Passt wunderbar zu Ostern und ist alles andere als retro: der Eierlikör als Trendgetränk

Altbekanntes Trendgetränk Eierlikör: Was er einst mit Avocados zu tun hatte

Warum Eierlikör sein verstaubtes Image abgelegt hat, was er einst mit Avocados zu tun hatte und weshalb ihn auch Männer mögen.

Eierlikör, eine Erinnerung. An Oma, wie sie in der Küche stand und in einem Topf Schlagobers oder Milch, Eigelb, Vanillezucker, Zucker und Hochprozentiges zu einer sämigen Köstlichkeit verrührte. Um sie schließlich im Bleikristall-Stamperl zu servieren. Gerne schon nachmittags, bei der Jause, mitunter so  gehaltvoll und üppig, dass man den dickflüssigen Likör mit einem Löffel genießen musste. Ein tröstliches Bild, nicht nur zu Festtagen.

Eierlikör ohne Ei

Wenn es um das gute, gelbe Getränk geht, spielen Traditionen eine wichtige  Rolle, da mangelt es  nicht an Anekdoten und Geschichten, auch wenn sie wissenschaftlich nicht belegt sein mögen. Zur Erfindung des Eierlikörs  gibt es einige. Da wäre etwa  die Erzählung über ein Gebräu namens Abacate, an dem niederländische Seefahrer vor sehr langer Zeit Gefallen fanden. Ein Eierlikör ohne Ei, in Brasilien vom indigenen Volk der Tupo-Guarani aus reifen Avocados, Rum und Rohrzucker hergestellt. 

Die nach Europa importierten Avocados wollten nicht gedeihen, also tat man stattdessen Eidotter in das Getränk, um die cremige Konsistenz zu erreichen. Eine Emulsion aus dem Fett des Eigelbs,  Zucker und Alkohol, aus der im Jahr 1876  eine der bekanntesten Eierlikörmarken der Welt entstand: Verpoorten, gegründet vom flämischen  Destillateur Eugen Verpoorten.   

Wohl bekomms!

Eine alternative Version der Eierlikör-Genese führt hingegen in  Europas Klöster, wo Mönche und Nonnen bereits vor Jahrhunderten an Rezepten für Liköre und Kräuterelixiere tüftelten, stets auch im Geiste der klösterlichen Medizin und eines „Wohl bekomms!“.  

Dass Eierlikör, fein dosiert, tatsächlich gesund sein kann, bestätigt Bruder Reinhard, der seit 40 Jahren im oberösterreichischen Stift Engelszell, einem ehemaligen Trappistenkloster, lebt und dort die Likörerzeugung verantwortet; „So wie Weinchadeau oder Bierchadeau gilt Eierlikör immer noch als bewährtes Stärkungsmittel.“ 

Auch im  Innviertel darf in Sachen Eierlikör der Begriff „Tradition“ nicht fehlen: „Seit Jahrzehnten stellen wir ihn auf Basis einer alten Rezeptur her“, erzählt Bruder Reinhard. Heute zwar mit Hilfe eines modernen Eis-Pasteurs, aber handwerklich immer noch solide.   

Ein bisschen Nostalgie schadet nie. So altmodisch Eierlikör vielleicht wirken mag, so wenig ist er es. „Ein Dauerbrenner, der einfach nicht mehr wegzudenken ist, weil damit besondere Geschmackserinnerungen verbunden sind“, sagt Martina Höfinger, die auf ihrem Hof im niederösterreichischen Ollern prämierten Eierlikör nach Art des Hauses herstellt: „So wie es früher in üblich war, mit hochwertigen Rohstoffen und Eiern von den eigenen Hühnern.“ 

Likör-Hype

Dass Eierlikör vor allem ein Damen-Getränk mit leicht verstaubtem Retro-Image sei, bestreitet sie: „So heißt es zwar oft, aber es stimmt nicht. Männer mögen ihn,  junge Leute auch.“  Bei Verpoorten sprach man vor zwei Jahren gar von einem Hype, vergleichbar mit Gin. Mittlerweile mischen kleine Unternehmen und Start-ups mit, sie tragen so klingende Namen wie „MyEier“, abgefüllt wird in schicke Flaschen. Im Straußenland Kamptal kann man sogar Likör von Straußeneiern kaufen. Und während die einen in der Pandemie anfingen, Brot zu backen, begannen die anderen  mit Dottergelb und Alkohol  zu experimentieren. 

Einer malt sogar Bilder damit, nämlich der deutsche Rocksänger Udo Lindenberg. Seine mit Schnaps und Eierlikör gefertigten Kunstwerke sind unter dem  Namen „Likörelle“ erhältlich. Lindenberg ist bekennender Eierlikör-Aficionado, bei Konzerten gurgelte er schon mal damit, um die Stimme zu schmieren.

Wahre Meisterwerke

Eierlikör macht sich nicht nur in der Cocktailschale gut, sondern auch als Zutat und Speisenbegleiter. Kuchen und Torten werden saftiger, er peppt Cremes auf, verwandelt Crêpes und Tiramisu in Meisterwerke, passt perfekt zu Eis und Torte. Kein Wunder, dass es in einem  Kalenderspruch heißt: „Wenn man Müsli mit Eierlikör anrührt, schaut der Tag gleich anders aus.“  

Rezept

Zutaten 

4 Dotter, 1 Vanilleschote, 25 dag Zucker, 1/4 l Schlagobers, 1/8 l Weingeist, 1/8 l Cognac

Zubereitung

Obers mit Schote aufkochen, herausnehmen, abkühlen lassen. Mit Dotter und Zucker  verrühren, Alkohol zugeben, gut mixen.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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