglockner
Als Berg-Etappe hat es das omanische Hadschar-Gebirge übrigens durchaus in sich. Über 3.000 Meter ragt der „Berg der Sonne“, der Dschabal Schams in den Himmel auf. Und wenn dort die Straßenschilder als bevorstehende Steigung eine Vertikale zeigen – und das tun sie tatsächlich –, ist das kaum eine Übertreibung. „Ich bin schon viele Bergstraßen gefahren, aber hier glaubt man nicht an Serpentinen, wie es scheint“, erklärt Fanni Florian, die etwa mit der Großglockner Hochalpenstraße keine Mühe hat.
Hotels im Oman
Man kann praktisch überall auf dem Land zelten, in Städten wie Maskat und Nizwa gibt es Airbnb. Aber es gibt selbstverständlich auch schicke Hotels .
CROWN PLAZA MUSCAT
Direkt am Strand der Hauptstadt gelegen, dennoch zentral, nahe dem Royal Opera House. Großer Pool, Sportanlage mit Tennis und Squash, Bar, Restaurants, darunter ein persisches.
ihg.com/crowneplaza
SAMA HERITAGE HOME NIZWA
Traumhafte Oase oberhalb der pittoresken alten Stadt Nizwa am Fuß des Dschabal Schams. Traditionell stilvoll, nur wenige Zimmer. samaresorts.com
TURTLE BEACH RESORT RAS AL-HADD
Beliebtes, preisgünstiges Hotel im Strandhütten-Stil direkt am Meer, die Schildkröten sind gleich ums Eck. Pool und Fitnessraum vorhanden, regionale Küche im Restaurant. turtlebeach.com-resort.com
Auf dem Weg zum Gipfel des Dschabal Schams musste sie allerdings aufgeben. Ein einnheimischer Leichtathlet, der dort oben zum Training war, hat sie in seinem Pick-up mitgenommen, die mörderisch steile Straße führt tatsächlich fast bis zum Gipfel.
Apropos Einheimische: Was die Wienerin erfuhr, war eine überraschende Freundlichkeit, oft auch Neugier auf sie und ihre Welt, kaum ein Auto, das nicht stehen blieb, wenn es sie auf ihrem Rad überholte oder ihr entgegenkam, Grüße in mehr oder weniger kompetentem Englisch, oft wurde ihr aus dem Autofenster Wasser angeboten. „Das wertvollste Gut in der Gegend“, sagt sie.
So hat sie auch Mohammed kennengelernt, ebenfalls ein Sportler, Ultra-Läufer, also über Distanzen jenseits des Marathons. Er zeigte ihr das Dorf, in dem er aufgewachsen ist, sie lernte seine Schwester kennen, seine Familie, wurde zum Essen eingeladen und zum Übernachten.
Wunderbare Wadis
Und Mohammed zeigte ihr Al Hoqain, den vielleicht schönsten Wadi im ganzen Oman. Wadis, das sind die Flüsse aus den Bergen, die sich teils tiefe Schluchten gegraben haben, bei Trockenheit teilweise unterirdisch fließen und in Senken als Zentrum bezaubernder Oasen wieder an die Oberfläche kommen.
Sie gelten als eine der Haupt-Touristenattraktionen des Landes, der Bani Khalid und der Shab sind ein beliebtes Ausflugsziel. „Dort war ich natürlich auch, die hatte ich auf der Liste. Aber verglichen mit dem Hoqain sind sie doch beinahe ein wenig touristisch“, sagt Florian.
Einfach wow!
Der unvergesslichste Moment ihrer Reise also? „Eigentlich war jeder Tag ein Wow-Moment“, sagt sie. Die Wanderungen durchs Gebirge, die Sonnenaufgänge vor dem Zelt, die Farben der Dämmerung, die Ankunft in den unterschiedlichsten Dörfern.
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Die alte Hauptstadt Nizwa hat die Architektin natürlich begeistert, hier findet man noch viele alte, aus Lehmziegeln errichtete Gebäude. Auch die Fahrt durch die Wüste Wahiba auf dem Rückweg Richtung Meer. Eine Nacht zwischen den Dünen, unterm „Himmel über der Wüste“ zu verbringen, war ein echter Traum. Dann vorbei an pittoresken Schirmakazien in die Küstenstadt Ras al-Hadd mit endlosem Sandstrand, wo sie mit Meeresschildkröten tauchen konnte.
Und eine Gruppe Fischer kennenlernte, die im Golf von Oman ihre Netze auswarfen. Sie nahmen die Wienerin mit auf einen spontanen Boots-Trip, ein unvergessliches Erlebnis in diesem so weit entfernten Meer. Und teilten „traditionelle“ Sandwiches mit ihr. „Fladenbrot mit Eckerl-Streichkäse und zerbröselten Kartoffel-Chips!“, erinnert sie sich lachend. Auch eine Art Wow-Moment.
Aktivitäten
Strand-Spaß
Von Maskat über Sur bis Ras al-Hadd und noch weiter nach Süden gibt es beinahe einen Überfluss an endlosen Sandstränden. Faulenzen, Kite-Surfen, Schnorcheln oder gar mit Schildkröten schwimmen – alles ist möglich, je nachdem, für welchen Beach man sich entscheidet.
Wadi-Wandern & Bergsteigen
Die Gebirgsbäche und ihre Teiche sind eine touristische Hauptattraktion. Dort kann man natürlich auch baden, nicht nur wandern. Ehrgeizige zieht’s ins einzigartig zerklüftete Hadschar-Gebirge.
Souk-Besuch
Moderne Malls bieten vor allem in Maskat alle internationalen Marken. Aber ein Besuch der Märkte hat seinen eigenen Charme. Einer der ältesten der Welt ist in Mattrah, das mit Maskat zusammengewachsen ist.
Sehenswürdigkeiten
Die Moscheen und Paläste der Städte Maskat, Nizwa und Sur sind beeindruckend. Gerade in Sur gibt es auch, wie in Bahla oder Nakhal, mächtige Festungsanlagen.
Wie war es nun, als Frau alleine in einer, für unsere Begriffe, archaischen Männerwelt?
Fanni Florian erinnert sich bei dieser Frage an eine der vielen freundlichen Begegnungen, als ein Mann sich aus dem Auto heraus nach ihrem Wohlergehen erkundigte, Wasser anbot, nach ihren bisherigen Erlebnissen fragte. Und seine Bewunderung dafür ausdrückte. Während eine voll verschleierte Frau wie eine Statue auf seinem Beifahrersitz saß und sie nicht einmal ansah.
„Es schien ganz einfach so, dass sie vor meiner Kultur Respekt zeigen, weil ich ein Gast bin – auch wenn ihre eigene sehr viel strengere Regeln und Zwänge hat als meine.“
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