Fernreise nach Afrika: Weit mehr als nur Safari
Warum man es nur "pole, pole" auf den Kilimandscharo schafft, Weitwandern kein Trend ist und was der Kontinent sonst noch so für Trekker in petto hat.
Überblick
Von London, Amsterdam, Paris kann man direkt den Kilimandscharo International Airport in Tansania anfliegen
Hauser Exkursionen gehört zu den Veranstaltern, die die Emissionen kompensieren. Um beim Kili z.B. zu bleiben: Die 1-wöchige Besteigung (+2 bis 3 Tage) lässt sich mit Safari oder Badeurlaub in Sansibar kombinieren
Von Nicola Afchar-Negad
Der Kilimandscharo, höchstes Bergmassiv Afrikas und einer der "7 Summits", also der jeweils höchsten Gipfel aller Kontinente. Er gilt als technisch einfach, als einziger Wandergipfel, für den man nicht zwingend im hochalpinen trittfest sein muss. Manch einer sagt fast etwas spöttisch, es sei der härteste Spaziergang der Welt.
Dazu kommt: Jetlags sind kein Thema. Wenig verwunderlich also, dass der "Kili" schwer beliebt ist. Ein Abenteuer, ein Ausstieg aus dem durchstrukturierten Alltag, eine "Einmal im Leben"-Herausforderung. 70.000 Touristen zählte die Parkverwaltung 2023, eine Verdoppelung seit dem Jahr 2015.
"Im Vergleich zu den Millionen Besuchern der Alpen ist das Trekking- und Wanderaufkommen in Afrika vergleichsweise gering", relativiert Manfred Häupl, Geschäftsführer von "Hauser Exkursionen". Der Mann weiß, wovon er spricht, war er doch in über 90 Ländern per pedes unterwegs. Dass Weitwandern ein Trend der letzten Jahre sei, will er so nicht stehen lassen: "Das gibt es schon vom Anbeginn der Menschheit. Von den Nomaden bis zu den Völkerwanderungen – es geht immer darum, Neuland zu entdecken und mitunter auch einzunehmen."
Der Faktor Trend bezieht sich damit wohl eher auf die Touren. "Viele Länder haben inzwischen Themen-Weitwanderwege entwickelt, wie den Abrahamstrail in Jordanien oder den Great Himalayan Trail in Neapel." In Afrika konzentriere sich das Geschehen "natürlich auf die attraktivsten Regionen der Wüste", also Sahara und Namib Wüste und die "Bergregionen der verschiedenen Länder", sprich Marokko mit dem Hohen Atlas, Ostafrikas Berge und Vulkane, das Mulanje Massiv in Malawi und die Drakensberge in Südafrika.
Über Stock und Stein, durch Dschungel, alpine Wüste und mit schmelzenden Gletschern im Blick – nicht wenige sind hier im ersten Moment gedanklich überfordert. Man verbindet den Kontinent, der 20 % der globalen Landfläche ausmacht, mit wilden Tieren, Safari, mit jenseits oder nirgendwo in Afrika. Manfred Häupl, der als Student bei "Hauser" angefangen hat, lacht wissend." "Das größte Klischee: Wir tun so, als wäre Afrika ein Land. Kaum jemand würde nach Österreich reisen und sagen: Ich war in Europa. Dadurch wird man der Vielfalt der Menschen nicht gerecht. Und dass Afrika weit mehr ist, als nur Safari – das war meine erste Erkenntnis überhaupt.“
Alles okay!
Der Globetrekker führt zurück zu seiner ersten Kilimandscharo Tour, kurz nach dem deutschen Mauerfall. Nur eine zufällige Begegnung ebnete ihm den Weg nach oben, alles damals improvisiert. "Meine Träger hatten kein Essen für mich dabei, ich habe eine Woche von Trockenmüsli gelebt. Sie hatten auch kaum eine Vorstellung von guiding, aber ich hab mich in diesen Momenten am Berg in die Menschen und Ostafrika verliebt. Es ist eine Liebe, die man schwer in Worte fassen kann."
Heute ist alles organisiert. Man darf nur mit Guide starten, kann aus fünf verschiedenen Routen wählen, von denen die einfachste als "Coca Cola"-Route gehandelt wird. Den Spitznamen verdankt die Marangu-Strecke den Hütten am Weg, in denen man schlafen kann – oder eben Coke kaufen. Die Gruppen sind, ganz gleich welchen Weg man einschlägt, 6-12 Mann oder Frau groß und werden von mindestens 2 Führern begleitet, Trägern (Porter), Koch und Hilfsteam. Was die Träger da auf Kopf und Rücken Kilometer für Kilometer und Tag für Tag rauf hieven, ist gewaltig.
Als Mitteleuropäer beschleicht einen da unweigerlich ein ungutes Ausbeuter-Gefühl. Muss es aber nicht, versichert der Münchner. "Seit wir in den 1970er-Jahren mit dem organisierten Trekking begonnen haben, hat sich viel getan. Nicht nur die ökologischen Standards wurden angehoben, auch die sozialen für die Begleitmannschaft. Also konkret: faire Bezahlung, eine gute Ausrüstung und Versicherungen." Und so wundert es dann schon weniger, dass ganze Nachbarschaften und Geschwisterriegen die Wanderer begleiten – und auch emotional den Berg rauf tragen. Ein lockeres Hakuna Matata ("keine Probleme" auf Suaheli) hier, ein "Sawa, sawa" ("alles okay") dort.
Und geradezu Mantra-mäßig: "Pole, pole", also langsam, langsam. Slow-Trekking, das gemächliche Gehen ist Um und Auf in Sachen Rauf. Der Kilimandscharo mag technisch ein Einsteigermodell sein, aber er ist und bleibt ein Koloss, ehrfurchteinflößend und mächtig. Wer die Strecke ohne viel Rast und Ruh' angeht, wird eventuell scheitern.
"Ich sage immer: Gehe so, dass du dich leicht unterfordert fühlst, dann tritt irgendwann der Genuss ein." Wenn aber die Höhenkrankheit unbarmherzig zuschlägt, war’s das mit dem Gipfelfoto. Kein Jubel, keine Fahne hochhalten vor dem "Congrats"-Holztaferl auf 5.895 Meter Höhe, kein vermummtes Lächeln nach der letzten Nachtetappe. Und vor allem: kein "berauschender Moment", wie Häupl sein erstes Mal ganz oben abgespeichert hat "Mein Highlight war der Sonnenaufgang über dem Mawenzi, dem Nachbargipfel. Man sieht die äquatoriale Erdkrümmung in Perfektion. Und dann beim Abstieg: die Euphorie! Die Endorphine!"
Himmel über Afrika
Bilder, von denen auch Christine Rudolph zehrt, zuhause, jenseits von Afrika. Die gebürtige Nürnbergerin hat es mit 65 Jahren auf den Uhuru Peak geschafft. Ein Lebenstraum, sagt sie – wie bei den meisten. "Auf 4.500 Meter habe ich einen Sternenhimmel mit einer liegenden Mondsichel gesehen – und das ganze Himmelslicht hat die schneebedeckte Kuppe des Kilimandscharos angestrahlt. So was vergisst man nie."
Rudolph hat ihre Eindrücke verewigt. "Ja, und dann mitten ins Herz" ist diesen Herbst erschienen. Nicht ihr erstes Buch, es war auch nicht ihr erster Trip nach Afrika. Neben den Menschen hat es ihr der Himmel über Afrika angetan. "In der Namib-Wüste oder Kalahari ist der Sternenhimmel unendlich. Ist man dagegen zum Beispiel bei Sonnenuntergang noch im Krüger Nationalpark in Südafrika, sind unter den ersten Sternen noch die Schatten von Schirmakazien zu sehen – und Tiergeräusche zu hören."
Afrika lässt keinen kalt, Veranstalter Häupls favorisierte Tour: Trekking am Äquator. "Der Kili ist respekteinflößend, aber optisch eher langweilig. Das Mount Kenya Massiv und seine Umrundung ist die landschaftlich schönste Bergtour, die ich in Afrika kenne." Seit diesem Herbst neu bei Hauser: Äthiopien – durchs Omo-Tal und ins Gebiet der Gurage – und Ruanda, Uganda.
Afrika, die Wiege der Menschheit – Christine Rudolph wird heuer ein sechstes Mal einreisen. Dieses Mal, um in einer Kindereinrichtung zu volontieren, um etwas "zurückzugeben". Und Pioniergeist Häupl, der kuratiert vermutlich schon die nächsten Etappen und Extreme.
Nützliche Tipps
- Einen Schlafsack, der gerne etwas mehr kosten darf. Es lohnt sich!
- Energy-Riegel – der Rest des Proviants wird organisiert.
- Eine Powerbank fürs Handy. Man hat zwar nicht immer Empfang, aber: für die Fotos!
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