Bizarr: Wie Künstliche Intelligenz die Dating-Welt erobert

Auf einer neuen Chat-Plattform entscheidet die Maschine, wer mit wem flirten darf. Basierend auf einer Analyse der Äußerlichkeiten.

Ein Kunstprojekt mischt derzeit die Dating-Welt auf: Auf der Chat-Plattform "Hot Chat 3000" entscheidet ein künstlich Intelligenter Bot, wie fesch die Nutzerinnen und Nutzer sind – und paart sie basierend auf dem ermittelten Attraktivitätslevel mit anderen, ähnlich ansehnlichen Usern.

Hinter "Hot Chat 3000" steckt das New Yorker Künstlerkollektiv MSCHF (ausgesprochen wie das englische Wort "mischief", zu Deutsch "Unfug"). Die Gruppe seziert gesellschaftliche Trends und ist für seine verrückten Aktionen bekannt.

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Aufsehenerregende Kunstaktionen

Bisher hatte sich das Kollektiv auf Trends der Modeindustrie spezialisiert – und dazu passend bizarre, manchmal auch provokante Kreationen erschaffen. Im März 2021 lancierte die Gruppe beispielsweise das Produkt "Axe No 5", eine Mischung aus dem bekannten Bodyspray der Marke Axe und dem legendären Parfüm "Chanel No. 5". Und erst kürzlich sorgte MSCHF mit den "Big Red Boots" – klobige, große und feuerrote Stiefel, die wie aus einem Comic entsprungen aussehen – für Schlagzeilen.

Nun hat sich MSCHF dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) gewidmet und eine Dating-Plattform programmiert, die die Attraktivität ihrer Nutzerinnen und Nutzer misst.

Wer in den Online-Chatroom "Hot Chat 3000" einsteigen will, muss ein Foto von sich hochladen. Dieses wird via KI bewertet. Je nach Attraktivitätslevel wird die Kommunikation mit anderen – ähnlich schönen Usern – freigeschaltet.

Skala: "schön" bis "hässlich"

Die bewertende Maschine wurde von OpenAI, ein US-amerikanisches Unternehmen, das sich mit der Erforschung von künstlicher Intelligenz beschäftigt und hinter ChatGPT steckt, trainiert. Gelernt hat es aus einem Datensatz, der 400 Millionen Text-Bild-Paare umfasst. Sprich Fotos von Menschen mit einer Bildunterschrift, die das Foto näher beschreibt (z. B. "schön", "hässlich"). Aus dem Abgleich mit den hochgeladenen Bildern entsteht die Attraktivitätsbewertung.

Mit der Aktion greift MSCHF die allgegenwärtige und gleichsam ambivalente Faszination auf, die von künstlich intelligenten Technologien à la ChatGPT ausgeht.

Gegenüber der Daily Mail äußerte sich ein Datenschutzexperte skeptisch über die Plattform: Laut Sicherheitsspezialist Jake Moore sei es "wichtig, darauf zu achten, welche Daten man auf solchen Seiten preisgibt". Es sei anzunehmen, dass die Website die Bilder der hochgeladenen Gesichter sammle.

Zukunftsmusik

Ist "Hot Chat 3000" ein Modell für Dating-Plattformen der Zukunft? Womöglich. Bis dahin könnte es aber noch ein langer Weg sein. Ein Weg, den unzählige bereits existierende Dating-Applikationen säumen, die bereits auf intelligente Matching-Algorithmen bauen.

Tinder wurde 2012 gegründet und ist heute die weltweit bekannteste Dating App. Weltweit zählt Tinder mehr als 30 Millionen User, in Österreich rund 360.000 aktive Nutzer. Weitaus früher wurden die Plattformen wie Elitepartner (2004) und Parship (2001) gegründet.

Letztere sind hierzulande nach wie vor beliebt. ElitePartner bedient Hochschulabsolventen und Menschen, die Partnervorschläge auf Augenhöhe suchen. Die App zielt auf ernsthafte Partnersuche ab, weswegen ein umfangreicher Persönlichkeitstest notwendig ist. Der Test lässt sich nicht an der App, sondern – am besten mit Ruhe und Bedacht – am PC ausfüllen.

Auch Parship spricht Personen an, die eine langfristige Partnerschaft suchen. Mithilfe eines Persönlichkeitstests werden Nutzern potenzielle Partner vorgeschlagen, Parship verwendet dafür einen anspruchsvollen Algorithmus.

Das Tinder-Prinzip aufgegriffen hat die Dating-App Bumble, die von einer ehemaligen Tinder-Mitarbeiterin gegründet wurde. Bumble will Frauen darin fördern, in eine aktive Rolle beim Daten zu schlüpfen. Bumble zeichnet sich dadurch aus, dass Frauen den ersten Schritt machen. Entsteht ein Match, kann nur sie das Gespräch eröffnen und hat dafür 24 Stunden Zeit. Tut sie das nicht, kann der Mann noch einmal um 24 Stunden verlängern, nach 48 Stunden verfällt das Match aber.

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