Die beste Taverne auf Rhodos

Der griechische Gastarbeiter-Sohn Georgios Markou ist einst heimgekehrt, um sich einen Traum zu erfüllen: In Psinthos bietet er die vielleicht ehrlichste Küche der Insel.

Georgios Markou reckt den Hals. Dann strafft er die Schultern und tritt stolz vor das Lokal. Wenn Touristen unter der Platane einparken, zählen jede Sekunde und jedes Lächeln. Vier Tavernen reihen sich hier, im 850-Einwohner-Dorf Psinthos im Inneren der Insel, aneinander. Das „Smaragd“, das Markou führt, ist eines von ihnen. Und – darum ist das Lächeln so wichtig! – es ist beileibe nicht das Schönste am Platz. Wohl aber das Beste. Vielleicht ist es gar das Beste der ganzen Insel.

Georgios Markou lebt den Traum, den Udo Jürgens einst so wehmütig in „Griechischer Wein“ besang. Markou ist der Sohn griechischer Gastarbeiter in Deutschland, wo sich der Vater in den 1970ern in der Textilindustrie verdingte. Als die Konzerne begannen, ihre Produktion nach Asien auszulagern, fassten Vater und Sohn den Entschluss: Sie bereiteten die Rückkehr in die alte Heimat vor, kauften ein Grundstück, bauten das Lokal. Irgendwann, singt Udo Jürgens, geht es zurück. Und das Ersparte reicht zu Hause für ein kleines Glück. (Die Melodie komponierte er einst nach einem Urlaub auf Rhodos. Wie passend.)

©Smaragd Psinthos

Der Vater sollte das Glück nicht mehr erleben. Er erkrankte und verstarb, bevor das „Smaragd“ vor mehreren Jahrzehnten seine Pforten öffnete. Georgios Markou aber machte den Traum wahr.

Psinthos liegt abseits der Touristenströme, nur das berühmte Tal der Schmetterlinge und die (ungleich besuchenswerteren) Epta Piges – die Sieben Quellen – finden sich unweit von hier und führen Gäste in den Ort. Eine Handvoll Airbnb-Unterkünfte gibt es, sonst gehört Psinthos ganz den Einheimischen. Zuletzt, erzählt Markou, ist der Ort gewachsen. In der Krise kehren die Menschen heim. Hier, mit Gemüse aus dem eigenen Garten und ein paar Olivenbäumen, sei das Leben leistbarer, sagt er, während er das Feuer im Grill neu entfacht – und man Zeit hat, den Charme der in die Jahre gekommenen Einrichtung zu bewundern.

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Seine Geschichte erzählt er freimütig und in makellosem Deutsch. Eine Anekdote zu jedem Gang. Derer isst man gerne mehr. Selten findet man so ehrliche griechische Landküche. Markou serviert Feta aus dem Ofen (brennend heiß, so muss er sein), Oktopus in Oregano und längs geschnittene, frittierte Melanzani, die außen so knusprig sind, dass man gar nicht zu erahnen vermag, wie saftig ihr Inneres ist. Wer vom Zicklein nicht alles aufisst, darf – heimlich, wir verstehen uns! – die Reste für die Katzenfamilie, die hier nicht verjagt wird, unter den Tisch fallen lassen.

Die Gerichte? Ja, die kennt man. Aber nirgends schmeckt es so wie hier. „Wir machen alles selbst und kennen alle Zutaten“, sagt Markou. Eine erwartbare Antwort. Ohne Handwerk geht es freilich nicht: Die Melanzani werden leicht in Bröseln gewälzt, bevor sie ins heiße Olivenöl dürfen. Bei den Käsebällchen – auf diese ist man besonders stolz – kommt es auf „die richtige Mischung der Käsesorten an. Und darauf, dass man ihren Schmelzpunkt kennt“. Der Geheimtipp: Die Boureki, gegrillte Melanzaniröllchen, findet man in dieser Zubereitung fast nirgendwo. Sie liegen in Tomatensauce, sind gefüllt mit Käse, und zerfließen nahezu auf dem Gaumen. Auf den Teller kommen immer drei bis vier Stück. Es ist immer zu wenig.

In der Küche steht übrigens Ehefrau Tsambika. Sie stammt aus Psinthos. Kennengelernt haben sich die beiden, als Georgios einst aus Deutschland hierher auf Urlaub kam. „Im zweiten Jahr“, sagt er mit bubenhaftem Funkeln in den Augen, „haben wir Nägel mit Köpfen gemacht.“ Klingt nicht nach dem kleinen, sondern eher nach dem großen Glück.

Rezept:  Boureki – Gefüllte Melanzani

©Pinterest

Rezept: Boureki – Gefüllte Melanzani

Vorbereitung: 90 min
Zubereitung: 45 min
Portionen: 4

  • 4 Melanzani
  • 400 g griechischer Feta
  • 2 Schalotten gehackt
  • 2 Knoblauchzehen gehackt
  • Oregano, Minze, Salz, Pfeffer, Olivenöl
  • würzige Tomatensauce  

- Melanzani der Länge nach in Scheiben schneiden, salzen, rasten lassen, gut entwässern. Mit Olivenöl bestreichen und im Rohr grillen oder kurz in der Pfanne braten, bis sie leicht Farbe annehmen
- Schalotten und Knoblauch glasig anschwitzen, Feta mit einer Gabel zerdrücken und alles mit  Oregano, Minze, Pfeffer und wenig Salz würzen. Gut vermengen
- Masse auf die Melanzanistreifen setzen und diese einrollen, in eine Auflaufform setzen und mit Tomatensauce bedeckt 15 bis 20 Minuten  bei 180 Grad im Rohr schmoren.  Tipp:  Final mit Käse überbacken!

 

Christoph Schwarz

Über Christoph Schwarz

Christoph Schwarz leitet das Chronik-Ressort des KURIER. Seit 20 Jahren in der Medienbranche tätig - mit Stationen bei den Oberösterreichischen Nachrichten, Standard, Presse und Wiener Bezirkszeitung. Seit 2018 beim KURIER. Jeden Samstag verfasst er in der Kolumne "Mein Samstag" kulinarische Betrachtungen. Und in seiner wöchentlichen KURIER-Serie "Spieltrieb" wirft er einen genauen Blick auf die neuesten Brett- und Gesellschaftsspiele.

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