Arnold Schwarzenegger – wie ihn die KI sieht – als Covermodel für ein Luxuslabel?

Fake Fashion: Wenn die KI Arnold Schwarzenegger zum Luxusmodel macht

Harry Potter als Model für die hippe wie umstrittene Modemarke Balenciaga. Arnold Schwarzenegger im Blumenhemd. Künstliche Intelligenz macht es möglich. Wer den Trend ins Rollen gebracht hat und ob das die Zukunft der Modewelt ist.

Die Zauberwelt von Hogwarts verwandelt sich in eine Fashionshow des Luxuslabels Balenciaga. Harry Potter im schweren Samtmantel gibt mit seinen hohen Backenknochen und eingefallenen Wangen ein perfektes Männermodel ab. Der nette Halbriese Hagrid wird in Leder zu einem finsteren Charakterkopf. Aus Hermine wird eine geheimnisvolle Fin-de-Siècle-Schönheit im Seidenkleid mit Puffärmeln.

Magier mutieren zu Fashionistas, die keinen Spaß verstehen, wenn es um Mode geht. Professor Snape, der noch dünner ist als in den Buchverfilmungen, möchte mit gestrengem Blick von Harry Potter den Unterschied zwischen H&M und Balenciaga wissen.

Hier war nicht der gefeierte wie durchgeknallte Balenciaga-Kreativdirektor Demna Gvasalia am Werk, sondern eine Künstliche Intelligenz (KI). Das Internet ist voll von Videos, die Berühmtheiten in die Modewelt verpflanzt. Jeden Tag kommt mindestens ein neuer Clip heraus. Selbst die zwar lustigen, aber an sich kaum stylischen Charaktere aus „Seinfeld“ sind auf einmal schick, und die nervigen „Friends“ wirken in Balenciaga auf einmal wirklich cool. Mittlerweile tragen die Heroen der Pop-Kultur wie Joker und Batman auch Gucci oder Armani.

Auch die freizeit hat das aufgegriffen und vom KI-Bildgenerator Midjourney österreichische Promis wie Arnold Schwarzenegger (siehe großes Bild oben) , Rainhard Fendrich, Elfriede Jelinek oder Arabella Kiesbauer in Models für Luxusmarken umwandeln lassen. Dazu wurden lediglich die Namen der Promis und der Begriff High Fashion (bzw. der Name konkreter Modemarken wie Balenciaga) eingegeben. Und die Ergebnisse können sich schon sehen lassen: Genauso würden wir uns die heimischen Persönlichkeiten als Luxusmodels vorstellen, wenn sie denn wollten – oder gewollt wären: ernster Blick, etwas geheimnisvoll, gewandet in durchaus lässige Kreationen der Computer-Couturiers. Was auffällt: Oft kommen Katzen in irgendeiner Weise vor.

Unten seht ihr, wie die gefakten Promis als Fahsionmodels aussehen. Außerdem lest ihr in der Geschichte:

  • Wer den Trend ins Rollen gebracht hat.
  • Warum das Meme gerade mit Balenciaga so gut funktioniert.
  • Wie die Künstlerin und Professorin Jakon Lena Knebl die Zukunft der Fashionshows sieht.

Absurdes Marketing

Der Berliner Fotograf und Künstler Alexander Niklass, der unter dem Pseudonym demonflyingfox im Internet unterwegs ist, brachte den Stein ins Rollen, als er vor ein paar Wochen Harry Potter mit Balenciaga zusammengespannt hatte. Mehrere Millionen Klicks hat das Video auf Social-Media-Plattformen. Bereits vor seinem Coup hatte Niklass verschiedene Genres mit der KI gemixt. „Es hat sich herausgestellt, dass sich die Potter-Reihe besonders gut dafür eignet, in eine Parallelwelt gesteckt zu werden“, sagt er der freizeit.

Den Zauberlehrling mit der Nickelbrille hatte er auch schon in einen 90er-Jahre-Film über die japanische Yakuza-Mafia verfrachtet. Dass dann die Wahl auf Balenciaga fiel, war für den Medienkünstler nur logisch: „Die Marke ist gerade einfach das größte Meme (oft lustiger, schnell und von vielen Menschen herstellbarer Bildinhalt, der sich im Internet verbreitet, Anm. d. Red.) der Modewelt durch ihre absurden Marketingstrategien und generelle Ästhetik.“

Dazu wollte Niklass Ruben ÖstlundsTriangle of Sadness“ würdigen. In dem Streifen müssen Models beim Casting den Unterschied zwischen H&M und Balenciaga mit ihren Gesichtern zeigen: Der schwedische Moderiese bekommt einen netten Blick, das spanische Luxuslabel einen bierernsten. Den Kontrast zwischen den „gutmütigen, etwas naiven Kindheitsfilmen und der kalten, Over-the-top-High-Fashionwelt“ fand er zu reizvoll. „Auch kann man sich irgendwie vorstellen, dass Harry statt in die Zauberschule in eine Fashionschule geht.“

Zwei Tage und drei verschiedene Programme später war der Film fertig. Dass dieser eine gewisse Aufmerksamkeit erreicht, war sich Niklass schon sicher. Immerhin habe er populäre Themen gemixt. Noch dazu sei es einer der ersten „anschaubaren“ KI-Filme gewesen. Und dennoch: „Die ersten zwei Wochen hatte er nur 3.000 Klicks gesammelt, bis es jemand auf das größte Internetforum Reddit hochgeladen hatte.“ Und ab dann ging es rund.

Elon Musk kommentierte

Auf Twitter fing es an viral zu werden. Der manische Twitter-Chef Elon Musk kommentierte es mit Flammen-Emojis. Auch der renommierte „The New Yorker“ berichtete. Für Niklass war das alles etwas „surreal“: „Ich weiß noch nicht, wohin die Reise führt, deswegen kann ich noch nicht sagen, ob ich es gut finde, dass das Video ein Meme geworden ist und deswegen auch von tausenden Leuten in jeder erdenklichen Form kopiert wird.“

Wegen rechtlicher Probleme mache er sich mit dieser auf YouTube veröffentlichten Satire keine Sorgen. Anderen machen solche Entwicklungen aber schon Angst. Fotografen und Fotoagenturen etwa. Immerhin bringen KI-Bilder einerseits das Geschäft in Gefahr, andererseits ist die Frage der Urheberrechte alles andere als geklärt .

Die Agentur Getty hat etwa einen Bildgenerator geklagt. Und außerdem: Einen in Handschellen gelegten Trump fand man mitunter lustig – andererseits kann es jeden selbst treffen. Dann findet man sich womöglich in einer Bildsituation wieder, die alles andere als angenehm ist. Andere finden diese Modevideos aber sehr reizvoll: „Es haben sich viele Werbefilmproduktionen und Modelabels gemeldet, um mögliche Kooperationen auszuloten. Nur um Balenciaga ist es irgendwie merkwürdig ruhig“, berichtet Niklass.

Modezukunft und Fake News

Kann das die Zukunft der Mode sein? „Je nachdem, wie sich das Internet weiterentwickelt“, meint Jakob Lena Knebl. Die Künstlerin bespielte mit Ashley Hans Scheirl im Vorjahr den Biennale-Pavillon in Venedig und ist Professorin für Transmediale Kunst an der Angewandten in Wien. „In Anbetracht einer immer größer werdenden Gruppe, die ausschließlich Fake News konsumiert, könnte ich mir auch sehr gut vorstellen, dass eine kritische Gegenbewegung entsteht, der sich auch Modelabels anschließen könnten.“ Die Professorin ist überzeugt davon, dass Fashionshows nie verschwinden werden.

Künstlerin und Professorin für Transmediale Kunst: Jakob Lena Knebl (re.) mit   Ashley Hans Scheirl.

©APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Dass dieser Mode-KI-Trend gerade mit Balenciaga durchgestartet ist, liegt für Knebl auf der Hand. „Zum einen, weil das Design von Balenciaga stark von Jugendkulturen, Streetwear beeinflusst ist und hier im Besonderen von den 90er-Jahren. Das war die große Zeit der Raves.“ Dazu hätte etwa der Essay „A Cyborg Manifesto“ der feministischen Denkerin und Wissenschaftshistorikerin Donna Haraway nachgewirkt. Der habe sich damals auch ästhetisch in dem Phänomen der Cyber-Punks abgezeichnet. 

„So schließt sich der Kreis. In der virulenten Corona-Phase konnten keine Modenschauen stattfinden, und die Labels mussten ihre Präsentationen komplett in den digitalen Raum transferieren.“ Balenciaga habe damals mit „Afterworld“ auch ein spektakuläres Videospiel kreiert. „Das Label adressiert ganz bewusst eine Generation, die bereits digital aufgewachsen ist.“

Balenciaga und virale Trend

Dazu werden wohl auch vom Unternehmen selbst inszenierte virale Trends dazu beitragen, dass Balenciaga gerne für Spielereien herangezogen wird. So ließ Kreativdirektor Demna Gvasalia schon die Simpsons in einem Werbefilm auftreten, in dem die gelben Figuren auf dem Laufsteg defilieren. Auch sündteure Taschen, die an Müll- oder Ikea-Sackerl erinnern, eignen sich hervorragend für Medienberichte und Scherze.

Vor den launigen Videos ging schon ein Balenciaga-Papst viral. Ein Bild zeigte Franziskus im weißen und monströsen Puff-Mantel. Und weil man aus dem Vatikan immer mal wieder extravagante Mätzchen gewohnt ist und das Kirchenoberhaupt schon einmal einen Lamborghini signiert hat, erschien das Foto zunächst plausibel. Aber auch hier war die Künstliche Intelligenz am Werk.

Doch Balenciaga sorgt nicht nur für Heiterkeit, sondern auch für Entsetzen. Im Vorjahr ließ das Label für Weihnachtswerbefotos Kinder im Vorschulalter mit Teddybären posieren, die mit BDSM-Accessoires ausgestattet waren. Der Vorwurf der Pädophilie wurde laut. Das Unternehmen, das seit Jahren beständig höhere Umsätze einfuhr, sah sich mit Kritik und Einbußen konfrontiert. Treue Promi-Freunde und -Musen wie Kim Kardashian distanzierten sich.

Balenciaga entschuldigte sich kleinlaut, mit dem Label geht es wieder langsam bergauf. Ob das Unternehmen jedoch vom KI-Trend profitiert, bezweifelt Jakob Lena Knebl. Es gebe etwa auch eine AI-Balenciaga-Version namens World Presidents. Dabei sind auch sämtliche Despoten in Balenciaga gekleidet. „Hätte ich ein Label, das wegen Kindern und den BDSM-Teddybären kritisiert wurde, würde ich mich nicht unbedingt wegen des Images mit Kim Jong-un in Verbindung bringen lassen.“

Ende der Kreativität?

Bleibt noch die Frage zu klären, ob mit der KI generell das Ende der Kreativität erreicht ist: „Mich interessiert immer auch die Person hinter einem Werk, das mich besonders anzieht. Biografisches, das einen Einfluss auf die Arbeit hat“, sagt Knebl. Dazu sei sie am Austausch zwischen Individuen und der persönlichen Entwicklung interessiert. „Das fällt bei KI weg.“ Sie selbst habe noch nicht mit KI gearbeitet. Aber sie „schließe die Möglichkeit als Teil meiner zukünftigen Praxis nicht aus, da eines meiner zentralen Themen Transformation ist“.

Für Niklass, der durch die Künstliche Intelligenz Internetruhm erfahren hat, ist es mit dem menschlichen Ideenreichtum keineswegs vorbei. „Kreativität wird nicht enden, nur weil es KI gibt. Außerdem wird es immer das Verlangen geben, etwas Menschengemachtes zu erleben. Und auch mit allen KI- Tools der Welt ist etwas Feingespür und Hintergrundwissen unabdingbar, um beurteilen und darauf reagieren zu können, was man da eigentlich generiert.“

! Wir halten nochmals in aller Deutlichkeit fest, dass es sich bei sämtlichen Bildern um KI-generierte Grafiken handelt und keine der genannten Personen tatsächlich für Werbung oder als Modell zur Verfügung gestanden ist !

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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