Fluffig muss sie sein: Eine handwerklich perfekte Colomba braucht viel Zeit und Zuwendung

Italo-Hit für Ostern: Warum Colomba auch in Österreich beliebt ist

Was die "Colomba“ mit Misswahlen zu tun hat und wie sich die Süßspeise aus Italien vom Panettone unterscheidet.

Bella, ciao: Was hat die Wahl zur "Miss Italien“ mit einem traditionellen italienischen Osterbackwerk namens "Colomba Pasquale“ gemein? Ihren Mentor, den Mailänder  Werbefachmann Dino Villani  (1898–1989). 

In den späten Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts erfand er den Missenbewerb mit dem Titel "5000 Lire für ein Lächeln“, um den Absatz einer Zahnpastamarke anzukurbeln, nach dem Zweiten Weltkrieg wurde daraus der "Miss Italien“-Contest. Als Werbechef der bekannten italienischen Süßwarenmarke "Motta“ sorgte er aber auch dafür, dass die Panettone-Produktion nach Weihnachten fortgeführt werden konnte. Er begann, eine frühlingshaft-österliche Version des Festgebäcks zu vermarkten: die Colomba – ein Panettone in Form einer Taube mit ausgebreiteten Flügeln. Mittlerweile ist sie weit über die Grenzen Italiens populär, auch die Österreicher lieben sie, als österliches Mitbringsel oder flaumige Spezialität bei der Osterjause

Geste des Friedens

Um den Kuchen in Gestalt eines Friedenssymbols ranken sich naturgemäß allerlei Legenden. Eine davon führt in die Lombardei, ins Jahr 572 n. Chr., als das Volk von Pavia mit Hilfe einer weichen Süßigkeit in Taubenform versuchte, den Zorn der Barbaren zu mindern, die nach dreijähriger Belagerung endlich die Stadt erobert hatten. Eine kulinarische Geste des Friedens, die angeblich Plünderungen verhinderte.

Nur wenige heimische Bäcker tun sich – wie etwa "Öfferl“ mit ihrer Bio-Schoko-Colomba – die zeitintensive Produktion an. Meist kommt sie als opulent verpackte Importware direkt aus Italien, wo es üblich ist, den traditionellen Osterkuchen an Freunde und Bekannte zu verschenken, um ihn  beim Picknick zu Kaffee und Prosecco zu genießen. 

Selbst Modedesigner setzen auf den süßen Hype. Dolce und Gabbana bringen heuer mit dem bekannten sizilianischen Konditor Fiasconaro erstmals eine Mini-Version des Osterkuchens heraus. Angereichert wurde die "Colombina“ mit Mandarinenessenz, bestreut mit Pistazien und Hagelzucker, geliefert in einer speziell designten Metallbox (erhältlich z. B. bei Wyhnalek). Und selbstverständlich wurde auch die heimische Do-it-yourself-Backszene vom Colomba/Panettone-Fieber erfasst: Immer mehr Hobby-Konditoren wagen sich an die komplizierte Spezialität, manche belegen dafür einen eigenen Kurs. Aber warum ist der süße Italo-Hit auf einmal so heiß begehrt – und was ist sein Geheimnis?

Üppige Zutaten 

"Wie wir heute essen, ist sehr von sozialen Medien wie Instagram beeinflusst. In meinem Heimatland Frankreich gab es vor zehn Jahren kaum Panettone oder Colomba, jetzt sieht man sie überall“, sagt Pierre Reboul, Entwicklungsbäcker bei der Firma Ströck

In meinem Heimatland  gab es vor zehn Jahren kaum Panettone oder Colomba, jetzt sieht man sie überall

Pierre Reboul, Entwicklungsbäcker

Ihre Besonderheit ist der Teig, den er so beschreibt: reich und üppig, im Endergebnis aber trotzdem flaumig. Mächtige Ingredienzien wie Butter, Eier, Schokolade, Nüsse oder kandierte Früchte erschweren das Aufgehen der Teigmasse. Eine qualitativ hochwertige Colomba kommt trotzdem flockig-saftig daher.

Das liegt an einem speziellen Sauerteig, der das Innenleben auflockert: Lievito Madre, auch Pasta Madre genannt oder aber Mutterhefe – ein natürlicher, milder Teig aus Wasser und Weizenmehl, über einen längeren Zeitraum hergestellt. Er sorgt für die spezielle Struktur und Konsistenz des Backwerks, aber auch für dessen besonderen Geschmack. 

Für den perfekten Panettoneteig reiste   Pierre Reboul  nach Turin  

©LUKAS LORENZ/Ströck

Lange Teigführung

Die klassische Oster-Colomba wird mit einer Glasur aus Eiweiß und Zucker versehen, sowie mit Mandeln verziert. Die Vielfalt ist unüberschaubar: Die "Taube“ wird ebenso mit Nüssen, geriebenen Orangen oder Schokolade angeboten, mit  Himbeer-Obers-Frosting oder aber befüllt mit diversen Cremen, zum Beispiel aus Pistazien. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Nur eines ist fix: Ihre Herstellung macht  viel Arbeit, die Teigführung dauert viele Stunden, bis zur fertigen Colomba sind es zahlreiche Schritte. Und zum Schluss sollten die frisch gebackenen Prachtstücke auch noch auf spezielle Weise  aufgehängt werden, damit sie nicht in sich zusammenfallen.  

Bleibt nur noch die Frage, woran man eine gute Colomba, beziehungsweise einen perfekten Panettone, erkennt. Iginio Massari, in Italien als "König der Konditoren“ bekannt, kam im Interview für das Magazin "La Cucina Italiana“ dazu ein bisserl ins Schwärmen: "Nur das Aufschneiden wird Sie von Ihrem Kauf überzeugen. Die Farbe innen, der Duft von Orangenschale, die in den Teig gerieben wird – nicht die kandierte – und die Weichheit werden ihren wahren Wert enthüllen.“ 
– Buona Pasqua.   

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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