Ich und ich beim "Masturdate": Meditativ masturbieren
Das Date mit dem eigenen sexuellen Wesen wird zum Fest, wenn wir es bewusster zelebrieren. Statt schneller Erleichterung langsam-genussvolles Verwöhnen – meditieren und masturbieren zugleich.
Meditieren und Masturbieren: Das passt auf den ersten Blick nicht wirklich zusammen. Man denke nur an die Höchststufe des Hi-Tech-Vibrators als Garant für Formel-1-Orgasmen. Langsam und bewusst ist da nix. Das muss nichts Schlechtes heißen, so ein High-Speed-Erlebnis kann genauso super sein wie die akute Nummer mit dem Objekt der Begierde nach Dienstschluss am Büro-Klo.
Doch manchmal, wenn sich der Herbst auf das Gemüt legt, ist es ratsam, sich mehr denn je seiner selbst zu besinnen. Ein Privatissimum, um sich solo im „M&M“-Stil zu beglücken. Der moderne Mensch spricht neuerdings von „Masturdate“, dem lustvollen Treffen mit seinem sexuellen Wesen: Ich und Ich. Ein wunderbarer Exkurs in Sachen „Hör mal, wer da spricht!“ – um zu lauschen, was jetzt wirklich angesagt ist. Statt sich also ruckzuck rubbelnd von Spannungen zu befreien, steht jetzt Bewusstsein auf dem Programm. Und hinhören, im Sinne von: Was hätte ich jetzt eigentlich gerne? Was will ich wirklich? Da eine Berührung, dort einen Finger, hier ein Reiben? Es wird gespürt, geträumt, gespielt und fantasiert. Und nein, das gilt nicht nur für Frauen. Auch Männer sollten diese Variation, sich’s zu besorgen, einmal ausprobieren – als Gegenentwurf zum schnellen DIY-Handjob vor einem mittelmäßigen Porno am Computer. Es ist unglaublich spannend, Regisseur der eigenen Erregung zu sein, indem man sie inszeniert, statt abfertigt. Eine Entdeckungsreise, auf der wir mit uns selbst ins Gespräch kommen, um zu kommen: Wie mag ich’s, wo und wann? Im besten Fall setzt das Denken aus, wie beim Meditieren. Man ist einfach, lässt Gefühle und Bedürfnisse wie Wolken am Himmel vorüberziehen, versinkt in sich selbst und folgt inneren Stimmen. Alles fließt, herrlich! Und da ist auf einmal so viel Zeit. Dabei darf kein Handy stören, niemand an der Schlafzimmertür klopfen, dafür sollte alles zur Hand sein, worauf man Lust haben könnte: Öl, Gleitgel, Sextoy, Kerzenlicht, Duft, gute Musik.
Auch Männer sollten diese Variation, sich’s zu besorgen, einmal ausprobieren – als Gegenentwurf zum schnellen DIY-Handjob vor einem mittelmäßigen Porno am Computer. Es ist unglaublich spannend, Regisseur der eigenen Erregung zu sein, indem man sie inszeniert, statt abfertigt.
Daliegen, warten, atmen
Beim „achtsamen Masturbieren“, wie es so schön heißt, öffnen sich neue Räume, indem man andere Reize für sich entdeckt oder Körperorte, die man zuvor noch niemals berührt oder stimuliert hat. Als ob wir uns selbst dazu einladen würden, sich neu und anders kennenzulernen. Erstaunlich, wie sich so ein Penis auf einmal anfühlen kann, wenn er nicht mit der üblichen Routine Richtung Ejakulation gejazzt wird. Oder ein Oberschenkel, an der Innenseite, zarte Haut, hochempfindlich. Wer bewusst und achtsam masturbiert, verbessert seine Körperwahrnehmung und entdeckt mit hoher Wahrscheinlichkeit bisher unbekannte Bedürfnisse oder Spielarten. Das ist gesund. Auch weil wir dabei anders atmen. Tiefer – jeder Atemzug Energie, die bis in den Bauch und Unterleib fließt und von dort wieder zurück ins Hirn. Wow. Dazwischen: Pause! Einfach nichts, einfach so. Daliegen, warten, atmen, die Dinge kommen und gehen lassen. Die Erregung ist noch da, flaut leicht ab, verschwindet aber nicht gänzlich, man schwingt in und mit ihr. Danach geht’s weiter, auf einer höheren Stufe, neuer Level, neue Empfindungen. Wieder atmen, um sich noch mehr im Körper zu verankern. Die Sinnlichkeit einladen – und nach und nach dem Orgasmus entgegenatmen.
Ein Fest, wie im Buch „Tantra – der Weg des mutigen Herzens“ nachzulesen ist: „Lass dich komplett auf den Prozess des Orgasmus ein und beobachte ihn staunend, wie dieser sich aufbaut, explodiert und dann langsam verebbt. Die zarten elektrischen Impulse, die Köstlichkeit der feinen Vibrationen beim Nachbeben.“ Da capo garantiert.
Der kleine Unterschied
Masturbieren? Da haben Männer die Nase vorn. Richtig. Doch Frauen holen auf, wie vor kurzem eine Umfrage von „Womanizer“ (ein Sextoy-Hersteller) mit mehr als 22.000 TeilnehmerInnen aus insgesamt 15 Ländern zeigte. Demnach masturbieren Frauen im Schnitt 1,4 Mal pro Jahr, also 76 Mal pro Jahr, während die Männer im Schnitt 2,8 Mal pro Woche, also 145 Mal pro Jahr, Hand anlegen.
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