9 Wege zu meditieren - aber ohne zu meditieren

Man braucht kein Mediationskissen, um den Kopf frei zu kriegen: Das Gedankenkarussell kann man auch anders stoppen.

Ein Zustand, bei dem man sich ganz im Moment befindet, in sich ruht, Geist und Körper in diesen ganz besonderen Zustand versetzt: Die Vorzüge von Meditation oder Achtsamkeitsübungen bei Stress, Ängste oder depressive Stimmungen zu reduzieren, wurden bereits in Studien als wirksames Mittel dokumentiert. Allerdings ist für viele Menschen schwierig zu meditieren und dabei die Gedanken völlig auszuschalten. Das braucht viel Übung und Zeit - und durch anfängliche Misserfolge hören viele Interessierte bald wieder auf.

Dabei tut der Geist nur das, was er tun sollte. Es entspricht seiner Natur, im Hintergrund zu arbeiten, Gedanken zu wälzen, Lösungen zu suchen. Gerade in belastenden Phasen ist dieser Ablauf mitunter sehr anstrengend - und man würde nichts lieber tun, als gar nichts zu denken. Oder zumindest sich ausschließlich auf das Hier und Jetzt konzentrieren zu wollen. Ein Zustand, den die Achtsamkeits-Trainerin und Buchautorin Joy Rains im Guardian so beschreibt. "Man verstrickt sich nicht in Urteile, Gedanken über die Vergangenheit oder Sorgen über die Zukunft."
 

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Still zu sitzen und uns auf unseren Atem zu konzentrieren, um die erholsamen Vorteile der Meditation zu nutzen, ist glücklicherweise nicht der einzige Weg. Etwa mit Achtsamkeitstraining, bei der man versucht, sich genau auf das zu konzentrieren, was man in diesem Moment tut.  Trainerin Rains ist wie viele andere der Meinung, dass Achtsamkeit bei einer Reihe von Aktivitäten genauso viel bringt wie bei der traditionellen sitzenden Meditation. "Die ganze Idee der Achtsamkeit ist, das Gehirn zu trainieren", sagt sie. "Das kann man genauso gut erreichen, indem man den ganzen Tag über bewusst achtsam ist. Ich glaube nicht, dass es einen richtigen oder falschen Weg gibt, und es ist wichtig, Praktiken anzuwenden, die zu einem passen."

Interessanterweise assoziieren die meisten Menschen, die sich mit Meditation beschäftigen wollen, dass sie den Kopf freibekommen wollen, Gedanken loswerden wollen.

Natur beobachten

Vögeln zuschauen, Wolken am Himmel oder Baumäste im Wind beobachten: Die positiven Einflüsse der Natur auf das Gemüt können wahre Wunder wirken. Vor allem das spezielle Klima in Wäldern wirkt sich gut auf das Wohlbefinden des Menschen aus. Und diese Bllick auf Tiere, Pflanzen oder den Himmel zu genießen und wertzuschätzen, gibt laut Psychologen zusätzlich das gute Gefühl, Teil von etwas Größerem zusein.

 

 

Hausarbeit

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Nein, es ist kein Scherz: Die bei vielen ungeliebte Hausarbeit kann auch meditative Momente haben. Das erklärt vielleicht, warum manche Menschen Putzen als Entspannung empfinden. Sogar Bügeln kann man mit einfachen Tricks zur Meditation machen. Probieren Sie einmal, den Duft der frischen Wäsche bewusst wahrzunehmen, die Struktur des Stoffes, die Falten, das Darübergleiten des Bügeleisens und wie die Falten dann verschwinden. Sie werden danach feststellen, dass sie nicht länger fürs Bügeln gebraucht haben, als wenn sie sich in Gedanken geärgert und gehetzt hätten.

 

In die Ferne starren

Auch bei dieser Technik nützt man seine Umgebung. Ob man nun aus dem Fenster schaut oder sich auf eine Parkbank setzt: Bereits fünf Minuten reichen, um aus dem Gedankenkarussel auszusteigen. Der Schlüssel dafür ist, sich Objekte oder auch Menschen zu suchen, die man beobachtet. So sei es möglich, sie zu akzeptieren und einfach wahrzunehmen anstatt sie loswerden zu wollen. Eine brennende Kerzenflamme ist eine Möglichkeit. Oder man sucht positive Begegnungen zwischen Menschen, die an einem vorübergehen.

Zeichnen und malen

Völlig in der Tätigkeit aufgehen, die man gerade ausführt - so beschreiben zum Beispiel Sportler das Gefühl des "Flows". Mit einem Stift oder Pinsel über glatte Flächen zu streichen, Strukturen oder Figuren zu gestalten, kann einen ähnlichen Effekt haben. Dafür braucht man nicht einmal Talent zum Malen. Die Tätigkeit an sich wirkt bereits entspannend. Und, wenig überraschend rücken durch die Beschäftigung mit dem Malen oder Zeichnen kreisende Gedanken in den Hintergrund.

 

Schreiben

Ähnliche Effekte zeigen sich dabei, Gedanken oder Gefühle einfach niederzuschreiben - obwohl man sich dabei die Gedanken nicht ausschaltet. "Meditation kann ein nachdenkliches Schreiben sein, ein Sitzen mit unseren Gefühlen", erklärt Joy Rains  Das Ziel sei "alle Urteile beiseite zu legen und das zu schreiben, was im Hier und Jetzt wahr ist, ohne sich durch andere Aufgaben ablenken zu lassen, die erledigt werden müssen". Sie empfiehlt, dafür eine bestimmte Zeit festzulegen.

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Während der Arbeit

Nicht nur die Fokussierung auf den Atem oder auf die Umgebung hilft, Anspannung abzubauen. Das kann sogar mit Hilfe von Situationen funktionierebn, die eigentlich Stress auslösen, sagt Achtsamkeitsexpertin Joy Rains. Es klingt zwar paradox, aber sich gerade jene Situation vorzustellen, die den Stress auslöst, könne entspannend wirken. Als Beispiel  nennt sie die Anspannung, die entsteht, wenn einen etwa der gefürchtete Chef zu sich zitiert. "Wenn Sie in Panik geraten, dass Sie gefeuert werden sollen, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Gegenwart und machen Sie sich bewusst, dass Sie sich eine Geschichte über etwas einreden, das noch nicht passiert ist." Sie rät, sich dann zu fragen: "Kann ich die Anspannung in meinem Körper wahrnehmen? Kann ich diese Muskeln loslassen?"

(Im Chor) singen

Dass Musik entspannende Wirkung hat und Glücksgefühle auslösen kann, ist ein Fakt. Doch wer nicht nur zuhört sondern auch aktiv die Stimme erhebt, kann damit mitunter eine stille Meditation ersetzen. Beim gemeinsamen Singen, etwa in einem Chor, lenkt man sich auch von bedrückenden Gedanken ab. Zusätzlich tut das Gefühl, in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten zu sein, gut. Und auch hier geht es darum, sich auf den Moment zu konzentrieren: Wie fühlt sich der Körper an, wie das Vibrieren des Brustkastens an? Wie hebt und senkt er sich beim Atmen?

 

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Einen Film anschauen

Zugegeben, das klingt nach einer passiven Entspannung.Doch Joy Rains hat gute Argumente, warum es durchaus meditaiv sein kann, einen Film anzuschauen.  "Während Sie sich von der Handlung fesseln lassen, können Sie durchaus eine Pause von Ihrem Verstand bekommen, und es können sich Gelegenheiten ergeben, die Selbstwahrnehmung zu stärken und zu lernen, Ihre Gedanken umzulenken." Die Konzentration auf die Filmhandlung hole einen aus der eigenen Gegenwart heraus.

Kreativ tätig sein

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Ob man bastelt, handarbeitet oder vielleicht töpfert: Mit den Händen etwas zu tun und dabei neue Sinnenserfahrungen zu sammeln lenkt von den eigenen Gedankenspiralen ab - und entspannt zudem. "Es ist eine großartige Möglichkeit, präsent zu bleiben", sagt Rains. Dabei ein perfektes Ergebnis abzuliefern ist gar nicht so wichtig. Anstatt sich selbst zu kritisieren, kann man diese auftauchenden Gefühle auch bewusst wahrnehmen und hinspüren, wie sich diese Urteile im Körper anfühlen. Falls man dabei unbewusst Muskeln anspannt, kann man diese beispielsweise bewusst locker lassen. Was einem erneut bewusst macht, wie man in unterschiedlichen Situationen reagiert.

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

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