Besser kommen: Hört doch endlich mit dem Orgasmusdruck auf!
Es gibt – über das Jahr verteilt – mehrere Tage, die dem sexuellen Höhepunkt gewidmet sind. Das ist gut und schön, sollte aber nicht zum ultimativen Credo werden.
Día del Orgasmo – Tag des Orgasmus. Den feierten die Menschen in der brasilianischen Kleinstadt Esperantina ab 2002 am 9. Mai. Ob sie das noch immer tun – keine Ahnung. Wie auch immer: Allein das portugiesische dahingeschnurrte díadelllorgassssmo hat was.
Da würde ich gerne einmal mitfeiern, egal wo, von mir aus in Deppenhausen. Party kann man an diesem schönen Maitag aber auch auf eine alternative Art machen: Er gilt als "Tag der verlorenen Socke". – Sex mit Socken: Ja, so schlicht und schön kann das Leben sein. Wobei es das ganze Jahr über mehrere Gelegenheiten gäbe, feierlich zu kommen.
Am 31. Juli zum Beispiel, da wird in den Niederlanden, in Australien, den USA, in Großbritannien und Südafrika der "Nationale Orgasmustag" gefeiert, als Ableger vom "Internationalen Tag des weiblichen Orgasmus" am 8. August.
Zur Wintersonnenwende wird dem Höhepunkt ebenfalls gehuldigt: Der 21. Dezember gilt als Welt-Orgasmus-Tag. Die damit verknüpfte Idee: Dass es während dieser 24 Stunden zu einer sehr speziellen Energie käme, wenn Menschen rund um den Globus einen Höhepunkt erleben. Positive Vibes für Mutter Erde, quasi. Dem Klima wird das kollektive Klimax aber nix bringen.
Prinzipiell ist das allgemeine Orgasmus-Jubilieren nichts Schlechtes – das Bewusstsein für Sexualität wird im Sinne einer Enttabuisierung geschärft, speziell in Brasilien ging es auch um eine Ansage gegen den Machismo: Männer, kümmert euch beim Sex nicht nur um euch! Aber sollte nicht jeder Tag Orgasmustag sein – oder, ganz anders gedacht, gar nicht? Speziell in Bezug auf Frauen (Stichwort: Orgasmusgap) ist es selbstverständlich wichtig, den Höhepunkt der Lust zu fokussieren und zu thematisieren. Ganz im Sinne der sexuellen Aufklärung und Weiterentwicklung in Sachen Lust. Doch manchmal hilft es, gerade das nicht zu tun.
Und, irgendwann, die obligate Frage: „Und? Bist du gekommen?“ Ja eh: Das muss man jetzt sagen, weil die Partner sonst so irritiert sein könnten, dass sie Riechsalz, ein Bier oder eine/n andere/n Partner/in brauchen.
Leistungsschau
Die Fixierung auf den Orgasmus ist kontraproduktiv, der "Komm-doch"-Zwang, der „Wert“ der damit verbunden scheint. Oder aber das Gegenteil, im Sinne eines "Wenn ich nicht komme, bin ich nicht gut".
Eines der größten Missverständnisse in Partnerschaften, denn auf diese Weise wird jeder Akt zur Leistungsschau, ein Langstreckenlauf der Lust, an dessen Ziel einzig nur das ultimative Ah & Oh steht. Und, irgendwann, die obligate Frage: "Und? Bist du gekommen?" Ja eh: Das muss man jetzt sagen, weil die Partner sonst so irritiert sein könnten, dass sie Riechsalz, ein Bier oder eine/n andere/n Partner/in brauchen.
Der Orgasmusdruck stresst und verhindert im schlimmsten Fall, dass es überhaupt zu einem Höhepunkt kommt. Spannend ist, was Anne West in ihrem Buch "Absolut Sex" zu diesem Thema schrieb. Ihrer Idee folgend könnte man den Akt szenisch in drei Teile teilen: Spielsex, Erlebnissex, Orgasmussex. Mit "Spiel" ist Vorspiel gemeint, mit "Erlebnis" alle Varianten von sexueller Begegnung, Stellung, immer noch ohne Fixierung auf den Höhepunkt. Schließlich der "Orgasmussex", mit dem vorrangigen Ziel, die Frau zu beglücken, abseits von männlich codiertem Streben nach genitaler Erleichterung.
➤ Hier mehr lesen: Stundenlange Ekstase: Wie es zum "Ganzkörperorgasmus" kommt
Vielleicht wäre es manchmal besser, es einfach nur zu tun, statt ein inneres Skript durchzurattern. Sex haben und erleben, ohne eine einzige leise Idee, was das Ende, was das Ziel sein könnte. Ohne Pflichtgefühl. Ohne das Konzept, "gut" sein oder performen zu müssen. Maximal entspannter Sex also, mit offenem Ende: Einfach nur genießen, sich fallen und treiben lassen, nicht mehr denken müssen, aber viel fühlen dürfen. Mit der Liebe spielen, jenseits von richtig oder falsch.
Gefahr
"Sextortion" heißt die Erpressung mit Nacktfotos und -videos, meist via Social Media. Laut Beratungsstelle "Rat auf Draht" ist die Zahl der jungen Menschen, die Opfer dieser Falle werden, stark gestiegen. Tipps: nicht auf die Forderungen eingehen, Kontakt abbrechen, sich bei der Plattform melden, Anzeige erstatten. Zwei Online-Tools beugen vor: "Take it down" für Personen unter 18 sowie "STOPNCII" für über 18-Jährige.
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